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Münchner Sicherheitskonferenz: Kein Platz mehr für intellektuelles Leben
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Von Timofei Bordatschow
Die Münchner Sicherheitskonferenz ist das wichtigste offene "Brainstorming" des Westens, das dessen Verhältnis zur restlichen Welt gewidmet ist. In diesem Sinne wurde die Konferenz in den frühen 1960er Jahren ins Leben gerufen und ist auch heute noch in Form und Inhalt nichts Neues.
Im Jahr 2025 soll die Konferenz von 14. bis zum 16. Februar stattfinden und, wie üblich, nicht nur westliche Politiker und Experten versammeln, sondern auch jene, die wir die Weltmehrheit nennen. Es werden Vertreter Chinas, Indiens, der arabischen Staaten und sogar einige Gäste aus Afrika und Lateinamerika anreisen. Früher kamen auch russische Politiker und Experten. Der Grund für ihre Teilnahme ist einfach – es ist der Versuch, einerseits die künftige Strategie des Westens besser vorhersagen, und andererseits die Reaktionen auf die eigenen Äußerungen bewerten zu können.
Niemand denkt darüber nach, eine Einigung zu erzielen oder Kompromissmöglichkeiten zu finden: Jeder ist daran gewöhnt, dass es in den Beziehungen zu den USA und ihren Satelliten nur ein "Nullsummenspiel" geben kann, bei dem Gewinne für die einen automatisch Verluste für die anderen bedeuten.
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Bestenfalls wird die Münchner Plattform dazu genutzt, in Anwesenheit der westlichen Länder der restlichen Welt die eigenen Gedanken zu vermitteln. Und gerade darum ging es bei dem historischen Auftritt des Präsidenten Wladimir Putin in München im Jahr 2007. Ab dem Zeitpunkt dieser Rede kann von einem Zusammenbruch des Systems der US-Dominanz gesprochen werden, das nach dem Ende des Kalten Krieges in der Welt entstanden war. Und natürlich von der Wende hin zum Konflikt in den Beziehungen zwischen Russland und dem Westen, da letzterer von Natur aus keine anderen Meinungen als die eigenen akzeptieren kann.
Ansonsten ist dieses Münchner Treffen eine eher langweilige Veranstaltung, bei der die Hauptrollen längst verteilt sind und Fragen von grundlegender Bedeutung für die gesamte Menschheit nur noch im Sinne eines potenziellen Nutzens oder einer Bedrohung für die Organisatoren eine Rolle spielen. Für die Konferenz wird ein Jahresbericht verfasst, der dieses Jahr lautstark mit "Multipolarisierung" betitelt ist – offenbar aus dem Wunsch heraus, eine Alternative zu der von Russland, China, Indien und anderen propagierten Multipolarität zu bieten.
Der plakative Titel wird jedoch durch den äußerst langweiligen Inhalt des Textes wettgemacht, der von den hauptamtlichen Mitarbeitern des Organisationskomitees verfasst wurde, die auf der Gehaltsliste stehen. Angesichts der Tatsache, dass es im Westen nicht üblich ist, brennende Fragen über sich selbst zu stellen, wird der Text des Berichts von Jahr zu Jahr immer hohler. Und er ist völlig minderwertig im Vergleich zu ähnlichen Dokumenten, die in Russland oder Asien veröffentlicht werden.
Als Austragungsort der Zusammenkunft der intellektuellen Kräfte des Westens wurde Deutschland gewählt. Erstens ist es wirtschaftlich der größte und am meisten entwickelte Staat, der ein solches Forum finanziell und organisatorisch stemmen kann. Zweitens wird Deutschland vollständig von den USA kontrolliert, weswegen Washington sich keine Sorgen machen muss, dass die Bundesrepublik alternative Sichtweisen fördern könnte. Dort wird alles sehr gründlich gemacht.
Neben den allgemeinen Problemen, mit denen die Vereinigten Staaten und ihre Satelliten derzeit zu kämpfen haben, verspricht die Konferenz, einem Thema große Aufmerksamkeit zu widmen, das recht amüsant, aber gleichzeitig symptomatisch für den Geisteszustand im Westen ist: der Wahrscheinlichkeit der Entsendung gewisser "europäischer Friedenstruppen" in die Ukraine. Amüsant deshalb, weil das völlig realitätsfern ist und ein perfektes Beispiel für eine der vielen Simulationen darstellt, die von den westlichen Medien und "Talking Heads" in unvorstellbarer Menge produziert werden. Und aus demselben Grund auch symptomatisch, weil es zeigt, dass die westliche Expertengemeinschaft und die Politiker bereit sind, stundenlang über Ideen zu diskutieren, die aus praktischer Sicht völlig abwegig sind.
