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Der 5-Minuten-Denkzettel: Russlands Seekriegsflotte übt vor der Ostküste der USA

Wenn gute Worte allein nicht reichen, weil man dem russischen Präsidenten vielleicht nicht zuhören wollte, dann helfen gute Worte eventuell, wenn sie von materiellen Argumenten flankiert werden, etwa solchen, wie sie gerade im kubanischen Havanna ankern. Auch heute ist Russland keineswegs nur eine Regionalmacht in Osteuropa.
Der 5-Minuten-Denkzettel: Russlands Seekriegsflotte übt vor der Ostküste der USA© RIA Nowosti / durch KI generiert

Von Wiktorija Nikiforowa

Während der russische Präsident Putin dem Westen jüngst noch einmal die Bedingungen für einen Frieden im Ukraine-Konflikt erklärte, manövrierten gleichzeitig Kriegsschiffe der russischen Nordflotte nur 180 Kilometer vor Florida. Das ist etwa die gleiche Entfernung wie zwischen Moskau und Kaluga.

Dieses Signal wurde schnell und richtig verstanden. Zuerst gerieten die Briten in Panik. Als am 5. Juni die Fregatte "Admiral Gorschkow", das Atom-U-Boot "Kasan", das Tankschiff "Akademik Paschin" und der Marinerettungsschlepper "Nikolai Tschiker" die britischen Inseln passierten, wurde das ständige Hauptquartier der britischen Marine in Northwood sofort darüber informiert. Von dort wurde Premierminister Rishi Sunak eilig benachrichtigt. Dieser traf sich dann umgehend mit seinem Verteidigungsminister Grant Shapps.

Ein Vertreter des britischen Northwoods-Hauptquartiers in Eastbury nahe London klagte, dass sich russische Kriegsschiffe so oft in der Nähe der britischen Küste aufhielten, "um nach unseren Schwachstellen zu forschen". Britische Boulevardzeitungen jammerten über die angebliche russische Bedrohung und erinnerten daran, dass die atomgetriebenen U-Boote der Jassen-M-Klasse (das Atom-U-Boot "Kasan" gehört zu dieser Klasse) als "die tödlichsten U-Boote der Welt" gelten.

Anschließend begaben sich die russischen Schiffe in den Atlantik und näherten sich bis auf 25 Seemeilen der US-amerikanischen Ostküste. Daraufhin reagierte auch der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan mit einer Erklärung, die USA würden die russischen Kriegsschiffe im Auge behalten.

Bis zum 12. Juni hatten die Fregatte "Admiral Gorschkow" und das Atom-U-Boot "Kasan" den Einsatz von Präzisionswaffen und Maßnahmen zur Luftverteidigung in der Nähe der US-Küste geübt. Und am 12. Juni, dem Tag Russlands, ankerte unsere Flottille schließlich in Havanna auf Kuba. Ein großer Andrang Schaulustiger verfolgte die Fregatte "Admiral Gorschkow". Es wurden Selfies mit dem Kriegsschiff als Kulisse fotografiert, russische Flaggen wehten am Himmel und unsere Nationalhymne wurde intoniert. Zur gleichen Zeit traf der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow in Moskau zusammen und bekundete ihm die volle Unterstützung Kubas für Russland in der aktuellen Konfrontation mit dem NATO-Block.

In Moskau wurde mehrmals betont, dass diese Manöver der russischen Kriegsschiffe in der Nähe der Grenzen der USA keine Bedrohung darstellen sollen. Es handele sich um Routineübungen, die Russland als größte Seemacht regelmäßig in verschiedenen Regionen der Weltmeere durchführt.

Selbst den westlichen Politikern, die durch ihre eigenen Rufe "Die Russen kommen!" für Warnungen nahezu taub geworden sind, wurde klar, dass der Zweck dieser militärischen Expedition nicht darin bestand, irgendwohin zu ballern. Vielmehr hatte unsere Seekriegsflottille eine andere Aufgabe: die Schwachstellen der angelsächsischen Raketenabwehr zu demonstrieren.

