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Gegenmodell zum "Euroirrenhaus": Konferenz zu 75 Jahren DDR in Moskau

Auch wenn das Jubiläum der Gründung der DDR ein Anlass für historische Betrachtungen ist – gerade angesichts der antirussischen Politik des heutigen Deutschlands –, spielte natürlich die DDR als Modell eines deutschen Staates, der Freundschaft mit Russland pflegte, eine große Rolle.
Gegenmodell zum "Euroirrenhaus": Konferenz zu 75 Jahren DDR in Moskau© privat

Zum 75. Jahrestag der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 fand am Montag in Moskau eine internationale Konferenz statt. Die Veranstaltung war geprägt von einer Reihe vor allem historischer Vorträge, aber die heutige Realität drang immer wieder ein. So beispielsweise im Grußwort des stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrats der Krim, Georgi Muradow, der darauf hinwies, dass die Krimdeutschen seit 2014 keine Visa für Besuche in Deutschland mehr erhalten.

Die Eröffnungsrede hatte Egon Krenz zugeschickt, der leider krankheitsbedingt nicht teilnehmen konnte. Er zog ein teilweise sehr persönliches Fazit und lieferte auch eine bittere Bewertung der "Wiedervereinigung":

"1989/90 ging es den USA keineswegs – wie allgemein behauptet wird – um die deutsche Einheit. Diese war lediglich eine Möglichkeit, um die Streitkräfte der UdSSR aus dem Zentrum Europas zu drängen. Der Warschauer Vertrag wurde aufgelöst. Die NATO blieb. Damit wurde eine völlig neue europäische Sicherheitssituation geschaffen, eine Situation, die bis heute nachwirkt und die eigentliche Ursache ist für gegenwärtige globalpolitische Auseinandersetzungen."

In der heutigen Lage ist es unmöglich, sich mit der DDR zu beschäftigen, ohne ihren eigentlichen Ursprung, den Kampf gegen den Hitlerfaschismus, mit einzubeziehen. Der russische Historiker Dr. Alexander Kamkin hielt einen Vortrag über die Urmerkmale des europäischen Faschismus.

"Der heutige kollektive Westen, der in seinem moralischen und sittlichen Verfall und der Degradierung der politischen Eliten immer mehr einem 'Euroirrenhaus' gleicht, in dem die Köpfe der europäischen Politiker besser zu weißen Krankenanzügen als zu glänzenden Smokings passen, gleitet wieder in den Nazismus ab."

Die multipolare Welt sei ein nötiges Gegenmodell dazu:

"Die Welt als Vielfalt der Zivilisationen, als eine Weltordnung, die auf gegenseitigem Respekt und der Fähigkeit beruht, Vertreter anderer Kulturen als gleichberechtigte Individuen zu sehen, kann daher ein echter Gegenpol zum faschistischen Globalismus mit seiner Gewalt, seinem Machtstreben und seinem falschen Messianismus sein."

Auch ein heikler Punkt der deutsch-sowjetischen Geschichte kam zur Sprache: Der Politikwissenschaftler Dr. Nikolai Parchitko beschäftigte sich mit den Russlanddeutschen im Zweiten Weltkrieg. Er betonte, dass ihr Beitrag "ohne absurde politische Entscheidungen" größer hätte ausfallen können; aber allein die Tatsache, dass es der Hitlerwehrmacht nie gelang, eine Einheit aus Russlanddeutschen aufzustellen, sei Beweis genug für ihre überwiegend loyale Haltung.

Ein weiterer Vortrag befasste sich mit der Entstehung der deutschen Spaltung, insbesondere dem Anteil der Vereinigten Staaten daran, sowie den Bemühungen der Sowjetunion, die Einheit zu erhalten und zu einem Friedensvertrag wie zu einem Ende der Besatzung zu gelangen. Was der sowjetische Außenminister Molotow noch Ende Mai 1949 auf der Viermächtekonferenz in Paris forderte – während gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes die Spaltung durch die Westzonen vollzogen wurde. Damalige US-Vertreter hätten offen die Politik verfolgt, die Rüstungsindustrie in den Westzonen wieder in Gang zu bringen, um dann mit deutschen Stellvertretertruppen einen weiteren Krieg gegen die Sowjetunion zu beginnen. Die Existenz der DDR habe die Umsetzung dieser Pläne verhindert.

