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Washington erhöht die Verwundbarkeit der ukrainischen Streitkräfte

Die USA haben den Austausch von Geheimdienstinformationen mit der Ukraine ausgesetzt. Leaks in den westlichen Medien deuten darauf hin, dass dies die Fähigkeit der ukrainischen Streitkräfte zu Langstreckenangriffen einschränken und auch ihre Verteidigungsfähigkeiten beeinträchtigen würde.
Washington erhöht die Verwundbarkeit der ukrainischen Streitkräfte© Andriy Dubchak/Frontliner/Getty Images

Von Anastasia Kulikowa

Die USA stelle der Ukraine keine Geheimdienstdaten mehr zur Verfügung, berichtet die Zeitung Financial Times unter Berufung auf ihre Quellen. Gleichzeitig gebe Washington aber weiterhin Informationen über Russland und die Ukraine an seine engsten Verbündeten, darunter Großbritannien, weiter. Später bestätigte CIA-Direktor John Ratcliffe die Berichte über die "Pause" bei der Weitergabe von Geheimdienstdaten an die Ukraine.

Der TV-Sender Sky News berichtete später unter Berufung auf eigene Quellen, das Verbot sei "selektiv" und habe der ukrainischen Streitkräften die Möglichkeit genommen, Langstreckenangriffe durchzuführen. Am Donnerstagabend stellten andere Quellen von Sky News jedoch klar, dass das Verbot alle Geheimdienstdaten betreffe.

Davor hatte die Zeitung Daily Mail berichtet, dass die USA Großbritannien angeblich verboten hätten, US-Geheimdienstinformationen an die Ukraine zu übermitteln. Das Verbot betreffe das Kommunikationszentrum der britischen Regierung sowie die britischen Nachrichtendienste und Nachrichtendiensteinheiten des Verteidigungsministeriums.

Abgesehen davon schienen die USA Anfang dieser Woche ihre Militärlieferungen an die Ukraine zu stoppen, was mit einem öffentlichen Skandal zwischen Donald Trump und Wladimir Selenskij zusammenhing. Obwohl sich Selenskij später entschuldigte, blieb die Haltung des Weißen Hauses davon unberührt. Aus demselben Grund versucht die EU, die Vereinigten Staaten auf dem ukrainischen Schlachtfeld zu ersetzen.

Was die Aufklärungs- und Zielbestimmungssysteme betrifft, so verfügt die US-Militärsatellitenkonstellation über mehr als 400 Satelliten, darunter mehrere Dutzend Aufklärungssatelliten, wie die Zeitung Wsgljad zuvor berichtete. Die EU und die NATO haben weit weniger Satelliten. Die Ukraine hat keine, weshalb die ukrainischen Streitkräfte vollständig auf nachrichtendienstliche Informationen aus dem Westen angewiesen sind, die dazu in speziellen Datenverarbeitungszentren entschlüsselt werden müssen.

In den USA ist dies die National Geospatial-Intelligence Agency (NGA), in Frankreich das Centre d'Expertise de la Défense (CED) und im Vereinigten Königreich die Defence Intelligence Organisation. Darüber hinaus gibt es NATO-Strukturen wie die NATO Communications and Information Agency (NCIA), das Allied Joint Force Command und das Allied Command Operations (ACO), die Daten zur Unterstützung militärischer Operationen verarbeiten und auswerten. Alle Zentren sind durch mehrfach ausgelegte digitale Kommunikationsleitungen miteinander verbunden. Und sie alle wirkten bis zum letzten Moment im Interesse der ukrainischen Streitkräfte.

Unter der Annahme, dass die westlichen Massenmedien und die CIA wahrheitsgemäße Informationen über die Einschränkung des Informationsaustauschs mit der Ukraine verbreiten, bedarf dies besonderer Aufmerksamkeit, meint Wassili Kaschin, Militärexperte und Direktor des Zentrums für komplexe europäische und internationale Studien an der Wirtschaftshochschule Moskau.

Er erinnert daran, dass westliche Massenmedien früher über das Vorhandensein von Zentren in der Ukraine berichtet hatten, in denen US-Spezialisten gearbeitet haben sollen. Der Experte erklärt:

"Zu den Aufgaben solcher Strukturen gehörten die Verarbeitung von Informationen, der Austausch von Daten und die Durchführung gemeinsamer Operationen, darunter auch die Planung des Einsatzes von Angriffsdrohnen tief im russischen Hoheitsgebiet."

US-Berater seien auch beim Sicherheitsdienst der Ukraine SBU und wahrscheinlich beim militärischen Nachrichtendienst der Ukraine präsent. Kaschin fügt hinzu:

"Die Vereinigten Staaten geben nicht nur Informationen an die Ukraine weiter, sondern nutzen das Land auch, um nachrichtendienstliche Aktivitäten gegen Russland durchzuführen. Washington nutzt die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Ukrainern und Russen sowie die Anwesenheit zahlreicher Mitarbeiter mit Kenntnissen der russischen Sprache und Kultur in der ehemaligen Sowjetrepublik für seine Ziele aus."

