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Regeländerung bei Facebook wie gemacht zum Verbot von RT

Die jüngsten Regeländerungen bei Facebook betreffen die sogenannte "Verpflichtung zur Authentizität". Bei dem geänderten Regelwerk könnte leicht der Eindruck entstehen, die neuen Regeln seien speziell zum Verbot von "RT" eingeführt worden. Wodurch entsteht dieser Eindruck?
Regeländerung bei Facebook wie gemacht zum Verbot von RTQuelle: www.globallookpress.com © Scherl

Von Felicitas Rabe

In Kürze wird beim US-Unternehmen Meta ein Verbot von RT und anderen russischen Medienanbietern auf allen seinen Plattformen in Kraft treten. Das heißt, diese russischen Medienanbieter dürfen dann keine Accounts mehr auf Facebook, Instagram, Threads und WhatsApp betreiben. Hintergrund des Verbots ist erneut die Unterstellung, russische Medien würden sich der "ausländischen Einmischung in die US-Präsidentschaftswahlen" schuldig machen.

Aber als sei das noch nicht genug der Zensur, hat Facebook zusätzlich noch ein neues Regelwerk eingeführt, wonach sich letztlich keine "Entität" mehr an der Verbreitung von angeblich "irreführendem Verhalten" aus dem Ausland beteiligen darf. Das neue Facebook-Regelwerk scheint wie gemacht für die Zensur von RT.

Zunächst soll es bei den neuen Regeln von Facebook dem Namen nach – "Verpflichtung zur Authentizität" – offenbar darum gehen, dass Nutzer keine Fake-Accounts mehr erstellen oder weiternutzen. Wobei sich diesbezüglich die Frage stellt, ob solche Fake-Accounts nicht in viel massiveren Ausmaß von Computern generiert werden – zum Beispiel zur Meinungs- oder Wahlmanipulation – als von "echten" Facebook-Nutzern. Jedenfalls sei das zukünftig nicht mehr erlaubt, genauso wie es zukünftig verboten sein werde, "die Beliebtheit von Inhalten" künstlich zu steigern oder die öffentliche Debatte zu beeinflussen. Hier stellt sich allerdings die Frage, wann handelt es sich um eine authentische Steigerung der Beliebtheit eines Inhalts und wann handelt es sich um eine künstliche Steigerung der Beliebtheit zur Beeinflussung der gesellschaftlichen Meinungsbildung?

Genau definiert wurde das zukünftig auf Facebook verbotene "irreführende Verhalten" auch nicht. Dort heißt es: "Irreführendes Verhalten bezeichnet eine Vielzahl komplexer Formen der Täuschung, die durch ein Netzwerk irreführender Assets vorgenommen werden, die von derselben Person oder denselben Personen kontrolliert werden, mit dem Ziel, Meta oder unsere Community zu täuschen oder sich der Durchsetzung unserer Gemeinschaftsstandards zu entziehen."

Es gelte damit zu vermeiden, dass "bösartige Angreifer Fake-Accounts für ausgeklügelte irreführende Taktiken, um die öffentliche Debatte zu beeinflussen" nutzten. Diese "bösartigen" Angreifer beteiligten sich an Verhaltensweisen, die als koordiniertes irreführendes Verhalten definiert würden – oder als koordinierte Bemühungen, die öffentliche Debatte für ein strategisches Ziel zu manipulieren. Wobei die Verwendung von Fake-Accounts ein zentraler Bestandteil dieser Aktivitäten sei. Das heißt, ein Verhalten mit den drei Merkmalen "bösartig", "irreführend" oder einer "Beeinflussung der öffentlichen Debatte" wäre demnach zukünftig auf Facebook nicht mehr erlaubt.

