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US-Politologe: Westen verantwortlich für Ukraine-Krieg

Putin verfolgt imperialistische Ziele, wird im Westen behauptet. Dabei handelt es sich um Desinformation, weist John Mearsheimer nach. Der Westen hat maßgeblich zur Eskalation des Ukraine-Konflikts beigetragen und damit eine große Mitverantwortung für die Entwicklung hin zum Krieg.
US-Politologe: Westen verantwortlich für Ukraine-KriegQuelle: www.globallookpress.com © Zhang Nan

Auf seinem Blog (hier auf Deutsch) hat der US-amerikanische Politologe John Mearsheimer eine Analyse zu den Gründen des Ukraine-Konflikts veröffentlicht. Mearsheimer orientiert sich dabei an den historischen Abläufen. 

Nicht an den historischen Abläufen orientiert ist die im Westen verbreitete Behauptung, Russlands Präsident Putin handelt aus imperialistischem Interesse. Er strebe die Wiederherstellung eines russischen Imperiums, wahlweise als Sowjetunion, wahlweise als Zarenreich an. Fällt die Ukraine, plane Russland, Länder der NATO zu überfallen. Diese Behauptungen seien aus der Luft gegriffen, belegt Mearsheimer.

Mearsheimer weist nach, dass es vor dem 24. Februar 2022 keinen Hinweis darauf gab, dass Russland die Ukraine einnehmen wollte. Auch mit Beginn der militärischen Spezialoperation deutet die geringe Truppenstärke, mit der Russland in die Ukraine einmarschiert ist, nicht darauf hin, dass das Ziel die Einnahme der Ukraine war.

Dagegen spricht zudem, dass Russland unmittelbar nach dem Einmarsch russischer Truppen Verhandlungen aufgenommen hat, deren Ziel nicht die Kapitulation der Ukraine, sondern eine Verhandlungslösung war, die russische Sicherheitsinteressen berücksichtigt. Damit bestreitet Mearsheimer auch die im Westen erhobenen Behauptungen, Russland plane nach der Einnahme der Ukraine den Angriff auf Länder der EU und der NATO. 

Es habe vor Ausbruch des Krieges auch keine Hinweise darauf gegeben, dass Putin in der Ukraine eine Marionettenregierung installieren wollte, schreibt Mearsheimer weiter. Dieser Vorwurf wurde wiederholt erhoben. 

"Die Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau begannen in Weißrussland nur vier Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. […] Alle verfügbaren Beweise deuten darauf hin, dass Russland ernsthaft verhandelte und nicht an der Übernahme ukrainischen Territoriums interessiert war, mit Ausnahme der Krim. […] Darüber hinaus berichtet Putin, dass er, als die Verhandlungen stattfanden und Fortschritte machten, gebeten wurde, als Geste des guten Willens die russischen Truppen aus dem Gebiet um Kiew abzuziehen, was er am 29. März 2022 tat."

Dem sei noch hinzuzufügen, dass kurz nach dem Rückzug die Bilder aus Butscha die Runde machten. Der zeitliche Ablauf stützt die These, es handele sich bei Butscha um eine False-Flag-Operation. 

Ursächlich für die Eskalation des Konflikts sei die Ausdehnung der NATO und die Absicht, die Ukraine in die NATO aufzunehmen, führt Mearsheimer aus. Damit ist der Westen für die Eskalation mindestens mitverantwortlich.

Diese Verantwortung wird von westlichen Politikern, darunter auch Bundeskanzler Scholz, Außenministerin Baerbock und Verteidigungsminister Pistorius bisher vehement zurückgewiesen. Sie übergehen dabei die Versuche Russlands, den Konflikt im Vorfeld des Einmarsches zu deeskalieren und leugnen den Anteil, den Deutschland zur Eskalation beigetragen hat. Deutschland hat unter anderem die Minsker Vereinbarungen sabotiert, in dem es als Garantiemacht seiner Aufgabe nicht nachkam, die Ukraine zur Umsetzung der gemachten Zusagen drängte.  

"In den Monaten vor Kriegsbeginn versuchte Putin, eine diplomatische Lösung für die sich anbahnende Krise zu finden", 

fasst Mearsheimer die Ereignisse am Ende des Jahres 2021 zusammen.

Putin sandte im Dezember 2021 ein Schreiben an Washington und die NATO, mit der Bitte um Sicherheitsgarantien. Russland wollte verhandeln, der Westen wollte das nicht. Er hat zwar nicht zuerst geschossen, aber eben alles dafür getan, dass geschossen wird, lässt sich aus dem historischen Ablauf schließen. 

Mearsheimer weist im Detail nach, dass der Wille zur Aufnahme der Ukraine in die NATO Auslöser der militärischen Antwort Russlands war. Das Festhalten an dem Vorhaben bedeute daher auch, den Krieg zu verlängern. Putin habe viele Male darauf hingewiesen, dass eine Aufnahme der Ukraine in die NATO für Russland eine rote Linie darstellen würde. 

"Wir sind kategorisch gegen einen NATO-Beitritt der Ukraine, weil dies eine Bedrohung für uns darstellt, und wir haben Argumente, die dies unterstützen",

zitiert Mearsheimer Putin mit einer Aussage vom 22. Februar 2022.

Wer den Krieg beenden möchte, muss dies berücksichtigen. Vorschläge dazu liegen vor: Die Ukraine verzichtet auf den NATO-Beitritt, kehrt zu ihrem neutralen Status zurück, der bis 2014 in der Verfassung verankert war und erhält im Gegenzug Sicherheitsgarantien einer breit aufgestellten Länderallianz, zu der nicht nur NATO-Länder, sondern auch Russland und China gehören. Die Aufnahme der Ukraine in die EU bleibt davon unberührt. Über diesen Vorschlag wird im Westen, in der EU und in Deutschland noch nicht einmal gesprochen. 

Der Hinweis darauf, dass die NATO ein reines Verteidigungsbündnis ist, wird schon durch die Vehemenz, mit der die Erweiterung betrieben wird und dem Festhalten an der Aufnahme der Ukraine in das Bündnis, ad absurdum geführt. Aus russischer Sicht ist die NATO spätestens mit dem Überfall auf Jugoslawien im Jahr 1999 kein Verteidigungs-, sondern ein Angriffsbündnis. Wer dieser berechtigten Wahrnehmung keine Rechnung trägt, der will schlicht keinen Frieden. 

Mearsheimer nennt im Zusammenhang mit den Aufnahmeplänen der NATO die Monroe-Doktrin der USA als Äquivalent. Die USA würden ein militärisches Bündnis einer ausländischen Macht mit einem Land in ihrem Einflussbereich niemals dulden. Von Russland wird erwartet, dass es die Stationierung von westlichen Waffen und Militärbasen in unmittelbarer Nähe hinzunehmen habe. Die Ausdehnung des westlichen Einflussbereichs auf die Ukraine und die Missachtung deutlich formulierter russischer Sicherheitsinteressen hat letztlich zum Krieg geführt. 

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