Selenskij: Ukraine habe Plan für weitere Gegenoffensive, brauche aber mehr Waffen
Neue Lieferungen westlicher Militärtechnologie könnten Kiew ermöglichen, eine neue Gegenoffensive gegen Russland zu starten. Dies erklärte der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij in einem Interview mit der deutschen Bild-Zeitung. Gleichzeitig führte er dazu aus, dass die dem Land derzeit zur Verfügung stehenden Waffen nicht ausreichend seien.
"Als Erstes müssen wir uns verteidigen können. Die Luftabwehrsysteme, die wir haben, reichen nicht aus."
Er äußerte die Hoffnung, dass Kiew auch moderne Technologien für die Waffenproduktion erhalten könne, denn "es geht um die Qualität der Waffen".
"Ja, Russland hat mehr Menschen, mehr Waffen. Aber die modernen Waffensysteme hat der vereinigte Westen. Und wenn wir die Produktion weiter steigern, wenn wir von unseren Partnern Lizenzen bekommen, dann geht es nicht um die Anzahl der Menschen."
Darüber hinaus räumte Selenskij ein, dass eine Niederlage der Ukraine im Konflikt mit Russland möglich erscheine, wenn die USA das neue Waffenpaket nicht freigeben. Die ukrainischen Streitkräfte würden stetig zurückweichen, solange die Vereinigten Staaten Kiew nicht die notwendige militärische Hilfe zukommen lassen.
"Unsere Partner haben bestimmte Waffen, die wir heute brauchen, um zu überleben. Und ich verstehe einfach nicht, warum wir diese Waffen nicht bekommen."
Zuvor sagte er, dass es für die Ukraine ohne verteidigungspolitische Unterstützung durch den Kongress, der eine Strategie zur Unterstützung Kiews verabschieden sollte, schwierig sein werde, ein unabhängiger Staat zu bleiben. Die Ukraine sei auch bereit, Militärhilfe von den Vereinigten Staaten in Form eines Darlehens anzunehmen, da Kiew keine andere Wahl habe. Moskau verurteilte unterdessen die Militärhilfe für Kiew und betonte, dass diese den Konflikt nur verlängere.
Auf die Möglichkeit eines Einfrierens des Konflikts angesprochen, schloss Selenskij ein solches Szenario nach wie vor aus und behauptete, Russland werde diese Pause nur nutzen, um neue Angriffe vorzubereiten.
"Natürlich, ein Teil der Menschen wird sich freuen. Die Welt wird sagen:
'Ja, es ist uns gelungen, den Konflikt einzufrieren, die Raketen fliegen nicht mehr.'
Das wird nur bis zu dem Moment andauern, bis Russland die Produktion und die Vorräte von Militärtechnik, Raketen, Drohnen einfach vergrößert und alle Fehler analysiert hat, die es am Anfang gemacht hat."
Die Selenskij-Regierung lehnt es ab, mit Russland zu verhandeln, solange Präsident Wladimir Putin an der Macht bleibe, und werde keinen Ausgang des Konflikts akzeptieren, der nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung der ukrainischen Grenzen von vor 2014 führe. Man könne sich "auf alles einigen, aber es geht darum, ob er sich daran halten wird".
"Wir haben es hier mit Putin zu tun. Wenn du dich nicht verteidigen kannst, wird er noch mehr zerstören. Sein Wunsch ist es, die gesamte Ukraine einzunehmen."
Trotz der schwierigen Lage der ukrainischen Streitkräfte zeigte sich Selenskij entschlossen, die Gebiete zurückzuerobern, die jetzt zu Russland gehören. Der ukrainische Staatschef hatte sich jedoch bereits im vergangenen Jahr im Vorfeld des gescheiterten Versuchs der Ukraine, das 2022 an Moskau verlorene Gebiete zurückzugewinnen, ähnlich geäußert. Obwohl seine Streitkräfte derzeit auf dem Schlachtfeld zurückgedrängt werden, hofft Selenskij, das Blatt noch wenden zu können.
Als die Ukraine eine Gegenoffensive im vergangenen Jahr unternahm, erwartete man, dass die vom Westen ausgebildeten und bewaffneten Truppen die russischen Verteidigungslinien durchbrechen und einen großen Sieg erringen würden. Sie erzielten jedoch nur geringfügige Gebietsgewinne auf Kosten Zehntausender ukrainischer Soldaten und erschöpften ihre Waffenvorräte.
Russland schätzte die militärischen Verluste der Ukraine zwischen Anfang Juni und Ende Oktober 2023 auf etwa 90.000 Soldaten, 600 Panzer und 1.900 andere gepanzerte Fahrzeuge.
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