International

F-16-Kampfjets für die Ukraine: Kein Vorteil für Kiew gegen Moskau

Kiew kann mit einer baldigen Lieferung von F-16 Kampfflugzeugen rechnen, wie die Zeitung The Washington Post mitteilt. Vertreter der Ukraine und aus verbündeten Ländern bezweifeln aber, inwieweit die F-16-Flugzeuge der Ukraine helfen werden.
F-16-Kampfjets für die Ukraine: Kein Vorteil für Kiew gegen Moskau© Simon Wohlfahrt / AFP

Kiew legt Hoffnung auf die vom Westen versprochenen F-16-Kampflugzeuge. Die lang erwarteten Kampfjets aus US-Produktion sollen in den kommenden Wochen an die Ukraine geliefert werden, hat die Zeitung The Washington Post am Sonntag mitgeteilt. Allerdings warnen ukrainische und westliche Offizielle, dass sich die Situation am Himmel über der Kampfzone wohl kaum verbessern werde, so die Zeitung.

Grund dafür sei die geringe Anzahl der gelieferten F-16. Die russischen Streitkräfte verfügten über ausreichende Luftabwehrsysteme, um diese abzuschießen. Daher werde die Ukraine die Kampfjets eher gegen russische Luftziele wie Raketen, Drohnen und Flugzeuge einsetzen, anstatt für Angriffe auf eindringende russische Bodentruppen oder militärische Einrichtungen nahe der Front, schrieb das Blatt.

Belgien, Dänemark, die Niederlande und Norwegen haben zugesagt, der Ukraine insgesamt 80 F-16 bereitzustellen. Die meisten davon könnten jedoch erst in einigen Jahren eintreffen, berichtete The Washington Post.

Anfang Juli kündigte die Biden-Administration die Lieferung von F-16 an. Jake Sullivan, der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, wies darauf hin, dass die Kampfflugzeuge auf ukrainischem Territorium stationiert sein würden, lehnte jedoch ab zu präzisieren, wie viele Flugzeuge insgesamt nach Kiew geliefert werden sollen.

Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hat seinen Verbündeten bereits zum Vorwurf gemacht, dass die ukrainischen Luftstreitkräfte die versprochenen F-16-Kampfjets noch nicht erhalten haben. "Es sind 18 Monate vergangen und die Flugzeuge haben uns immer noch nicht erreicht". Die Ukraine brauche diese Kampfjets, um die Russlands Dominanz am Himmel zu brechen, so Selenskij.

Obwohl die Anzahl der versprochenen Jets nicht angegeben wurde, werde Kiew dieses Jahr nicht mehr als 20 F-16 bekommen, was einer Staffel entspreche, berichtete die Zeitung. Außerdem erwartet man, dass nur sechs ukrainische Piloten ihre Ausbildung an F-16 bis Ende des Sommers abschließen werden.

Diese Situation erhöht die Spannungen zwischen der ukrainischen Führung und den westlichen Verbündeten. US-Beamte hatten schon seit langem ihre Zweifel zum Ausdruck gebracht, dass die F-16 wegen der starken russischen Luftabwehr keine entscheidende Rolle auf dem Schlachtfeld spielen werden. Darauf erwiderte Kiew, der Westen habe zu wenige der Kampfjets und diese darüber hinaus auch zu spät bereitgestellt, so die Zeitung.

Auf dem NATO-Gipfel in Washington hatte Selenskij 128 F-16-Kampfjets gefordert, was seiner Meinung nach der Gesamtzahl der Jets entspreche, über die die Verbündeten verfügten.

Die Lieferung von sechs bis zwölf F-16-Kampfflugzeugen wird es den ukrainischen Streitkräften allerdings nicht ermöglichen, die Situation an der Front zu verändern. Daher will die ukrainische Führung mehr Flugzeuge von diesem Typ auf einmal erhalten, erklärte Michail Podoljak, der Berater des ukrainischen Präsidialamts, in einem Interview mit dem ukrainischen Sender 24 Kanal. "Die Frage ist die Anzahl der Flugzeuge. Wenn sie von sechs bis zwölf F-16-Flugzeuge haben, werden diese den Ablauf der Ereignisse an der Frontlinie nicht wesentlich beeinflussen. Aber um strategisch Einfluss zu nehmen, braucht man 128 bis 130 Flugzeuge."

