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"Man einigte sich, weiter zu verhandeln" – Russische Experten über Putin-Trump-Gipfel

Bei dem Gipfeltreffen in Alaska wurde keine Lösung für die Ukraine-Frage erzielt. Experten sehen dennoch Fortschritte: Trump und Putin hätten einen direkten Kontakt hergestellt, die Idee einer "strategischen Niederlage" Russlands sei vom Tisch. Die Gespräche sollen fortgesetzt werden.
"Man einigte sich, weiter zu verhandeln" – Russische Experten über Putin-Trump-GipfelQuelle: Sputnik © Sergei Bobylew/RIA Nowosti

In Alaska ist der Gipfel der Präsidenten Russlands und der USA, Wladimir Putin und Donald Trump, zu Ende gegangen. Zwar kam es zu keiner konkreten Einigung in der Ukraine-Frage, dennoch stellten beide Seiten einen direkten Dialog her und sprachen von "Fortschritten". Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte gegenüber Journalisten: "Das war genau das Gespräch, das es erlaubt, gemeinsam und mit Zuversicht den Weg der Suche nach Regelungsoptionen weiterzugehen." Russische Experten haben ihre ersten Einschätzungen abgegeben.

"Eine neue Realität"

Timofei Bordatschew, Professor an der Hochschule für Ökonomie, betonte, dass er von vornherein nicht erwartet habe, dass das Treffen den Ukraine-Konflikt löse. Dieser bilde lediglich den "Kern des europäischen Sicherheitsproblems". Entscheidend sei für ihn vielmehr "der Geist des Treffens" gewesen:

"Das unvermeidliche Gegeneinander der vergangenen 35 Jahre wird – zumindest unter Donald Trump – in ein zivilisiertes Format überführt. Die amerikanische Idee vom 'strategischen Sieg' oder von der 'Isolation' Russlands wurde beiseitegelegt. Damit war der Konflikt unlösbar. Nun aber entsteht eine neue Realität: Der Konflikt bleibt bestehen, seine militärisch-technische Phase dauert vermutlich an, doch er wird normal im Sinne der internationalen Beziehungen – und damit lösbar."

"Verständigung auch jenseits des Krieges"

Ilja Kramnik, Forscher am Zentrum für strategische Planungsstudien des Instituts für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen, sah seine Erwartungen bestätigt:

"Ich hatte gehofft, dass beide Seiten zu einem Verständnis kommen – auch in Fragen, die nicht mit dem Krieg verbunden sind. Das Thema der Beendigung des bewaffneten Konflikts wird man Schritt für Schritt lösen müssen. Genau das ist im Wesentlichen geschehen. Nun bleibt abzuwarten, wie Europa reagiert und wie der Entwurf eines möglichen Friedensabkommens aussehen wird."

"Diplomatie hinter verschlossenen Türen"

Laut Alexei Naumow, Experte des Russischen Rats für internationale Angelegenheiten, zeigt das Treffen die Rückkehr zur klassischen Diplomatie:

"Nach außen wirkt das Ergebnis vielleicht unklar. Aber wirklicher Fortschritt bleibt oft unter Verschluss. Unter Joe Biden floss alles sofort in die Öffentlichkeit. Jetzt ist es anders: Beide Präsidenten sprachen von einem 'erheblichen Fortschritt'. Das deutet darauf hin, dass russische Überlegungen zu einem Waffenstillstand berücksichtigt wurden – etwa, dass er ohne ein Ende der Waffenlieferungen und ohne territoriale Diskussionen sinnlos wäre."

Naumow verwies darauf, dass neue Sanktionen gegen Russland ausgeblieben seien: "Trump nimmt sich Zeit, um mit der EU und der Ukraine zu beraten oder Druck auszuüben, damit sie die russische Position akzeptieren." So habe Trump einen selbst geschaffenen Zwangsrahmen verlassen: Er hatte Sanktionen für die vergangene Woche oder nach dem Gipfel angekündigt – nun aber seien sie vom Tisch:

"Russland erhält damit eine Atempause vor neuen Strafmaßnahmen – die Armee rückt erfolgreich im Donbass vor und neigt die Waage zunehmend zugunsten Russlands. Die internationale Isolation ist endgültig überwunden, Sanktionen bleiben aus, Trump fordert keinen sofortigen Waffenstillstand. Für Moskau ist das ein äußerst günstiges Ergebnis."