Das aber entspricht voll und ganz dem europäischen Ansatz: Unfähig, irgendetwas in der Welt zu beeinflussen, schafft die Alte Welt Konstruktionen, die sie dann mit großem Vergnügen mit sich selbst diskutiert. So kündigte der französische Präsident Emmanuel Macron vor einigen Tagen an, dass Paris demnächst in die Entwicklung eigener künstlicher Intelligenz investieren werde – als Konkurrenz zu chinesischen und amerikanischen Entwicklungen. Es steht schon jetzt außer Zweifel, dass sich am Ende alles auf Worte beschränken wird.
Letztlich sind all diese berauschenden Gespräche aber nur der Hintergrund, vor dem sich die Europäer mit den Vertretern der neuen US-Regierung vertraut machen können. Die Abgesandten von Donald Trump versetzen ihre Gesprächspartner in der Europäischen Union in Angst und Schrecken. Sie werden das Treffen in München nutzen, um besser zu verstehen, wie sie mit der nächsten Generation amerikanischer Machthaber umgehen sollen. Denn es steht zu befürchten, dass diese sich gegenüber Europa als wesentlich anspruchsvoller erweisen werden, als sie es in den letzten Jahren waren. Ihre Satelliten müssen also nach Wegen suchen, um ihre strategische Loyalität zu bekräftigen, dabei aber erhebliche neue Kosten so weit wie möglich zu vermeiden.
Die USA befinden sich in der idealen Position eines Erpressers, der das Verhalten seiner Untergebenen völlig unter Kontrolle hat und sie gleichzeitig über seine Zukunftspläne im Unklaren lässt. Die Hauptdrohung von amerikanischer Seite besteht nun darin, den Konflikt mit Russland im gleichen Ausmaß fortzusetzen, aber die Kosten vollständig auf die Europäer abzuwälzen. Das ist es, was die EU und Großbritannien am meisten fürchten: All ihr Gerede von militärischer Aufrüstung ist nichts weiter als Schall und Rauch. Die europäischen Wähler sind in einem Zustand völliger Apathie und nicht bereit, in einen Krieg mit Russland zu ziehen.
![Europa braucht einen Neustart](https://mf.b37mrtl.ru/deutsch/images/2025.01/thumbnail/679bbce048fbef0dc42784aa.jpg)
Es scheint, dass die Hauptsorge der europäischen Vertreter jetzt darin besteht, herauszufinden, wie sie die nächsten Jahre überleben können, während sie die Amerikaner mit guten Absichten und spannenden Gesprächen beschäftigen. Denn jeder ist sich sicher, dass bei den Parlamentswahlen in den USA im Jahr 2027 die Demokratische Partei, die in Opposition zu Trump steht, siegen wird. Und dann wird die Arbeit der US-Regierung für die nächsten zwei Jahre gelähmt sein. Und Europa wird weiterhin so tun können, als würde es die veränderte internationale Realität ernst nehmen. Es besteht jedoch der Verdacht, dass nicht nur Europa, sondern auch solidere globale Mächte eine ähnliche Taktik verfolgen.
Und so entwickeln sich heute die Beziehungen zwischen den USA und ihrem Hauptklienten: Europa sieht keine Auswege, um die eigene missliche Lage zu ändern. Es denkt nur darüber nach, die eigenen Interessen taktisch zu sichern, ohne etwas an der Innen- oder Außenpolitik zu ändern. Dabei würde sich Europa tief im Inneren eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland wünschen, hat allerdings keine Idee, wie es sich danach verhalten sollte: Die gesamte Politik der EU der vergangenen 30 Jahre war um die Verletzung russischer Interessen herum aufgebaut. Heute etwas zu ändern, ist nicht möglich. Es ist auch niemand für solche Änderungen da, weil es keine geeigneten politischen Akteure dafür gibt.
Im Laufe ihres Bestehens hat sich die Münchner Konferenz von einer echten Konsolidierung des Westens auf intellektueller Ebene während des Kalten Krieges zu Versuchen entwickelt, sie in den 1990er bis 2000er Jahren als ein Ereignis von weltweiter Bedeutung erscheinen zu lassen. Nach der Münchner Rede von Wladimir Putin verwandelte sich der Veranstaltungsort allerdings mehr und mehr in eine Plattform zur Wahrung eines wackelnden Monopols. Inzwischen bleibt dort kein Raum mehr für intellektuelles Leben – auf der Agenda stehen nur noch die andauernden politischen Intrigen innerhalb einer Gemeinschaft, die immer noch die Weltherrschaft für sich beansprucht.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 12. Februar bei "Wsgljad".
Timofei W. Bordatschow, Jahrgang 1973, ist ein russischer Politikwissenschaftler und Experte für internationale Beziehungen, Direktor des Zentrums für komplexe europäische und internationale Studien an der Fakultät für Weltwirtschaft und Weltpolitik der Wirtschaftshochschule Moskau. Unter anderem ist er Programmdirektor des Internationalen Diskussionsklubs Waldai.
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