Das erklärt auch die nervöse Reaktion der Briten und US-Amerikaner auf unsere Übungen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion rechneten sie nicht mehr mit der eventuellen Möglichkeit einer realen nuklearen Konfrontation mit einem Gegner von vergleichbarer Stärke. Sie hatten – salopp gesagt – keine Angst mehr, dass sie selbst irgendjemand noch ernsthaft treffen könnte.

Die Briten stellten jedoch bei der jüngsten Überprüfung ihrer Raketenabwehr fest, dass ihre Insel vor modernen Raketen praktisch ungeschützt ist, und fordern in plötzlicher Panik nun ein analoges System wie Israels Iron Dome. Dabei gibt es jedoch immer noch zwei Probleme. Das erste ist, dass sie dafür nicht das nötige Geld haben. Das zweite ist, dass der legendäre Iron Dome die Israelis offenbar nicht vor dem Angriff durch die Hamas im letzten Jahr schützen konnte, die mit kostengünstigen Drohnen und selbstgebauten Raketen erfolgreiche Attacken durchführten.

Und wie sieht es mit der US-Raketenabwehr aus? Die populäre Mythologie besagt ja, dass die Waffen der USA alle "super-duper" seien, wie es der vormalige Präsident Trump einst ausdrückte. Dennoch errechnete das US-Militär selbst, dass die Effektivität – etwa ihres angepriesenen strategischen US-Raketenabwehrsystems GMD (Ground-Based Missile Defence) – nur 50 Prozent beträgt. Mit anderen Worten: dieses Raketenabwehrsystem funktioniert so, wie es in der Anekdote von der Blondine und dem Dinosaurier geschildert ist – entweder es fängt Raketen ab oder eben nicht.

In Alaska gibt es 44 solche GMD-Komplexe, und in Kalifornien, an der Südgrenze des Landes, gibt es nur 4 davon. Allerdings wurden alle US-Raketenabwehrsysteme zu einer Zeit entwickelt, als Hyperschallwaffen nur ein Traum waren. Heute verfügen sowohl Russland als auch China über ein komplettes Sortiment an Hyperschallwaffen.

Sowohl die Fregatte "Admiral Gorschkow" als auch das Atom-U-Boot "Kasan" sind mit Atomwaffen bestückt, aber die "Zirkon"-Marschflugkörper könnten auch ohne nukleare Gefechtsköpfe abgefeuert werden – und so oder so ist es höchst zweifelhaft, dass sie von den USA abgefangen werden können. Was die Briten betrifft, so können die sie zweifellos nicht abfangen.

Natürlich ist das alles kein Säbelrasseln, sondern lediglich eine Erinnerung für unsere Kontrahenten, mit wem sie es beim heutigen Russland zu tun haben. Das ist keineswegs mehr das demoralisierte Land der 1990er Jahre. Es hat heute alle Möglichkeiten, eine souveräne, unabhängige Politik zu verfolgen – sowohl diplomatisch, wirtschaftlich und auch militärisch.

Wenn sich westliche Politiker über die Machtbalance nicht im Klaren sind – und es gibt viele Fragen zu ihren kognitiven Fähigkeiten –, könnten US-amerikanische und britische Militärs ihren politischen Vorgesetzten vielleicht auf verständliche Weise klarmachen, was ihren Ländern im Falle eines umfassenden Konflikts mit Russland droht.

Der US-amerikanische Politikwissenschaftler Gilbert Doctorow erklärt es im Klartext so:

"Indem Putin russische Schiffe in die Karibik schickt, macht er dem Westen eine direkte Ansage: wenn die Vereinigten Staaten ihre Raketen in einem Umkreis von zehn bis zwanzig Minuten Anflugzeit bis Moskau oder Sankt Petersburg stationieren,... kann Russland seine Sprengköpfe in der Karibik stationieren – mit fünf bis zehn Minuten Anflugzeit bis Washington. Die USA hätten keine Zeit für Gegenmaßnahmen, und diese Raketen könnten nicht abgewehrt werden".

Heute ankert unsere Flottille vor Kuba. Man hat das Gefühl, als könnten wir mit guten Worten samt den russischen Zirkon-Marschflugkörpern bei den US-Amerikanern etwas mehr erreichen als nur mit guten Worten.

Der Artikel ist übersetzt aus dem Russischen und zuerst auf RIA Nowosti erschienen am 17. Juni 2024.

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