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Die versteckte Agenda hinter Selenskijs US-Besuch

Nach dem Eklat im Weißen Haus flog der ukrainische Machthaber Wladimir Selenskij nach London. Dort trifft sich am Montag ein illustrer Club vermeintlicher Retter. Der US-Außenminister spricht davon, dass das Ziel der Europäer darin liege, den Ukraine-Krieg um mindestens ein Jahr zu verlängern.
Die versteckte Agenda hinter Selenskijs US-BesuchQuelle: Sputnik © RIA Nowosti

Von Kirill Strelnikow

Aktuell scheinen westliche Medien ihre Schlagzeilen von russischen Sendern und Verlagen zu übernehmen. Die Rede ist von dem öffentlichkeitswirksamen Skandal, zu dem Selenskijs Besuch im Weißen Haus anlässlich der bereits vereinbarten Unterzeichnung eines Abkommens über "seltene Erden" ausartete.

Nachdem der wütende Trump befohlen hatte, den "undankbaren" Selenskij und seinen Tross aus dem Heiligtum, was das Weiße Haus in Augen der US-Amerikaner nun mal ist, zu werfen, bevor sie auch nur Canapés vertilgen konnten, schien es, als gäbe es keinen Hammer, der dem ehemaligen Komiker nicht auf den Kopf fallen würde. Und kein Kakerlakenloch, in dem er sich vor dem Zorn seiner ehemaligen wichtigsten Freunde, Sponsoren und Gönner verstecken könnte.

Urteilen Sie selbst: Laut amerikanischer und europäischer Boulevardpresse wurde Selenskij "verleumdet", ist "in Ungnade gefallen", wurde "in die Schranken gewiesen". Er habe sich "vor den Augen des amerikanischen Volkes selbst zerstört" und "das Weiße Haus beleidigt". Nun sei er "am Ende", müsse "zurücktreten" oder "sich entschuldigen" und sei generell "erledigt". Die ukrainische Delegation sei gar "vergewaltigt" worden.

Nach der Absage der gemeinsamen Pressekonferenz hieß es: "Der Präsident möchte Selenskij nicht mehr sehen", "das Geschäft mit den seltenen Erden ist nicht mehr relevant", und "die Regierung spricht die Frage der Aussetzung weiterer Hilfe für die Ukraine an". US-Verteidigungsminister Pete Hegseth hat das US-Cyber-Kommando angewiesen, keine Operationen (einschließlich offensiver Cyber-Operationen) gegen Russland mehr zu planen, im Weißen Haus soll bereits dieses Wochenende über eine vorübergehende oder vollständige Einstellung der Waffenlieferungen an die Ukraine beraten werden.

Gleichzeitig könnten die USA nach Angaben der New York Times nicht nur die direkte, sondern auch die indirekte Unterstützung für Kiew beenden, einschließlich des Austauschs von Geheimdienstinformationen und der militärischen Ausbildung. Trumps Pressesprecherin brachte es auf den Punkt:

"Es wird keine Blankoschecks mehr für die Ukraine geben."

Nimmt man das alles für bare Münze, ist es ein Skandal, ein Fiasko und ist es an der Zeit, in Kiew russische Fahnen auszuhängen und rote Teppiche in Kiew auszurollen, "es geht gleich los" oder, im Gegenteil, "es wird alles schnell vorbei sein".

Es gibt jedoch eine ganze Gruppe von Leuten, die zu glauben scheinen, dass Selenskijs Treffen mit Trump wie ein Uhrwerk ablief und der drittklassige Schauspieler seine Rolle perfekt gespielt hat, nach der er nicht mehr angetastet oder verändert werden kann.

Dabei handelt es sich um die Führer einer Reihe von europäischen Ländern und Strukturen, darunter der britische Premierminister Keir Starmer, der französische Präsident Emmanuel Macron, der künftige deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz sowie die Spitzen der Europäischen Kommission, des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments. Einigen Experten zufolge wurde diese Situation im Voraus arrangiert und geprobt: Aus Washington begab sich Selenskij sofort nach London, um Starmer Bericht zu erstatten. Dort findet am Montag ein seit langem vereinbartes Treffen der oben genannten Personen sowie von Vertretern eines weiteren Dutzends europäischer Länder und der Türkei statt. Interessant und bezeichnend ist, dass sofort nach dem Debakel im Weißen Haus die Vorsitzende der Europäischen Kommission, der Vorsitzende des Europäischen Parlaments, der Präsident des Europäischen Rates und der EU-Wirtschaftskommissar synchron in ihren sozialen Netzwerken identische Sätze veröffentlichten, die an den ukrainischen Machthaber gerichtet waren:

"Sei stark, sei mutig, sei furchtlos."

