"Gecancelt"? Walt Disney streicht Oscar-Preisverleihung für ukrainische Kriegsdoku aus TV-Fassung
Von Wladislaw Sankin
Der Film "20 Tage in Mariupol" ist im Wesentlichen nur ein Zusammenschnitt aus den 30 Stunden Rohmaterial, das der ukrainische Filmemacher Mstislaw Tschernow in den ersten 20 Tagen der Belagerung der Stadt durch russische Truppen im Jahr 2022 gedreht hatte. Die "Drehorte" ergaben sich aus der höchst dramatischen Situation, als es für Zehntausende Einwohner unmöglich wurde, aus der umkämpften Stadt zu fliehen: Krankenhäuser, Keller, geplünderte Geschäfte, leere Straßen und improvisierte Friedhöfe, wo die Opfer des Beschusses bestattet wurden. Das häufigste Motiv im Film sind Rettungseinsätze und der Kampf der Mediziner um Menschenleben. Mehrfach geht dieser Kampf verloren, und auch das dokumentiert die Kamera. Es macht den Film zu einem höchst emotionalen Erlebnis.
Mitte März 2022 schaffte es das Drehteam, auf Umwegen aus der Stadt zu fliehen. Später stellte es in Co-Produktion mit dem SWR eine anderthalbstündige Doku zusammen. Der Film wurde in diesem Jahr für den Oscar nominiert und bereits im Vorfeld am 19. Februar bei ARD ausgestrahlt. Nun bekam der Film in der Nacht zu Montag den Oscar für die beste Dokumentation. Die deutschen Medien nutzten das Ereignis erwartungsgemäß für antirussische Propaganda. Der Film dokumentiere "die Gräueltaten der russischen Invasion", schreibt der SWR. Auch Selenskij wird zitiert: Der Film sei "wichtig für unser ganzes Land".
Doch dann passierte etwas, was in der Ukraine keiner erwartet hatte. Am Montagabend sollte die internationale Kurzfassung auf dem Fernsehsender Suspilne Kultura ausgestrahlt werden. Aber nachdem das Team vonseiten der Organisatoren das Material für die Ausstrahlung erhalten hatte, musste es feststellen, dass darin die Zeremonie mit der Auszeichnung des ukrainischen Dokumentarfilmers fehlte. Und ebendiese gekürzte TV-Version wurde auf der ganzen Welt nachträglich ausgestrahlt, nachdem das Live in der Nacht zum Montag gelaufen war.
Die Gründe für die Kürzung bleiben vorerst unbekannt. Das Suspilne-Team zeigte sich empört und schrieb an die Organisatoren der aktuellen Preisverleihung, The Walt Disney Company Limited, eine in der Presse veröffentlichte Nachricht. Diese wird mit folgendem Wortlaut zitiert:
"Unser Team war schockiert und zutiefst enttäuscht, dass die Kategorie 'Bester Dokumentarfilm' in der internationalen Version nicht berücksichtigt wurde, wo der Film '20 Tage in Mariupol' den verdienten Preis erhielt. Mstislaw Tchernows eindringliche Rede betonte die Einheit zwischen der Ukraine und der Welt – umso mehr schmerzt es, dass diese Episode voller Wahrheit und Kraft aus der Fassung ausgeschlossen worden ist, die an die weltweite Oscar-Lizenznehmer verteilt wurde."
Im letzten Jahr war der Oscar in der Kategorie "Dokumentarfilm" an eine Dokumentation über den damals inhaftierten Kreml-Gegner Alexei Nawalny gegangen. Vertreter seines Teams, seine Frau und Kinder kamen auf die Bühne und nahmen die Oscar-Statue entgegen. Julia Nawalnaja, die nun eine politische Karriere im Westen anstrebt, hatte eine kurze Rede gehalten – Nawalny kämpfe für die Demokratie, und Russland werde frei sein. Diese Episode zeigte eindrücklich, wie sehr politisch motiviert die Oscar-Vergabe inzwischen ist.
Aber auch das "Canceln" des ukrainischen Teils bei der diesjährigen Verleihung könnte durchaus einen politischen Hintergrund haben. Die Übereinkunft, dass ein Oscar zum ersten Mal in der Geschichte an einen ukrainischen Film geht, könnte schon Monate im Voraus getroffen worden sein, als die Ukraine von den USA noch vollumfänglich unterstützt wurde. Mittlerweile macht Washington aber sehr deutlich, dass es die Unterstützung der Ukraine mit Geld und Waffen möglicherweise bald ganz einstellen wird. Da passt solch ein werbewirksames Zeichen der Anerkennung wie die Oscar-Verleihung nicht so recht ins Bild.
Mehr zum Thema - Alternative zum russophoben Mainstream: Neuer YouTube-Kanal zeigt russische Dokus auf Deutsch
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.