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Nach Vermittlung durch den Papst: Bischof der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche nach Russland abgeschoben

Ein seit 1961 in der Ukraine lebender und seit 1989 als Bischof wirkender orthodoxer Geistlicher ist auf Vermittlung von Papst Franziskus aus einem Gefängnis in der Ukraine entlassen und nach Russland abgeschoben worden. Vergangenes Jahr hatte ihn ein ukrainisches Gericht zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Nach Vermittlung durch den Papst: Bischof der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche nach Russland abgeschobenQuelle: RT © Pressedienst der Diözese Tultschin und Brazlaw

Am Sonntag wurde bekannt, dass der Metropolit Jonathan (Ionafan) der Diözese Tultschin der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) aus einem ukrainischen Gefängnis entlassen und nach Russland abgeschoben wurde. Im vergangenen Jahr hatte ein ukrainisches Gericht den Geistlichen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil er "die territoriale Integrität verletzt und die russische Aggression gerechtfertigt" haben soll. Tatsächlich handelte es sich um die Verbreitung religiöser Texte, die der Anklage zugrunde lagen.

Der Metropolit selbst bekannte sich nicht schuldig und bezeichnete die Anschuldigungen als Provokation. Am 19. März erlitt er im Gefängnis einen Schlaganfall. Seine Freilassung wurde möglich, nachdem der Moskauer Patriarch Kirill Papst Franziskus um Vermittlung gebeten hatte. Metropolit Jonathan wurde am 22. Juni freigelassen und nach Russland abgeschoben, allerdings wurde ihm dabei die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen. Er wird demnächst zur Behandlung und Rehabilitation in Moskau erwartet, so die offizielle Mitteilung des Moskauer Patriarchats.

Der 1949 im russischen Woronesch geborene Bischof, der mit weltlichem Namen Anatoli Jelezkich heißt, lebte seit 1961 in Kiew, studierte und promovierte in der Studienrichtung Theologie von 1970 bis 1978 in Leningrad und wirkte seit 1987 als Geistlicher in der Ukraine, seit 1989 im Rang eines Bischofs. 

Im Rahmen der aktuellen Welle der Kirchenverfolgung in der Ukraine sind bereits zahlreiche ukrainisch-orthodoxe Geistliche und mehrere hochrangige Bischöfe unter unterschiedlichsten und zum Teil absurden Vorwänden inhaftiert worden. Im August 2023 war der Metropolit von Winniza, Ionafan, zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt worden, weil er "prorussische Texte" verbreitet habe. Seit Juli 2023 befindet sich der Abt des bekanntesten Klosters der Ukraine, des Kiewer Höhlenklosters, Metropolit Pawel (Paul), in Untersuchungshaft. Er soll in seinen Predigten Anhänger anderer Religionen "diskriminiert" haben. Am 30. Januar 2024 wurde ein ukrainisch-orthodoxer Priester wegen "Leugnens der russischen Aggression" zu zwei Jahren Freiheitsentziehung verurteilt. Im Westen der Ukraine wurden vor Kurzem zwei Geistliche wegen "Verbreitens kommunistischer Propaganda" verhaftet. Sie hatten Bilder geteilt, die an den Sieg der sowjetischen Armee über den Hitlerfaschismus erinnerten.

Das sind nur einige Beispiele von Hunderten. Seit dem Sieg des nationalistischen Maidan im Februar 2014 steht die kanonische Ukrainisch-Orthodoxe Kirche wegen ihrer traditionellen, wenn auch in letzter Zeit eher symbolischen Zugehörigkeit zum Moskauer Patriarchat (die UOK ist seit 1990 mit weitgehender Selbstverwaltung ausgestattet) unter massivem Druck. Zwei Abspaltungen wurden von den neuen Machthabern seitdem unverhohlen bevorzugt und mit staatlichen Mitteln bedacht, etwa im Rahmen der Einführung der Militärkapläne. Ungehindert, zum Teil sogar mit staatlicher Unterstützung, ergreifen Anhänger der Abspaltungen unter Einsatz von Gewalt Besitz von Kirchen und verdrängen die traditionellen Gemeinden.

Ende 2018 waren die Abspaltungen unter der Schirmherrschaft des damaligen Präsidenten Poroschenko zur offiziellen "Orthodoxen Kirche der Ukraine" vereinigt worden, die 2019 von dem Patriarchen von Konstantinopel als "unabhängig" anerkannt wurde. In der orthodoxen Weltkirche ist dieser Akt umstritten und wird teilweise als ein nicht kanonischer Eingriff in den Hoheitsbereich des Moskauer Patriarchen verurteilt. Nur vier der 15 orthodoxen Weltkirchen haben die "Orthodoxe Kirche der Ukraine" anerkannt. Unter ukrainischen Gläubigen hat die Neugründung bislang nur beschränkte Anerkennung.

Seit 2018 gibt es wiederholt Bestrebungen und politische Initiativen, die Klöster der Ukraine an die neu gegründete Nationalkirche zu übertragen. Wladimir Selenskij, der sich in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit sichtbar aus dem konfessionellen Konflikt heraushielt, hat sich nach Beginn der russischen militärischen Intervention im Februar 2022 offen dazu bekannt, die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche vernichten zu wollen.

Inzwischen wurde die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche aus ihrem traditionellen Sitz im Kiewer Höhlenkloster vertrieben. Gegen den Abt des Klosters läuft seit einem Jahr ein Strafverfahren. Zahlreiche andere Geistliche wurden wegen ihrer Predigten verhaftet. Im ukrainischen Parlament befindet sich ein Gesetz im Gesetzgebungsverfahren, das ein faktisches Verbot der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche bewirken wird.

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