In dem Artikel weist Zeitung darauf hin, dass der Westen die Einschränkungen zum Einsatz der F-16 nicht offengelegt habe. In anderen Fällen könne die Ukraine nur begrenzt westliche Waffen einsetzen, um Ziele in Russland zu treffen.

Das Weiße Haus habe Kiew die Erlaubnis erteilt, die von den USA gelieferten Waffen gegen militärische Ziele der russischen Armee, die sich bis zu 100 Kilometer tief auf russischem Territorium befinden, einzusetzen. Dies teilte die Zeitung The Washington Post Ende Juni mit Bezugnahme auf zwei namentlich nicht genannte ukrainische Beamte mit. Diese Genehmigung gelte allerdings nicht für Angriffe auf wichtige Flugplätze der russischen Streitkräfte.

Vertreter der US-Regierung lehnten es ab, die Begrenzung zu präzisieren, sagten aber gegenüber der Zeitung, dass die Behauptung der ukrainischen Seite über eine Begrenzung der Reichweite der Amgriffe auf unter 100 Kilometer nicht den Tatsachen entspreche.

"Die USA haben der Ukraine zugestimmt, die von den USA bereitgestellten Waffen über die Grenze hinweg auf Ziele auf russischem Gebiet abzufeuern, von wo aus die russischen Streitkräfte ukrainisches Territorium anzugreifen versuchen", teilte Pentagonsprecher Major Charlie Dietz mit. Es gehe nicht um Geografie oder einen bestimmten Radius, aber wenn Russland von seinem Territorium aus die Ukraine angreife oder angreifen wolle, "hat die Ukraine die Möglichkeit, gegen die Streitkräfte zurückzuschlagen, die von jenseits der Grenze angreifen", so Dietz.

Obwohl Kiew nicht den Eindruck erwecken wolle, dass Vertreter der Ukraine ihren Verbündeten in Washington öffentlich widersprächen, sei es offensichtlich, dass das ukrainische Militär nicht glaube, dass Kiew über eine solche Handlungsfreiheit verfüge, so die Zeitung. "Wegen der Luftabwehr werden wir die Waffen nicht zu nah an den Russen einsetzen", erklärte ein namentlich nicht genannter ukrainischer Beamter gegenüber der Zeitung. Der Ukraine mangele es an technischer Ausrüstung und ausreichend ausgebildeten Piloten, fügte er hinzu.

Vergangene Woche erklärte der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte Alexander Syrski im einem Interview mit der Zeitung The Guardian, dass die ukrainische Armee die F-16-Kampfjets effektiv gegen russische Marschflugkörper und russische Bodenziele einsetzen könnte. Trotzdem seien den Möglichkeiten der F-16 Grenzen gesetzt, betonte er. Diese müssten "40 Kilometer oder mehr" von der Frontlinie entfernt bleiben, da die Gefahr bestehe, dass die russischen Streitkräfte sie abschießen würden.

Auch der Schutz der F-16 bereite den ukrainischen Luftstreitkräften Probleme, da sämtliche ihrer Flugplätze in der Reichweite russischer Raketen lägen, berichtete The Washington Post weiter. Für Kiew sei es unmöglich, überdachte Betonhangars für den völligen Schutz der Flugzeuge zu errichten, sagte ein ukrainischer Militär gegenüber der Zeitung.

Zudem beklagten sich ukrainische Offizielle und Militärpiloten schon seit langem über die veralteten, im Einsatz befindlichen MiG-29-, Su-27- und Su-24-Flugzeuge. Und obwohl die F-16-Jets moderner seien, handele es sich trotzdem um Kampfflugzeuge einer älteren Generation im Vergleich zu Russlands neueren, moderneren Kampfflugzeugen, schrieb das Blatt.

Der Kreml kritisiert die Lieferungen der F-16-Kampfjets in die Ukraine. Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte, die F-16 würden "verbrennen wie die vom Westen gelieferten Panzer". Sollten die F-16 von Flugplätzen in Drittländer gegen die russischen Streitkräfte eingesetzt werden, würden diese Kampfjets für die russische Armee zu legitimen Zielen, so Putin.

Moskau werde jede Modifikation der von der Ukraine erhaltenen Kampfjets als Träger von Atomwaffen betrachten, warnte das russische Außenministerium. Die Lieferung der Flugzeuge werde Russland als "gezielte Provokation" seitens der USA und der NATO ansehen.

Mehr zum Thema – NATO-Gipfel: Biden verspricht Kiew volle Unterstützung

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.