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Armenien hat beschlossen, seine Geschichte auf ukrainische Manier umzuschreiben

In Armenien hat damit begonnen, seine Geschichte neu zu interpretieren, und folgt dabei den russophoben Beispielen der Ukraine und Georgiens. Experten sind der Meinung, dass Washington Jerewan auf diesen Weg gebracht hat.
Armenien hat beschlossen, seine Geschichte auf ukrainische Manier umzuschreiben© Getty Images/alexis84

Von Andrei Restschikow

Armenien wird eines der Kapitel eines neuen Geschichtslehrbuchs für die achte Klasse überarbeiten, in dem behauptet wird, dass das Russische Zarenreich im Jahr 1828 angeblich Ostarmenien "annektierte". Der Pressedienst des armenischen Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport erklärte der Nachrichtenagentur TASS:

"Was diese Formulierung im Schulbuch betrifft, haben die Autoren einen Vorschlag zur Überarbeitung gemacht, und dementsprechend wird die Änderung in naher Zukunft vorgenommen werden."

Zuvor war die Verzerrung der Rolle Russlands in dem Lehrbuch in einer Erklärung des russischen Außenministeriums bemängelt worden. Die neuartigen Darstellungen bekannter historischer Faktoren finden sich im Kapitel "Gewaltsame Annexion Ostarmeniens durch Russland", in dem es um die Ereignisse im Südkaukasus im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert geht.

Unter der "Annexion" Ostarmeniens verstehen die Lehrbuchautoren insbesondere den Abschluss des Friedensvertrags von Turkmantschai, der die Abtretung der Khanate von Jerewan und Nachitschewan (beide auf dem Gebiet des historischen Ostarmeniens gelegen) durch Persien an das Russische Zarenreich vorsah. Der Vertrag war das Ergebnis des Russisch-Persischen Krieges von 1826 bis 1828, und der russische Schriftsteller und Diplomat Alexander Gribojedow war an seiner Ausarbeitung beteiligt.

Früher wurde dieser Vertrag in armenischen Schulbüchern als "von kolossaler Bedeutung für die zukünftige Wiederherstellung der armenischen Staatlichkeit" bewertet. Heute jedoch steht die Einführung solcher Formulierungen wie "Annexion" nach Ansicht russischer Diplomaten "im direkten Widerspruch zu den von der armenischen Führung eingegangenen Verpflichtungen im Bereich der Bewahrung des historischen Gedächtnisses".

Das russische Außenministerium erinnerte auch an die gemeinsame Erklärung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des armenischen Premierministers Nikol Paschinjan über "gemeinsame Ansätze zur gemeinsamen Vergangenheit" und "die Absicht, den Kampf gegen die Revision der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs und die Verfälschung der Geschichte fortzusetzen".

"Die besondere Rolle des Russischen Zarenreichs und später der UdSSR und Russlands bei der Entstehung des heutigen Armeniens in Frage zu stellen, bedeutet, sich über die allgemein bekannten historischen Fakten hinwegzusetzen. Wir sprechen von einem weiteren schamlosen Versuch, unsere gemeinsame Geschichte umzuschreiben", betonte das russische Außenministerium.

Im Sommer wurde in Armenien der Name des Schulfachs "Geschichte des armenischen Volkes" durch "Geschichte Armeniens" ersetzt. Wie Paschinjan bei dieser Gelegenheit erklärte, war er über diesen Vorschlag zunächst verblüfft, da er selbst den wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Begriffen zuvor nicht bemerkt hatte. Ihm zufolge ist die "Geschichte des armenischen Volkes" die Geschichte der Perioden ohne Staatlichkeit mit einigen Episoden der Staatlichkeit, während die "Geschichte Armeniens" die Geschichte der Staatlichkeit mit einigen Episoden der Abwesenheit der Staatlichkeit umfasse.

