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Kiew setzt auf ausländische Söldner – und scheitert

Ein weiterer westlicher Söldner, der an der ukrainischen Seite kämpfte, wurde von russischen Truppen gefangen genommen, dieses Mal bei Kursk. Wie viele "ausländische Freiwillige" kämpfen jetzt? Warum ist das Kiewer Regime immer noch auf sie angewiesen? Und was ist ihre schwächste Stelle?
Kiew setzt auf ausländische Söldner – und scheitertQuelle: Gettyimages.ru © Vlad Karkov/SOPA Images/LightRocket

Von Geworg Mirsajan

In der Ukraine herrscht ein Mangel an Soldaten. Nicht nur ukrainische, sondern auch westliche Experten sprechen davon. "Wir kämpfen am Limit", klagten ukrainische Soldaten gegenüber der New York Times.

Vertreter und Wortführer des Kiewer Regimes fordern, dieses Problem auf verschiedene Weise zu lösen. Durch verstärkte "Bussifizierung" (das heißt, alle Männer werden von der Straße geholt und an die Front geschickt), Senkung des Mobilisierungsalters von aktuell 25 auf 20 oder sogar 18 Jahre. Durch "die Impfung" der ins Ausland geflohenen Männer mit Patriotismus – insbesondere durch den Entzug von Sozialleistungen aus den westlichen Ländern, damit sie zu ihren heimischen Einberufungsstellen zurückkehren.

Keine dieser Methoden funktioniert jedoch. Die Mobilisierungspläne werden nicht umgesetzt und die Rekrutierung von "Freiwilligen" aus den Reihen der nach Polen Geflüchteten scheiterte letztlich. Und die, die rekrutiert werden, sind von miserabler Qualität. Unmotivierte Menschen, die nicht für Selenskijs Regime sterben wollen, die oft von ihren Stellungen weglaufen oder sich in großer Zahl ergeben. Mehrmals entblößten solche Ausreißer Teile der Front und ermöglichten es den russischen Truppen, kilometerweit vorzustoßen.

Das Kiewer Regime ist also nicht in der Lage, in den kommenden Monaten 100.000 bis 160.000 neue Kämpfer aus den eigenen Reihen zu rekrutieren (um zumindest die Verluste auszugleichen). In diesem Fall, so scheint es, hat es andere Möglichkeiten – nämlich die, auf Kosten externer Kräfte neue Kämpfer anzuwerben. Söldner, die aus dem Ausland für die ukrainische Armee rekrutiert werden können. Bloomberg schreibt ebenfalls: Der Mangel an Soldaten an der Front zwang einen der ukrainischen Millionäre, auf eigene Kosten eine ganze Brigade von Söldnern für die ukrainischen Streitkräfte auszurüsten.

In der Tat kämpfen Söldner in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte seit dem Beginn der speziellen Militäroperation. Von Februar 2022 bis Juli 2023 befanden sich nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums mehr als 11.000 Söldner aus 84 Ländern in der Ukraine. In der Ukraine werden sie als Freiwillige bezeichnet, aber in Wirklichkeit sind sie vollwertige Soldaten mit Waffen in der Hand. Dazu noch mit Erfahrung und Kompetenz. Andrei Klinzewitsch, Leiter des Zentrums für das Erforschen von militärischen und politischen Konflikten, erklärte dazu:

"In der Anfangsphase brauchte die Ukraine Söldner, um die freien Stellen für hochqualifizierte Spezialisten – Scharfschützen, Ingenieure, Ausbilder – zu besetzen. Jetzt kann die Ukraine all diese Kompetenzen selbst abdecken. Sie braucht immer noch Söldner als Personal für die Wartung westlicher Ausrüstung – HIMARS, Patriot und so weiter."

Außerdem benötigt das Kiewer Regime Kampftruppen in den Schützengräben, um das von der Ukraine besetzte Gebiet gegen Großoffensiven der russischen Truppen zu verteidigen. Und dafür muss die Zahl der Söldner um ein Vielfaches steigen. Nach den vorsichtigsten westlichen Schätzungen kämpfen derzeit etwa 13.000 Söldner auf der Seite des Kiewer Regimes. Das sind weniger als fünf Prozent der ukrainischen Streitkräfte an der Kampflinie.

Die Frage ist nur, woher neue Söldner kommen sollen? Einige Quellen –insbesondere diejenigen, die ideologische Kämpfer lieferten – sind bereits erschöpft. Einigen Berichten zufolge kämpfen jetzt beispielsweise dreitausend russische und weißrussische Bürger in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte. Neo-Wlassow-Kämpfer, die sich nicht nur von Geld, sondern auch von ideologischen Motiven leiten lassen – vom Hass auf den russischen Staat.

