International

Stoltenberg stellt sich auf Seite von Scholz: Kein NATO-Luftabwehrschirm über Westukraine

Jens Stoltenberg hat Forderungen aus Kiew und Berlin eine Absage erteilt, von NATO-Gebiet aus den Luftraum über der Westukraine zu schützen. Damit hat sich der NATO-Generalsekretär auf die Seite von Olaf Scholz gestellt, der die auch in Deutschland lauter werdenden Forderungen nach einem solchen Luftabwehrschirm als unvernünftig zurückweist.
Stoltenberg stellt sich auf Seite von Scholz: Kein NATO-Luftabwehrschirm über Westukraine© Bernd Elmenthaler/IMAGO

Der NATO-Generalsekretär erteilte Forderungen aus Kiew und aus Deutschland eine Absage, von NATO-Territorium aus die Luftabwehr über der Westukraine zu übernehmen, um russische Raketen und Drohnen abzuschießen.  

"Während wir unsere Unterstützung für die Selbstverteidigung der Ukraine hochfahren, gibt es keine Pläne, NATO-Truppen in die Ukraine zu schicken oder den NATO-Schutzschirm für Luftverteidigung auf die Ukraine auszudehnen. Die NATO wird nicht Teil des Konfliktes werden", sagte Stoltenberg gegenüber der Welt.

Vergangene Woche hatte der ukrainische Präsident die USA und ihre Verbündeten aufgefordert, russische Raketen abzuschießen. Dies könnte etwa von Polen oder Rumänien aus mithilfe von Patriot-Batterien geschehen. In einem Gespräch mit der New York Times erklärte Wladimir Selenskij, er sehe kein Problem mit einem solchen NATO-Engagement, und behauptete, dass dies nicht mit einem "Angriff auf Russland" gleichzusetzen sei.

"Schießt man russische Flugzeuge ab und tötet russische Piloten? Nein", argumentierte er. Selenskij wies auch darauf hin, dass die USA und Großbritannien im vergangenen Monat iranische Raketen und Drohnen über Israel abgeschossen hätten. Sowohl Washington als auch London hatten jedoch erklärt, dass die beiden Szenarien nicht vergleichbar seien.

In einigen EU-Ländern gibt es jedoch Befürworter eines solchen Unterfangens, das das Risiko einer massiven Eskalation in sich birgt. So hatte am Mittwoch der Sprecher des polnischen Außenministeriums, Paweł Wroński, gegenüber ukrainischen Medien erklärt, sein Land prüfe "aus rechtlicher und technischer Sicht" die Möglichkeit, seine Luftabwehrsysteme zum Abschuss russischer Raketen über ukrainischem Gebiet einzusetzen. Der hochrangige Diplomat beeilte sich jedoch hinzuzufügen, dass noch keine Entscheidung getroffen worden sei.

Vor allem in Deutschland mehren sich die Stimmen, die diesen Pfad der Eskalation beschreiten wollen. Angestoßen wurde die Debatte in Deutschland vor einem Monat von dem Militärexperten Nico Lange. Der "Senior Fellow der Münchner Sicherheitskonferenz" hatte ebenfalls auf das israelische Szenario als Begründung verwiesen. Lange, der bis 2022 dem Leitungsstab des Bundesverteidigungsministeriums angehörte, forderte einen "Strategiewechsel" in Bezug auf den Konflikt mit Russland ‒ und ein direktes Eingreifen der NATO: 

"Die Partner sollten mit den zahlreichen 'Patriot'-Systemen an unseren Ostgrenzen ab jetzt alle russischen Raketen und Drohnen über der Ukraine abschießen, die sie in Reichweite haben."

Sowohl Vertreter der Ampel-Parteien als auch der Opposition hatten sich in den letzten Tagen und Wochen dieser Forderung angeschlossen, die SPD-Bundestagsfraktionschef Rolf Mützenich als "brandgefährlich" bezeichnete

Erst am vergangenen Wochenende bekräftigte der CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter die Forderung, die NATO solle die Luftabwehr über dem Westen der Ukraine übernehmen. "Eine Koalition der Willigen könnte ihre eigene Luftabwehr in einem Korridor von 70 bis 100 Kilometern auf das westliche Territorium der Ukraine ausdehnen. So würden die Streitkräfte der Ukraine an dieser Stelle entlastet ‒ sie könnten sich auf die Luftverteidigung weiter östlich im Land konzentrieren", so Kiesewetter gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung

Olaf Scholz hatte bereits zuvor diesen Vorschlag als leichtsinnig und gefährlich zurückgewiesen. Bei einer SPD-Wahlkundgebung am Pfingstwochenende sagte der Bundeskanzler: "Und immer wieder gibt es welche, die sagen: Das soll man machen, und jenes soll man machen! Ich habe das Gefühl, mit dem Schaum vorm Mund spricht es sich nicht besser! Es ist keine Vernunft da drin und nichts, was irgendeinen Sinn macht!"

Scholz sagte zudem, dass ihn die gegenwärtige Diskussion an die "Debatten über No-Flight-Zonen" vor zwei Jahren erinnere, in denen "Kampfflugzeuge europäischer Länder" sicherstellen sollten, dass keine russischen Bomber ukrainischen Luftraum durchfliegen. 

Zudem gab es bereits Ende 2022 Überlegungen, den ukrainischen Luftraum von NATO-Gebiet aus zu schützen. Laut damaligen Berichten, die durch die Medien geisterten, habe Deutschland die Stationierung von Patriot-Luftabwehrraketen an der polnisch-ukrainischen Grenze in Erwägung gezogen, um den Luftraum über der Westukraine zu schützen.

Doch die damaligen Pläne, so sie denn überhaupt bestanden haben, wurden schnell wieder fallen gelassen. Und der Kanzler hofft, dass auch die jetzige Debatte möglichst bald im Sande verläuft. Denn während Scholz betont, dass es zwar wichtig sei, Kiew weiterhin zu unterstützen, dürfe aber weder Deutschland noch die EU oder die NATO zu einer Konfliktpartei werden, da eine solche Entwicklung eine "unvorhersehbare Reaktion" Moskaus auslösen könnte.

Mehr zum Thema ‒ NATO-Generalsekretär Stoltenberg: Ukraine sollte Russland mit westlichen Waffen angreifen dürfen

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.