Allerdings scheint damit offensichtlich nicht die 77. Brigade der britischen Armee gemeint zu sein, die bereits im Jahr 2015 als "Facebook-Warrior" Sondereinheit gegründet wurde. Diese 1.500 Mann starke militärische Brigade sollte fortan in psychologischen Operationen die öffentliche Meinung beeinflussen, um auf Facebook "im Informationszeitalter eine unkonventionelle Kriegsführung zu betreiben". Der Guardian schrieb zu den Aufgaben dieser Sondereinheit am 31. Januar 2015: "Vor dem Hintergrund von 24-Stunden-Nachrichten, Smartphones und sozialen Medien wie Facebook und Twitter wird die Truppe versuchen, das Narrativ zu kontrollieren."

Jetzt soll nach dem neuen Regelwerk manipulatives Verhalten zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung verboten sein: Demnach werde nun besonders geahndet, wenn jemand auf Facebook ein "irreführendes Meta-Asset" zum "irreführenden Zielgruppenaufbau" nutzt, "zur gesteigerten Verbreitung von Content". Aber wer ist damit gemeint?

Im Grunde genommen passt das eigentlich auf jeden Informationsverbreiter – oder jede Internetseite beziehungsweise "Meta-Asset" – dem man irreführende Inhalte unterstellt. Das hieße also, sofern Facebook eine Webseite oder ein "Meta-Asset" als nicht irreführend einstuft, kann man auf der eigenen Facebook-Seite für diese Webseite und deren Inhalte werben und sie verbreiten, soviel man lustig ist. Erst wenn Facebook "feststellt", dass der Inhalt "irreführend" ist, könnte der Nutzer und Verbreiter dieser Inhalte vom Privatunternehmen Facebook gesperrt werden. 

Dabei ist die Ahndung von "irreführendem Verhalten aus dem Ausland" noch mal als besondere Verbotskategorie aufgeführt. Genau deshalb könnte der Eindruck entstehen, man habe es hier mit einem "Lex RT" zu tun, das speziell für die Ahnung von RT-Beiträgen und deren Verbreitung geschaffen wurde. Denn verbotenes "irreführendes Verhalten aus dem Ausland" wird dabei wie folgt klassifiziert: "Ausländische Entitäten, die nicht authentische Meta-Assets verwenden, um fälschlicherweise eine inländische oder lokale Stimme zu vertreten, um ein Publikum über die Identität, den Zweck oder die Herkunft der Entität, die sie vertreten, zu täuschen."

Mit anderen Worten: Man darf nicht den Eindruck erwecken, dass man eine inländische Einrichtung, Redaktion, Behörde oder Organisation ist, wenn man tatsächlich aus dem Ausland stammt. Gleichzeitig darf man sich auch als unabhängiger Nutzer oder "Entität" nicht "an einer Einflussnahme aus dem Ausland beteiligen". Grundsätzlich gilt ein jegliches "koordiniertes, nicht authentisches Verhalten" in den Fällen als verbotene Einflussnahme aus dem Ausland, in denen die Netzwerkbetreiber nicht im gleichen Land ansässig sind wie die Zielgruppe, die mit der Veröffentlichung beeinflusst werden soll. Denn dann handelt es sich um Einmischung eines staatlichen Akteurs in einen anderen Staat. Im Facebook-Regelwerk heißt es wörtlich übersetzt:

"Wir untersagen es Entitäten, sich an einer staatlichen Einmischung zu beteiligen oder dies vorzugeben. Eine solche Einmischung ist dabei definiert als koordiniertes, nicht authentisches Verhalten, wobei die Maßnahme einem staatlichen Akteur zuzuschreiben ist."

Mit dieser schwammigen Formulierung bleibt es offen, ob quasi jeder einzelne private Nutzer bei der Einstellung und Weiterverbreitung von RT-Inhalten dabei schon als "Entität" verfolgt wird, der sich an der staatlichen Einmischung eines staatlichen Akteurs beteiligt. Oder ob eine Entität doch mehr eine wie auch immer geartete Einrichtung darstellt, die mehr umfasst als eine einzelne Privatperson. In jedem Fall wird das Außerkraftsetzen des Grundgesetzes Artikel 5 und das Verbot von Presseerzeugnissen auch in diesem Fall der Willkür eines privaten Konzerns überlassen. Im Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes heißt es: 

"Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet."

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