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Deutsche Medien zum BRICS-Gipfel: Das Konzept nicht verstanden

Der BRICS-Gipfel in Südafrika lässt sich nicht ignorieren. In ihrer Berichterstattung zeigen die Medien des deutschen Mainstreams aber, dass sie das BRICS-Konzept nicht verstanden haben. Die Bedeutung des Gipfels wird daher unterschätzt.
Deutsche Medien zum BRICS-Gipfel: Das Konzept nicht verstandenQuelle: Sputnik © Grigory Sysoev

Der heute beginnende BRICS-Gipfel in Südafrika ist Thema in den deutschen Medien. Dabei zeigt sich, dass das Konzept der BRICS bisher in Deutschland kaum verstanden wurde. Zudem verlieren sich deutsche Medien darin, den Ukraine-Konflikt ins Zentrum zu rücken. Dieser spielt für die BRICS jedoch nur eine untergeordnete Rolle. 

"Anders als beim Treffen der G7 im Mai im japanischen Hiroshima, wo der Krieg eines der Hauptthemen war und Solidarität wie Hilfen ausführlich in der Abschlusserklärung der führenden westlichen Industrienationen Platz fand, ist die Ukraine in Südafrika offiziell kein Thema", wundert sich beispielsweise "Die Zeit". 

Der Nachrichtensender ntv behauptet weiterhin, Russland sei isoliert. Das ist angesichts der Tatsache, dass die BRICS über 40 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren, schon recht absurd. 

"Für den wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine international isolierten russischen Präsidenten Wladimir Putin ist BRICS der ideale Rahmen, um zu demonstrieren, dass sein Land noch Verbündete hat."

Im Gegenteil, es wird deutlich, dass der Westen mit seiner Sichtweise auf den Konflikt als anlasslosen Überfall Russlands auf die Ukraine inzwischen isoliert ist. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass eine Mehrheit der Länder der Welt den Einmarsch Russlands in einer UN-Resolution der Generalversammlung als Verstoß gegen das Völkerrecht verurteilt hat. Das ist ein Argument, das in Deutschland regelmäßig angeführt wird, wenn es um die angebliche Isolation Russlands geht. 

Diese Verurteilung bedeutet nicht, dass die Länder außerhalb des kollektiven Westens dessen Sicht teilen. Im Gegenteil, die Länder des Globalen Südens haben immer wieder deutlich gemacht, dass sie eine deutliche Mitverantwortung der NATO, der USA und der EU bei der Entstehung und der Eskalation des Konflikts sehen. Dieser Aspekt wird in Deutschland ausgeklammert.

Aus diesem Grund ist eben nicht Russland, sondern Deutschland isoliert. Die Versuche der deutschen Außenministerin, das deutsche Narrativ im Ausland durchzusetzen, sind bisher allesamt gescheitert. Im Gegenteil hat das Image Deutschlands darunter gelitten. Mit der Verweigerung, den Konflikt in seiner historischen Entwicklung wahrzunehmen, ist man in Deutschland nicht in der Lage, ihn zu verstehen und daher auch nicht fähig, einen Beitrag zu seiner Lösung zu leisten. 

Wie wenig das Konzept BRICS verstanden wurde, macht das ZDF deutlich: 

"… BRICS ist keine homogene Gruppe; ‎demokratische und autoritäre Regierungen kooperieren mal mehr, mal weniger gut ‎miteinander."

Genau das aber ist kein Nachteil oder Mangel, wie das ZDF andeutet, sondern das, was die Staatengruppe so attraktiv macht. Die Anerkennung der Souveränität untereinander unterscheidet die Gruppe der BRICS von den westlichen Bündnissen wie beispielsweise der EU. Die EU verlangt als Voraussetzung für einen Beitritt die Einhaltung bestimmter Standards und die Unterordnung staatlicher Souveränität unter die Institutionen der EU. 

Die BRICS sind dagegen anders konstruiert. Souveräne Staaten interagieren auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen auf diplomatischer Ebene miteinander, gleichen Interessen ab, handeln Kompromisse aus, suchen nach Win-Win-Lösungen. 

Dass dieses Konzept auch bei der Süddeutschen nicht verstanden wurde, macht ein Beitrag über Südafrikas Präsidenten Cyril Ramaphosa deutlich. Die Süddeutsche ergeht sich in Kaffeesatzleserei hinsichtlich der Frage "Wo steht Südafrika in der Welt? Und vor allem: an wessen Seite?"

