
UN-Sicherheitsrat: Europas Rolle im Ukraine-Krieg muss angesprochen werden

Von Jewgeni Posdnjakow
Im UN-Sicherheitsrat sollen zwei Sitzungen nacheinander stattfinden: eine auf Initiative der EU und der NATO, und eine weitere auf Anfrage Russlands. Moskau beabsichtigt, das Thema der Behinderung einer friedlichen Konfliktbeilegung in der Ukraine durch die europäische Seite anzusprechen. Dies wäre nach Ansicht von Experten eine angemessene Reaktion auf die Rhetorik der Opponenten und würde in vielerlei Hinsicht zu einer veränderten Wahrnehmung der Ereignisse durch die einfachen europäischen Bürger beitragen.
Angesichts der Versuche europäischer Länder, die Friedensbemühungen in der Ukraine zu behindern, beantragte Russland eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Nach Ansicht von Dmitri Poljanski, dem Ersten Stellvertretenden Vertreter Russlands bei dieser Organisation, stelle die derzeitige Situation eine Bedrohung für die globale Stabilität in ihrer Gesamtheit dar. Er wies darauf hin, dass die Sitzung möglicherweise am 30. Mai stattfinden könnte.
Gleichzeitig erklärte der Diplomat, dass die europäischen Partner Kiews bereits eine eigene Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur humanitären Lage in der Ukraine initiiert hätten, die für den 29. Mai geplant sei. Der Vorschlag Moskaus stellt somit eine Reaktion auf die Idee der EU-Länder dar.

Die indirekte Verwicklung Europas in den Ukraine-Konflikt sei in letzter Zeit immer deutlicher geworden, sagte der Pressesprecher des russischen Präsidenten, Dmitri Peskow. Ihm zufolge seien diese Länder weiterhin mit Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte beschäftigt, und einige von ihnen diskutierten aktiv die mögliche Entsendung eines EU-Kontingents auf das Territorium der Ukraine.
Er fügte hinzu, dass zahlreiche Massenmedien unmittelbar an der Kampagne zur Behinderung des laufenden Friedensverhandlungsprozesses beteiligt seien. Sie seien bewusst darauf eingestellt, die USA zur Ausweitung der Restriktionen gegen Russland anzustacheln. Diese Tendenzen seien jedoch leicht zu erkennen, und der Kreml sei sich des Geschehens sehr wohl bewusst.
Der russische Außenminister Sergei Lawrow wies seinerseits darauf hin, dass Paris bereits in den Ukraine-Konflikt verwickelt sei. Dem Diplomaten zufolge seien französische Langstreckenraketen für Angriffe auf russisches Territorium eingesetzt worden. Dabei seien häufig zivile Objekte das Ziel solcher Angriffe gewesen. Die TASS zitierte ihn mit den Worten:
"Der französische Außenminister, Herr (Jean-Noël) Barrot, hat gestern auf einer Pressekonferenz mit großem Pathos erklärt, dass Frankreich nicht gegen Russland kämpfe, sondern die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Ukraine und ihre Streitkräfte unterstütze – das entspricht nicht der Wahrheit. Frankreich führt Krieg gegen Russland."
In diesem Zusammenhang sagte der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz, dass Deutschland, Großbritannien und Frankreich die Beschränkungen für ukrainische Langstreckenraketenangriffe auf russisches Territorium vollständig aufgehoben hätten. "Bisher konnte sie [die Ukraine] dies bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht tun", erklärte er.
Experten zufolge ist es vor diesem Hintergrund für Russland besonders wichtig, seine Position auf der Plattform des UN-Sicherheitsrats darzulegen. Der russische Senator Andrei Klimow merkt an:
"Der derzeitige Hybridkrieg entwickelt sich an mehreren Fronten. Eine davon – der informative und diplomatische Aspekt – findet seinen Niederschlag in der UNO. Und in dieser Konfrontation versuchen die EU- und NATO-Länder, ihre Ziele zu erreichen. Hierauf müssen wir rechtzeitig reagieren."
Russlands Initiative, eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats einzuberufen, hält der Parlamentarier angesichts der Versuche der Europäer, eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts zu verhindern, für besonders wichtig. Er wies darauf hin, dass es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen den auf Initiative der EU und der NATO einerseits und Russlands andererseits einberufenen Sitzungen gebe. "Wir wollen Fakten darlegen, während die westlichen Politiker, in deren Interesse die Kiewer Führung handelt, Propaganda betreiben", so der Experte.