Der Sprung in die Gegenwart erfolgte mit drei Vorträgen (die Namen einiger deutscher Referenten bleiben aus Sicherheitsgründen ungenannt); einer davon stellte die Hypothese auf, es gebe längst zwei Nationen auf deutschem Boden; ein weiterer befasste sich mit Überlegungen, ob ein erneuter Separatstaat auf dem Gebiet der DDR wünschenswert und möglich sei.

Und Liane Kilinc, die sowohl den Verein Friedensbrücke als auch das OKV vertrat, griff das Thema des Zwei-Plus-Vier-Vertrags wieder auf und erweiterte es um einige Bestimmungen, die im Einigungsvertrag vorgesehen waren. Dort seien nämlich eine ganze Reihe von Verträgen, beispielsweise das NATO-Truppenstatut, von der Geltung auf dem DDR-Gebiet ausgeschlossen worden.

"Bezogen auf das gesamte Gebiet der DDR wäre gründlich zu prüfen, ob eine Einbeziehung in die Strukturen der NATO in irgendeiner Form nicht einen Verstoß auch gegen den Einigungsvertrag darstellt.

Auch der Einigungsvertrag beinhaltet in der Eingangsformel die Verpflichtung zum Frieden und das 'Bestreben, durch die deutsche Einheit einen Beitrag zur Einigung Europas und zum Aufbau einer europäischen Friedensordnung zu leisten.'"

Mit welchem konkreten Aspekt sich die Vorträge auch auseinandersetzten, dass die Beziehungen zwischen Russland und Deutschland der Schlüssel zum Frieden in Europa sind, war ein Grundton, den sie alle auf unterschiedliche Weise wiedergaben. Diese Sicht wurde auch von den anwesenden internationalen Vertretern, zum Beispiel aus Tschechien und Serbien, geteilt.

Getragen wurde die Konferenz vom Ostdeutschen Kuratorium der Verbände (OKV), dem Nationalkomitee Freies Deutschland, dem Internationalen Friedensrat, dem Internationalen Antifaschistischen Informationszentrum, dem Verein Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe e.V., dem Russischen Veteranenverband, der seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellte und dessen Präsident, Generaloberst Witali Asarow, eines der zahlreichen Grußworte hielt, wie dem deutschen Verband russischer Offiziere, Desant e.V. Mit der Überreichung diverser Anerkennungen, einem kleinen Kulturprogramm und der Aushändigung einer Gedenkmünze an alle Teilnehmer wurde die Tradition auch im Stil gewahrt.

Den Abschluss bildete eine Erklärung:

"Die Konferenzteilnehmer rufen die Völker der Welt dazu auf, ein friedliches, gutnachbarschaftliches und schöpferisches Leben in Europa, auf dem eurasischen Kontinent und in der ganzen Welt zu verteidigen und sich aktiv der aggressiven Politik der imperialistischen, neokolonialen Kräfte der USA, Großbritanniens und der Europäischen Union und ihrer militaristischen Speerspitze, der NATO zu widersetzen."

Das Fazit dieser Jubiläumskonferenz, das so wohl alle Teilnehmer unterzeichnen könnten, wurde jedoch bereits in der Einleitungsrede von Egon Krenz gezogen:

"Den Glauben aber, dass diese Welt mit Krieg und Ausbeutung nicht so bleiben kann, wie sie ist, und dass einst so schön wie nie über Deutschland die Sonne scheint – diesen Glauben kann uns niemand nehmen. Wir tragen ihn in die Zukunft – solange Leben in uns ist."

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