Medienbericht: EU will Kiew milliardenschwere Kredite ohne Ungarns Zustimmung gewähren
Die EU bereitet einen alternativen Plan vor, um der Ukraine Darlehen aus den Gewinnen der eingefrorenen russischen Vermögenswerte zu gewähren, berichtet die Zeitung Financial Times am Dienstag mit Bezugnahme auf namentlich nicht genannte Quellen.
Neue Kredite in Höhe von 20 bis 40 Milliarden Euro für die Ukraine müssen bis Ende Dezember und unabhängig von der Beteiligung der USA bereitgestellt werden. Der endgültige Betrag werde von der EU-Kommission nach Konsultationen mit den EU-Mitgliederstaaten festgelegt, erklärten die namentlich nicht genannten EU-Beamten gegenüber der Zeitung. Diese Mittel sollen die finanzielle Stabilität der Ukraine unterstützen.
Laut Angaben der Zeitung ziele das neue Verfahren darauf ab, ein mögliches Veto der ungarischen Regierung gegen die von den USA geforderten Garantien zu umgehen. Budapest strebt an, die Entscheidung über die Optionen zur Verwendung eingefrorener Vermögenswerte der russischen Zentralbank bis nach den US-Präsidentschaftswahlen am 5. November zu verschieben.
Laut dem Gesetzesentwurf, der der Zeitung vorliegen soll, werde Brüssel bis Ende 2024 Darlehen in Milliardenhöhe an die Ukraine vergeben. Tatsächlich erweitere der neue Plan das bereits bestehende Finanzhilfepaket der EU, so die Zeitung. Deswegen sei keine Einstimmigkeit der EU-Staaten erforderlich, sondern nur eine Mehrheit. In dieser Situation kann Budapest kein Veto einlegen. Das bestehende Hilfsprogramm der EU an Kiew läuft Ende des Jahres aus.
In den vergangenen Monaten haben die EU, die USA und weitere G7-Verbündete Pläne ausgearbeitet, um Kredite an Kiew in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar (rund 46 Milliarden Euro) bis Ende des Jahres bereitzustellen. Laut der Vereinbarung der G7, die auf dem Gipfeltreffen im Juni getroffen wurde, sollen diese Kredite durch die zukünftigen Erträge aus den immobilisierten Vermögenswerten der Zentralbank Russlands ausgeglichen werden.
Der überwiegende Teil des eingefrorenen Vermögens im Wert von 280 Milliarden US-Dollar (rund 258 Milliarden Euro) befindet sich innerhalb der EU. Die Mittel werden vom größten europäischen Zentralverwahrer Euroclear in Brüssel verwaltet, der unter Aufsicht des belgischen Finanzministeriums steht.
Weiter sieht die auf dem G7-Gipfel getroffene Vereinbarung vor, dass die EU und die USA jeweils Darlehen in Höhe von 20 bis 22 Milliarden US-Dollar (rund 18,4 bis 20 Milliarden Euro) bereitstellen. Großbritannien, Kanada und Japan würden kleinere Kredite beisteuern, um die restlichen zehn Milliarden US-Dollar aufzubringen.
Washington befürchtet, dass Kiew Schwierigkeiten haben wird, die Darlehen zurückzuzahlen, falls die EU ihre Sanktionen gegen Russland nicht verlängert. Deswegen fordert die US-Regierung von Brüssel Garantien, dass die russischen Vermögenswerte gesperrt bleiben.
Die aktuelle EU-Sanktionsregelung sieht eine Verlängerung der Einschränkungen gegen Russland alle sechs Monate durch eine einstimmige Entscheidung der 27 EU-Mitglieder vor.
Brüssel hat drei Optionen für ein dauerhaftes Einfrieren russischer Vermögen vorbereitet, wie die Zeitung Politico am Montag berichtete. Bei der ersten Option gehe es um eine Sperrung der Vermögenswerte für fünf Jahre, die alle zwölf Monate überprüft werden müsste. Die zweite Option sehe die Verlängerung der Sanktionen alle 36 Monate mit Einstimmigkeit der EU-Staaten vor. Bei der dritten Option gehe es um eine Verlängerung der Sanktionen auf 36 Monate.
Am Montag habe ein namentlich nicht genannter ungarischer Regierungsvertreter den EU-Botschaftern in Brüssel erklärt, so Financial Times, dass dieses Problem nach den US-Wahlen angegangen werden müsse.
Bislang haben sich Washington und Brüssel nicht auf einen Mechanismus zur Verlängerung der Sanktionen und zum Einfrieren russischer Vermögenswerte geeinigt. Deswegen erwäge die EU nun eine Alternative, die Darlehen an Kiew als Teil eines bestehenden Finanzhilfepakets zu gewähren, das Ende des Jahres ausläuft, wie das Blatt berichtet.
Der EU-Plan würde einen Teil der 20 Milliarden US-Dollar freigeben, die nach dem ursprünglichen Vorschlag der G7 von Washington bereitgestellt werden sollen, falls die Biden-Administration das Darlehen vor den US-Wahlen nicht gewährt. Die EU-Beamten hofften, dass die USA ihren Anteil dieser Gelder letztendlich bereitstellten, was das finanzielle Risiko für die EU verringern würde, so die Zeitung.
Falls Brüssel sich für eine Kreditvergabe entscheide, müssten die EU-Beamten in den kommenden Wochen mit der Arbeit beginnen, so das Blatt. Sie müssten rechtzeitig alle bürokratischen Hürden überwinden, da das aktuelle Hilfspaket für die Ukraine Ende Dezember auslaufe.
"Es ist dringend erforderlich, den Vorschlag vor Ende Oktober anzunehmen, damit das EU-Darlehen vor Ende 2024 für künftige Auszahlungen in Tranchen freigegeben werden kann", heißt es in dem entsprechenden Entwurf.
Wie die Zeitung schreibt, sieht der Vorschlag vor, die Erlöse aus den eingefrorenen Vermögenswerten in Höhe von 2,5 bis drei Milliarden Euro pro Jahr für die Rückzahlung der Kredite zu verwenden.
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