Laut Naumow sei Trump noch nicht bereit, die bilateralen Beziehungen und die Ukraine-Frage getrennt voneinander zu verhandeln, da er zunächst die Ukraine-Frage lösen müsse. Dies geschehe jedoch nicht im Interesse der Ukraine oder Selenskijs, sondern um sein Versprechen einzulösen, innerhalb von sechs Monaten sechs Kriege zu beenden und dafür den Friedensnobelpreis zu erhalten. Es klinge zwar absurd, im Kern sei es jedoch so.

"Man einigte sich, weiter zu verhandeln"

Sergei Poletajew, Analyst und Mitbegründer des Projekts "Vatfor", sieht das Treffen ebenfalls nüchtern:

"Ich habe nichts Besonderes erwartet. Das wahrscheinlichste Ergebnis war: Man einigt sich darauf, weiter zu verhandeln – und genau das ist geschehen."

Poletajew erkennt jedoch zwei Probleme. Das erste Problem sei:

"Trump betrachtet sich selbst nicht als [Teil einer] Konfliktpartei, während Putin – meines Erachtens zu Recht – davon überzeugt ist, dass nur Trump prinzipielle Entscheidungen treffen kann. Wenn man sich hier bewegt hat, geht es auch weiter."

Laut Poletajew sei das zweite Problem Europa und die Ukraine. Beide wollen bislang weiterkämpfen. Nur auf dem Schlachtfeld könnte diese Realität geändert werden.

"Früher oder später wird das Schlachtfeld die gemeinsame Wahrnehmung aller vier Akteure formen – Russlands, der USA, Europas und der Ukraine. Den Entwicklungen nach zu urteilen, wird diese Realität eher unserer Position nahekommen als der euro-ukrainischen. Dann wird Trump seinen Deal bekommen – nicht vorher."

"Schrittweise Annäherung – ein kleiner, aber wichtiger Fortschritt"

Der Politologe Pawel Dubrawski von "Dubrawski Consulting" bewertet das Treffen als Schritt in Richtung einer schrittweisen Annäherung zwischen Russland und den USA. Trump habe eine sofortige Konfliktlösung angestrebt, während die russische Seite auf einen stufenweisen Ansatz gesetzt habe: 

"Trump wollte alles sofort lösen, an einem Tag. Putin bot hingegen an, Schritt für Schritt einzelne Punkte zu verhandeln. Dabei ging es um die Arktis, die nationale Sicherheit und natürlich den Handel. Der russischen Seite ging es eher um eine Neugestaltung der Beziehungen zwischen Russland und den USA. Ich denke, teilweise hat Putin das auch erreicht, wenn man auf die Anerkennung durch Donald Trump blickt."

Dubrawski hob hervor, dass Putin erstmals die Sicherheit der Ukraine direkt angesprochen habe, um künftigen Verhandlungen nicht im Wege zu stehen. Trump habe hingegen nur Vorverhandlungen geführt, um danach Gespräche mit Selenskij aufzunehmen. "Beide haben etwas erreicht, doch Trump bekam weniger als Putin", so der Experte.

Zudem betonte er die symbolische Wirkung von Putins Einladung nach Moskau und bezeichnete sie als klugen Schachzug. Die Reaktion Trumps zeige, dass er die Möglichkeit ernsthaft erwäge – ein Zeichen für die Bereitschaft der US-Seite, zuzuhören. Dubrawski schloss:

"Die russischen Zuhörer hatten vielleicht zu hohe Erwartungen, doch betrachtet man den Inhalt, wirkt es eher positiv. Trump sagte ja nicht, dass es gar keinen Deal gibt, sondern nur: nicht jetzt. Es ist ein Schritt näher an einem möglichen Deal, auch wenn noch viele Fragen offenbleiben."

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