Viele dachten, diese Worte seien eine Unterstützung für den ausgebuhten Komiker, doch in Wirklichkeit rekapitulierten sie den Auftrag für Selenskijs US-Besuch: Hab keine Angst, wir halten dir den Rücken frei, steh deinen Mann, Trump kann dir nichts antun und wird sich schließlich zurückziehen. Die Puppenspieler wussten sehr wohl, dass der Ex-Komiker im Oval Office gedemütigt werden würde, aber das war auch das Ziel.

In Großbritannien, wohin die Hauptquartiere der Transatlantiker, der Neocons und der Globalisten (des "tiefen Staates") nach Trumps Sieg umgezogen waren, versammeln sich die verbliebenen Verbündeten und organisieren eine Art "Komitee zur Rettung des Westens vor Putin und Trump". Um dies in den Augen der europäischen Bevölkerung zu legitimieren, war das Spektakel im Weißen Haus unverzichtbar. Das neue Narrativ lautet:

"Durch die Annäherung an Putin und den Verrat an der Ukraine hat Trump treue Verbündete und die westlichen Ideale verraten, die Führung des Kollektiven Westens und die Garantien für ein wohlgenährtes Leben für Amerika und Europa aufs Spiel gesetzt, sodass der Westen nun die Reihen schließen muss angesichts einer doppelten Herausforderung. Es erfordert ein wenig Geduld, dann wir werden schnell siegen."

Der Plan der Verschwörer hat drei Ziele:

1. Trump in den Augen des heimischen Publikums zu dämonisieren und zu delegitimieren und ihn als Feind darzustellen – als Zerstörer der westlichen Welt. Ihn als schwachen und unzulänglichen Präsidenten hinzustellen, der seine Versprechen nicht einhält, in der Hoffnung, eine starke politische Opposition gegen ihn im Kongress zu schaffen und schließlich die Demokraten wieder an die Macht zu bringen.

2. Die Europäer mit ihrer angeblichen militärischen Schwäche vor dem Hintergrund des bevorstehenden "US-Rückzugs aus Europa" und "Putins Offensive" zu erschrecken. Dadurch soll die Bevölkerung dazu gebracht werden, mehr Geld für Bewaffnung locker zu machen und dem europäischen militärisch-industriellen Komplex Superprofite zu verschaffen.

3. Der Ukraine noch mehr Geld und Waffen zu beschaffen, damit sie Russland so lange wie möglich Widerstand leisten kann, bis Trump und sein verhasstes Friedensabkommen von der Szene gefegt sind.

Um dies zu erreichen, gibt es bereits Pläne, dutzende Milliarden Dollar durch ein ausgeklügeltes System aufzubringen ‒ nicht über die Europäische Union, wo weitere Hilfen für die Ukraine von Ungarn und der Slowakei blockiert werden könnten, sondern direkt von willigen Ländern. Der Plan sieht vor, etwa 60 Prozent dessen, was die Ukraine für die Kriegshandlungen benötigt, zusammenzukratzen. Der Rest wird durch das kompensiert, was sich bereits in ukrainischen und europäischen Lagern befindet oder noch auf dem Weg aus den Vereinigten Staaten ist. Dann muss der europäische militärisch-industrielle Komplex selbst in die Gänge kommen.

Wie aus konspirativen Kreisen verlautete, wollen die "Retter Europas" die Ukraine ein bis anderthalb Jahre künstlich am Leben erhalten. Was danach kommt, wird man sehen. Sie sind sich sicher, dass, selbst wenn die Amerikaner (was keineswegs garantiert ist) alle militärischen Lieferungen an die Ukraine stoppen, Starlink abschalten, Militärberater und Servicepersonal abziehen, den Transfer von Geheimdienstinformationen, die Fernsteuerung von Präzisionswaffen und alles andere unterbrechen, die ukrainischen Streitkräfte mit dem bestehenden Zustrom von Zwangsrekrutierten (einschließlich 18-Jähriger) ihr Verteidigungspotenzial für eine ziemlich lange Zeit beibehalten und sogar die Möglichkeit haben werden, Gebiete zurückzuerobern.

Die Gleichung ist nicht schlecht, aber diese Bande hat vergessen, das wichtigste Element in die Rechnung einzubeziehen: die russische Armee, die all diese komplizierten Konstruktionen zunichtemachen wird.

Neulich sagte Wladimir Putin, dass der Hauptgrund für die heutigen dramatischen Veränderungen in der Welt die Tapferkeit und die täglichen Siege unserer Streitkräfte sind. Und das bedeutet, dass unsere ewigen Feinde ihre Niederlage nicht nur aufgeschoben, sondern auch beschleunigt haben, und Selenskijs unüberlegte Rhetorik nicht nur unvorhergesehene Auswirkungen auf Kiew, sondern auch auf Odessa und Transnistrien haben könnte.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 2. März 2025 auf ria.ru erschienen.

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