Klimow ist überzeugt: "Die Initiative der ständigen Vertretung Russlands bei den Vereinten Nationen wird es uns ermöglichen, unsere Argumente vorzubringen. Und diejenigen, die uns als ihre Partner betrachten, also die Länder der Weltmehrheit sowie vernünftige Menschen in unfreundlichen Staaten, werden zusätzliche Informationsquellen über Moskaus Position und die wahre Lage in der Ukraine erhalten. Wir müssen jede Gelegenheit nutzen, um die Wahrheit zu verbreiten. Je öfter dies geschieht, desto besser. Dies gilt umso mehr, als wir über sehr schlagkräftige Argumente verfügen."
Nach Ansicht des deutschen Politologen Alexander Rahr werde der von Russland initiierte UN-Sicherheitsrat im Westen kein großes Medieninteresse auf sich ziehen.
Er erläutert: "Allerdings wird diese Botschaft in den Ländern des Globalen Südens gehört werden. Leider betrachtet sich die EU als die wichtigste moralische Instanz, als Richter in diesem Konflikt. Und von dieser Rolle wird Europa nicht abrücken."
Rahr glaubt: "Letztendlich wird bei der UN-Sitzung das passieren, was in solchen Fällen immer passiert: Moskau und Peking werden für eine Resolution stimmen, die Europäer für eine andere, die USA könnten sich enthalten. Aber das wird kaum Einfluss auf den Verlauf der Ereignisse in der Ukraine haben: Russland verfolgt seine Ziele im Rahmen der militärischen Sonderoperation, die USA befürworten eine sofortige Konfliktbeendigung, die Europäische Union steht für eine kompromisslose Unterstützung der Ukraine."
Stanislaw Tkatschenko, Professor an der Fakultät für Internationale Beziehungen der Staatlichen Universität St. Petersburg und Experte des Waldai-Clubs, ist der Ansicht, dass Russland der Weltgemeinschaft damit demonstrieren wolle, dass die Verantwortung für die Fortsetzung des Ukraine-Konflikts bei Europa liege. "Gerade Brüssel drängt Kiew heute am lautesten zu einer Eskalation", so der Experte.
Er argumentiert: "Es ist besonders wichtig, diese Botschaft an die europäischen Bürger zu vermitteln. Sie müssen wissen, dass ihre Länder indirekt an dem Konflikt beteiligt sind – und dass diese Beteiligung sogar zu einer direkten Beteiligung eskalieren kann. Es wird jedoch nicht einfach sein, diese Botschaft den Menschen in Paris, Berlin oder London zu vermitteln."
Und Tkatschenko führt weiter aus: "Letztendlich verbreiten die europäischen Medien aktiv eine pro-ukrainische Agenda unter der Bevölkerung. Wahrheitsgemäßes Informationsmaterial wird einfach blockiert. Aber allein die Tatsache, dass eine Sitzung über die destruktive Rolle der EU stattfindet, wird die Veröffentlichung von Materialien zu diesem Thema auslösen. Das wird vielleicht vernünftige Menschen zum Nachdenken anregen."
Der Gesprächspartner weist zudem darauf hin: "Außerdem handelt Russland in diesem Fall sozusagen auf lange Sicht. Heute zeigt Europa eine rechtsorientierte Haltung. Dies ist unter anderem das Ergebnis der Arbeit unserer Journalisten, die all die Jahre die Wahrheit über die Brüsseler Bürokratie gesagt haben. Darüber hinaus gibt es im Westen aber auch Menschen, die bereit sind, Moskaus Position Gehör zu schenken. Während der Präsidentschaft von Joe Biden besuchte der Journalist Tucker Carlson unser Land und präsentierte den Amerikanern so eine alternative Sichtweise auf die Geschehnisse. Ich schließe nicht aus, dass seine Arbeit die US-Bürger teilweise auf die künftigen Kontakte zwischen Donald Trump und Wladimir Putin vorbereitet hat."
Der Experte betont: "Ich bin davon überzeugt, dass es auch in Europa ähnliche Journalisten gibt. Daher erscheint die Einberufung unserer Sitzung als Reaktion auf die von der EU initiierte Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur humanitären Lage in der Ukraine als logische und verständliche Maßnahme."
In der Summe kommt Tkatschenko zu folgendem Schluss: "Letztendlich bietet sich Russland die Möglichkeit, die Argumente der europäischen Diplomaten anzuhören, sie anschließend ausführlich zu kommentieren und die Lügen zu entlarven. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es zwar schwierig, aber wichtig ist, die destruktive Rolle Europas offenzulegen, zumal der Konflikt in seine Endphase eintritt. Die Welt muss erfahren, wer der Hauptbefürworter der Fortsetzung der Feindseligkeiten ist."
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 28. Mai 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
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