"Eine solche Zusammenarbeit vollständig zu unterbinden, scheint ein schwieriger Prozess zu sein. Allerdings haben die Vereinigten Staaten offenbar damit begonnen, die sensibelsten und wichtigsten Kanäle für den geheimdienstlichen Informationsaustausch zu blockieren und ihren untergeordneten Verbündeten zu verbieten, ohne besondere Genehmigung Informationen mit der ukrainischen Führung auszutauschen. Dies betrifft auch Großbritannien, das mit der Ukraine über das Government Communications Centre zusammenarbeitet."

Die mögliche Einschränkung des Zugangs zu Geheimdienstdaten könnte für Kiew kritisch werden und schwerwiegende Folgen haben, so Kaschin weiter. Seiner Einschätzung nach wäre es beispielsweise ein Schlag für die Kiewer Führung, wenn die USA die Weitergabe von Satellitenaufklärungsdaten einstellen und ihren europäischen Partnern verbieten würden, dies zu tun. Er glaubt:

"Dies wird zu einer drastischen Verringerung der Zahl und der Wirksamkeit ukrainischer Langstreckenangriffe führen."

Der Experte erklärt, dass der Feind US-amerikanische Informationen über den Standort russischer Radarstationen und Flugabwehrraketensysteme nutze, um recht komplizierte Routen für Drohnen auszulegen. Er betont:

"Ohne eine solche Unterstützung durch die Verbündeten sind die ukrainischen Streitkräfte praktisch blind. Die Satelliten sind die wichtigste Informationsquelle für die ukrainischen Streitkräfte."

Kaschin erinnert daran, dass die US-Raumfahrtsysteme Flugplätze überwachen, auf denen Russlands strategische Luftfahrt stationiert ist. Auch die elektronische Aufklärung und Patrouillen entlang der russischen Grenzen werden von den USA durchgeführt. Er fügt hinzu:

"All dies spielt eine wichtige Rolle bei der Einschätzung der Lage. Ohne Informationen aus den USA oder Großbritannien wird der Feind anfangen, russische Angriffe zu übersehen."

Darüber hinaus könnte die Weitergabe von Cyberspionage-Daten unter die US-Beschränkungen fallen, glaubt der Analyst. Schließlich könnten Kiew möglicherweise Informationen aus US-Geheimdienstquellen vorenthalten werden, die Großbritannien und andere Partner nicht weitergeben dürfen. Kaschin betont:

"Aufklärungsarbeit ist für Kampfhandlungen in jedem Fall von großer Bedeutung. Dank ihr kann der Feind Daten über die russischen Streitkräfte erhalten, Angriffe planen und rechtzeitig auf russische Angriffe reagieren. Ohne diese Fähigkeiten müssen die ukrainischen Streitkräfte mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Dadurch wird sich die Dynamik der Kampfhandlungen spürbar verändern."

Andrei Klinzewitsch, Leiter des Zentrums für das Studium militärischer und politischer Konflikte, vertritt einen etwas anderen Standpunkt. Seiner Meinung nach bedeutet die Aussetzung des nachrichtendienstlichen Austauschs zwischen der US-amerikanischen und der ukrainischen Seite keine "vollständige Abschaltung der Fähigkeiten" der ukrainischen Streitkräfte, da der Feind auch Informationen aus den EU- und NATO-Ländern erhalte. Er fügt hinzu:

"Ja, die Streitkräfte und Ressourcen, über die Großbritannien und Frankreich verfügen, werden die US-amerikanische Geheimdienstunterstützung für die Ukraine nicht vollständig ersetzen. Aber sie können zum Beispiel ihre Satellitenbilder zur Verfügung stellen. Daher wird das ukrainische Präsidialamt beginnen, aktiver mit den europäischen Verbündeten zusammenzuarbeiten."

Allerdings werden die ukrainischen Behörden noch mit einer Reihe von Problemen konfrontiert sein. Insbesondere müssen sie sich möglicherweise auf Einschränkungen bei den Diensten des US-Sonderprogramms Palantir sowie auf eine langsamere Aktualisierung der Daten einstellen. Darüber hinaus werden die Drohnen der ukrainischen Streitkräfte wahrscheinlich auf "alten Routen" fliegen müssen, die mit US-Unterstützung geplant wurden. Dies wird dazu führen, dass die ukrainischen "Vögel" häufiger abgeschossen werden. Klinzewitsch betont:

"Selbst, wenn die Ukraine keine Informationen über Luftabwehrsysteme mehr erhalten sollte, die tief im russischen Hoheitsgebiet stationiert sind, wird der Feind wahrscheinlich nicht aufhören, Drohnen einzusetzen. Aber der Prozentsatz ihrer Abschüsse wird noch höher werden. Wir sollten jedoch nicht auf grundlegende Veränderungen hoffen und auch nicht darauf, dass für die Kiewer Behörden alles zusammenbricht."

"Meiner Meinung nach bedeutet die 'Pause', die die USA eingelegt haben, dass die von Washington getroffenen Entscheidungen rückgängig gemacht werden können, sobald Selenskij die Bedingungen von Trump erfüllt und das Abkommen über Seltene Erden unterzeichnet. Die Strategie der russischen Streitkräfte in diesem Konflikt ändert sich also nicht."

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 5. März 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Anastasia Kulikowa ist eine Journalistin und SMM-Redakteurin der Zeitung Wsgljad.

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