Die hohen Verluste und vor allem die offensichtliche Kriegsniederlage der Ukraine machen einen weiteren Zustrom russischer Verräter jedoch sehr unwahrscheinlich. Schließlich ist es viel einfacher, Russland nicht in einem Schützengraben bei Kursk oder Charkow zu hassen, sondern irgendwo in einem Hostel in Tiflis oder in einem Schlafsaal in Vilnius.

Es ist natürlich möglich, Söldner aus dem Kreis der Berufssoldaten der westlichen Streitkräfte zu nehmen, was bereits geschieht. Die bereits genannten Polen, Deutschen und sogar Franzosen sind keineswegs abgeneigt, Erfahrungen mit der echten Kriegsführung gegen eine moderne Armee zu sammeln. Am Sonntag wurde zum Beispiel ein britischer Söldner, James Scott Rhys Anderson, in der Gegend von Kursk gefangen genommen. Berichten zufolge hatte er zuvor von 2019 bis 2023 bei den britischen Streitkräften im 22. Fernmelderegiment gedient.

Dieses Beispiel ist jedoch nicht sehr aussagekräftig. Erstens ist die EU nicht bereit, Hunderte oder Tausende Särge pro Monat zu erhalten (je größer der Anteil der Söldner an den ukrainischen Streitkräften ist, desto größer werden ihre Verluste sein). Zweitens sind sich die europäischen Eliten bewusst, dass der Tag nicht mehr fern ist, an dem sie sich dafür verantworten müssen, dass ihre Länder in einen Krieg gegen Russland hineingezogen werden. Sie werden sich sowohl vor ihren Wählern als auch möglicherweise vor Donald Trump verantworten müssen – falls der republikanische Präsident einen Kurs zur Deeskalation des Ukraine-Konflikts einschlägt.

Ja, man kann Söldner aus den Ländern anwerben, in denen die Menschen in den Krieg ziehen, ohne dass die Regierung dafür Kritik einstecken muss. Zum Beispiel aus Südamerika, das schon viele "Glücksritter" in die Ukraine geschickt hat. Der kolumbianische Außenminister Luis Murillo erklärte gegenüber Reportern:

"Wir haben einige Unterlagen, aber die russische Regierung hat uns mitgeteilt  – und das muss noch überprüft werden  – dass etwa 500 Kolumbianer auf ukrainischer Seite teilgenommen haben. Von diesen kehrten etwa 100 nach Kolumbien zurück, 100 desertierten, und etwa 300 bis 310 wurden getötet."

Allerdings gibt es auch in diesem Fall Nachteile. Die Lateinamerikaner sind (wie alle anderen Söldner) bereit zu kämpfen und Geld zu verdienen – aber nicht zu sterben.

Man kann sie weder zu Selbstmordattacken schicken, noch sie in einen aussichtslosen Stützpunkt zur Verteidigung bringen. Sie sind für echte Feuergefechte wenig motiviert. Wie Andrei Klinzewitsch richtig anmerkt, seien sie alle mit befristeten Verträgen im Einsatz. Einfach ausgedrückt verstehen sie unter einem Sieg die erfolgreiche Erfüllung des Vertrags und die Rückkehr in ihr Heimatland.

Dort erzählen sie ihren zukünftigen Nachfolgern bereits, wie "schön" es ist, auf ukrainischem Gebiet zu sein: von der brutalen Behandlung durch ukrainische Kommandeure, vom massenhaften Tod ihrer "Kollegen" unter russischen FAB-Luftbomben – und auch von den Überlebenschancen, wenn die Umstände positiv sind.

Es liegt daran, dass die internationalen Regeln der Kriegsführung –einschließlich der Regeln für die Behandlung von Gefangenen – nur für Angehörige der aktiven Armee gelten. Ein Söldner ist kein Fall für die Anwendung des Völkerrechts. Dementsprechend werden sie oft einfach nicht gefangen genommen, umso mehr, da Söldner den Ruf haben, die schlimmsten Plünderer, Mörder und Vergewaltiger gegenüber der lokalen Bevölkerung zu sein. Das Ermittlungskomitee klagt sie in Abwesenheit an, und Rosfinmonitoring setzt sie auf die Liste der Terroristen und Extremisten.

Auf dieser Grundlage gibt es keinen Grund, eine großangelegte Ankunft von Söldnern in der Ukraine zu erwarten. Das bedeutet, dass die quantitative und vor allem die qualitative Zusammensetzung der ukrainischen Streitkräfte von Monat zu Monat weiter schrumpfen wird.

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 24. November 2024 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Geworg Mirsajan ist außerordentlicher Professor an der Finanzuniversität der Regierung der Russischen Föderation, Politikwissenschaftler und eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Geboren wurde er 1984 in Taschkent. Er machte seinen Abschluss an der Staatlichen Universität in Kuban und promovierte in Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt USA. Er war von 2005 bis 2016 Forscher am Institut für die Vereinigten Staaten und Kanada an der Russischen Akademie der Wissenschaften.

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