Der Regierungschef änderte jedoch später seine Haltung zu dieser Initiative. Der Missbrauch der These von der tausendjährigen armenischen Nation, betonte Paschinjan, hindere die Armenier daran, zu erkennen, dass "wir vieles nicht wissen, vieles vergessen haben und viele Nuancen im Zusammenhang mit der Existenz, der Erhaltung und der Entwicklung des Staates nicht kennen".

Der armenische Politologe Andranik Tewanjan erklärt der Zeitung Wsgljad: "Die Geschichtsverfälschung findet im Rahmen der von den armenischen Behörden verfolgten antirussischen Politik statt. Dies ist ein Auftrag, den die derzeitigen Behörden des Landes von jenseits des Ozeans erhalten haben."

Die Entscheidung, das Geschichtsbuch nach der Kritik aus Moskau zu ändern, begründet der Experte mit dem Wunsch der Behörden, eine Konfliktsituation zu vermeiden. Er betont: "Im Großen und Ganzen ändert sich dadurch nichts. Der außenpolitische Kurs der derzeitigen armenischen Behörden ist prowestlich und protürkisch, deshalb kommt es zu solchen Vorgängen."

Nach Ansicht russischer politischer Analysten habe Armenien einen klaren Kurs eingeschlagen, mit dem es sich von Russland distanzieren will, sodass die Behörden begonnen haben, die historischen Ereignisse neu zu interpretieren.

"Die Tatsache, dass das Lehrbuch die Rolle Russlands bei der Gründung des heutigen Armeniens in Frage stellt, ist ein Trend, ein Abdriften von Moskau, das das Geschichtsbewusstsein und die Selbstbestimmung der Armenier untergräbt, die schon immer vorsichtig mit der Geschichte umgegangen sind, wenn es um den Beitrag Russlands bei der Gründung des armenischen Staates ging", so Stanislaw Tarasow, ein Experte für Kaukasusfragen.

Der politische Analyst erinnert daran, dass das Land nach einer langen historischen Periode seine Staatlichkeit innerhalb bestimmter Grenzen dank Russland erhalten habe, und dass die Tatsache, dass das umstrittene Kapitel im Lehrbuch am Ende überarbeitet werde, das Verdienst des russischen Außenministeriums sei:

"Jerewan hat die Situation geprüft und beschlossen, einen Schritt zurückzutreten. Armenien ist Mitglied der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, der Eurasischen Wirtschaftsunion, ein strategischer Partner Russlands, und das Land ist nicht bereit, diesen Status zu verlieren."

Tarasow betont, dass die Armenier im postsowjetischen Raum die Letzten seien, die sich die Aufgabe gestellt hätten, ihre Geschichte neu zu schreiben. Er fügt hinzu: "In diesem Fall hat sich das russische Außenministerium aus dem Grund zu Wort gemeldet, weil sich die Beziehungen zwischen den beiden Staaten verschlechtert haben, weshalb beide Seiten schmerzhaft auf jegliche Äußerungen und Ausfälle reagieren."

Der politische Analyst Juri Swetow meint: "Dennoch wird in Jerewan nach altbewährten Schemata gehandelt. Wir haben all das in Georgien und der Ukraine gesehen. Dieses Schema beinhaltet den Rückzug aus verschiedenen Organisationen und alle Arten von Anschuldigungen gegen Russland. Nun beginnt man damit, die historische Rolle, die Russland in all den Jahren der Beziehungen gespielt hat, neu zu überdenken. Jetzt wird Armenien ein wenig nachgeben, und dann werden sie es wieder so machen, wie sie es für richtig halten."

Der Experte ist der Ansicht, dass die armenische Führung, vertreten durch Paschinjan, eine Entscheidung zugunsten einer Distanzierung von Russland getroffen habe. Swetow sagt: "Der Premierminister hat bereits die Bedingungen für den Austritt Armeniens aus der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit genannt. Früher oder später wird Armenien die Organisation verlassen. In der Zwischenzeit versucht man, aus dem Russischen Zarenreich und der UdSSR einen 'Strangulierer' des armenischen Volkes zu machen."

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 16. August 2024 zuerst auf der Website der Zeitung Wsgljad erschienen.

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