Bei der Süddeutschen denkt man weiterhin in Blöcken und in Blockkonfrontation. 

"Ramaphosas außenpolitische Doktrin, die er auch in der Rede am Sonntag ausbreitete, knüpft – theoretisch – an die blockfreie Bewegung aus der Zeit des Kalten Krieges an: Wir binden uns an keine Macht, weder an die USA noch an China oder an Russland. Wir wollen mit allen zusammenarbeiten. Praktisch aber tat Südafrika nach dem russischen Angriff auf die Ukraine das Gegenteil. Das Land fuhr einen moskaufreundlichen Kurs, der in einem gemeinsamen Militärmanöver vor Südafrikas Küste am Jahrestag des russischen Einmarschs gipfelte und die USA mächtig verärgerte."

In diesem Absatz wird die ganze Tragik westlichen Denkens deutlich: die Unfähigkeit zur Differenzierung, zu Zwischentönen und zur Diplomatie. Wer sich nicht dem westlichen Narrativ anschließt, ist auf der Seite Moskaus, ist die schlichte Denkart nicht nur bei der Süddeutschen. Sie ist kennzeichnend für den aktuellen geistigen Zustand in Deutschland. 

Dass man das System BRICS nun ausgerechnet in Deutschland nicht versteht, ist dabei kaum verwunderlich, ordnet das Land doch all seine Interessen bedingungslos dem Transatlantizismus unter. Dass es auch vorstellbar ist, dass souveräne Staaten auf Augenhöhe miteinander in Beziehung treten, liegt für Deutschland und dessen große Medien ganz offenkundig außerhalb des Denkbaren. Die Süddeutsche führt dies exemplarisch vor. 

Dabei kann man gerade in diesen Tagen aus allen Ecken der Welt hören, dass es den BRICS nicht um eine neue Konfrontation, sondern um die Demokratisierung der internationalen Beziehungen geht. Das hat Russlands Außenminister Lawrow in einem Aufsatz für die südafrikanische Zeitung Ubuntu ebenso deutlich gemacht wie Südafrikas Präsident Ramaphosa in seiner Fernsehansprache zur Eröffnung des BRICS-Gipfels.

Im Mittelpunkt steht der Wunsch, die internationale Finanzordnung und die UNO zu reformieren. Der Zuschnitt der bisherigen Ordnung auf ein westliches Machtzentrum soll aufgebrochen werden, indem die westlichen Währungen Euro und vor allem Dollar durch regionale Währungen ersetzt werden. Die internationalen Institutionen sollen demokratisiert werden. Der globale Süden soll im maßgeblichen Gremium der UN – dem Sicherheitsrat – mehr Gewicht bekommen, der Einfluss des Westens soll im Gegenzug begrenzt werden.

Dabei wird es sicherlich auch um die Reform anderer internationaler Institutionen gehen. Dass der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) einen Strafbefehl gegen den russischen Präsidenten Putin ausgestellt hat, der nun daher nicht in Präsenz am Gipfel teilnehmen kann, wird die Suche nach einer gerechteren globalen Ordnung beschleunigen. Der Internationale Strafgerichtshof – ohnehin regelmäßig für seine Einseitigkeit kritisiert – hat sich mit seiner Entscheidung beschädigt. 

"Dass der Präsident des größten Landes der Welt nicht nach Südafrika reisen kann, weil er dort eine Festnahme fürchten muss: Das kann man getrost als Blamage bezeichnen", meint ZDF-Korrespondent Armin Coerper, und irrt grundlegend.

Der Internationale Strafgerichtshof hat die BRICS in eine unangenehme Situation gebracht und Putin hat mit seinem Verzicht auf eine Teilnahme in Präsenz das Problem gelöst. Der Ansehensgewinn ist aufseiten Russlands. Dass die Länder außerhalb des kollektiven Westens es dem IStGH auch künftig erlauben werden, sich einseitig einzumischen, darf bezweifelt werden. Wenn die BRICS von einer Reform der UN sprechen, so kann man sicher sein, dass der Internationale Strafgerichtshof mitgemeint ist. Er muss international gerechter werden, um überhaupt Recht sprechen zu können. 

Mehr zum Thema – BRICS-Gipfel in Südafrika: Der Gegenpol zu der vom Westen dominierten Weltordnung

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