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Der Ölpreisdeckel des Westens – ein weiterer Schuss ins eigene Knie?

Mit der Preisobergrenze auf russisches Öl versucht der Westen, Russlands Exporterlöse zu senken. Gleichzeitig soll der Ölpreis stabil bleiben. Das ist noch der Fall, trotzdem stellen sich für den Westen selbst negative Folgen ein. Teil zwei einer zweiteiligen Analyse.
Der Ölpreisdeckel des Westens – ein weiterer Schuss ins eigene Knie?Quelle: Gettyimages.ru © UCG / Kontributor

Von Alexander Männer

Teil eins finden Sie hier.

Preislimit auf russisches Öl: Stand der Dinge (Teil 2)

Der sogenannte Preisdeckel für Erdöllieferungen aus Russland scheint nach mehr als drei Monaten nicht die gewünschte Wirkung zu entfalten. Bekanntlich sollte die durch westliche Länder verhängte Sanktionsmaßnahme primär die russischen Einnahmen aus dem Ölexport drastisch senken. Von diesem Ziel ist man allerdings weit entfernt.

Dass die russischen Exporterlöse – entgegen den Erwartungen – nicht deutlicher geschrumpft sind, liegt daran, dass Russland seine Rohöllieferungen einerseits auf alternative Märkte – wie China, Indien, und die Türkei, wo die Preisgrenze nicht gilt – umleiten konnte und dass es andererseits sein Öl nur für einen aus seiner Sicht annehmbaren Preis veräußert.

Abgesehen von dem höchst fragwürdigen Eingriff in die Preisgestaltung existiert jedoch noch ein weiterer Aspekt, der für das Prinzip einer künstlichen Preisobergrenze von zentraler Bedeutung ist. Der Westen versucht nämlich nicht nur, Russlands Finanzen zu treffen, sondern auch gleichzeitig dafür zu sorgen, dass dennoch dringend benötigtes russisches Öl weiterhin auf dem Weltmarkt angeboten wird. Damit soll den Käufern eine bessere Verhandlungsgrundlage verschafft und zugleich verhindert werden, dass mögliche Engpässe gar zu einem extremen Anstieg der Ölpreise führen.

Ausbau des Russland-Geschäfts auf Preislimit-Basis

Obwohl die Preise derzeit stabil sind, scheint sich diese westliche Strategie trotzdem nicht optimal für deren Initiatoren zu entwickeln. Wie aus Medienangaben hervorgeht, sollen die Vereinigten Staaten von Amerika – die übrigens das Preislimit initiiert hatten – die Ausweitung der Lieferungen von preisbegrenztem russischem Öl in Betracht ziehen und dementsprechend bereits globale Rohstoffhandelsunternehmen kontaktiert haben.

Die Financial Times berichtete in der vergangenen Woche, dass die weltgrößten Rohstoffhändler von der Regierung in Washington, D.C. "aktiv dazu ermutigt" würden, russisches Öl "wieder zu bewegen", um die globale Versorgung sicherzustellen. Diese Erkenntnis gewann demnach ein Händler nach einigen Treffen mit Beamten des US-Finanzministeriums, die in der ersten Märzwoche stattfanden und an dem unter anderem Führungskräfte des niederländischen KonzernsTrafigura und der Genfer Ölhandelsfirma Gunvor teilnahmen. Diese und andere Unternehmen, die das Russland-Geschäft wegen der möglichen Gegenreaktionen seitens der Öffentlichkeit oder der Banken gemieden hatten, sollten nun ihre Rolle beim Handel mit russischem Rohöl und Kraftstoffen ausbauen, ohne jedoch dabei gegen westliche Beschränkungen zu verstoßen, heißt es im Bericht.

Ein Beamter der US-Regierung hat diesbezüglich mitgeteilt: "Es liegt an den einzelnen Unternehmen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Unser Ziel ist es zu kommunizieren, was im Rahmen der Preisobergrenzen-Architektur erlaubt ist."

Folgen des Ölpreislimits für den Westen

Laut der Financial Times kam es angeblich deshalb zu diesen Treffen, weil Moskau gedroht hatte, das russische Ölangebot wegen der westlichen Unterstützung für die Ukraine weltweit zu reduzieren. Diverse Experten sehen in Wirklichkeit jedoch einen ganz anderen Grund für die Beratungen: Die Ölreserven im Westen sind rückläufig, während China und Indien Öl aus Russland in noch nie dagewesenen Mengen beziehen würden. Die USA hingegen würden mögliche Engpässe befürchten und darum versuchen, zusätzliche Lieferungen abzugreifen.

Elena Panina, Mitglied des Komitees für internationale Angelegenheiten im russischen Parlament, ist der Ansicht, dass die USA und der gesamte kollektive Westen den Verlust ihres Überblicks über den weltweiten Ölhandel befürchten und mit dem Ausbau der Lieferungen aus Russland "die Struktur der russischen Exporte besser verstehen wollen".

"Der Versuch des kollektiven Westens, den globalen Ölmarkt durch Richtlinien und Beschwörungen zu regulieren, führte dazu, dass der Westen selbst die Möglichkeit einer Debit- und Darlehensplanung imÖlsektor verlor. (...) Außerdem hat man keine Klarheit mehr darüber, welche Exporte Russland jetzt überhaupt tätigt", konstatiert die Expertin.

In der Tat kann Russland durch den Einsatz einer "Schattenflotte" aus alten Tankern, durch "Öl-Mischungen" und andere Tricks die Herkunft des Öls meist geheim halten und die Sanktionen somit umgehen. Auf den Märkten entstehen so zudem "neue" und zum Teil verdeckte Regulierungsinstrumente, die ebenfalls der Westen nicht kontrollieren kann. All das sind direkte Folgen der von den USA und ihren Partnern beschlossenen antirussischen "Strafmaßnahmen", die sich künftig noch weitaus negativer auf diese Länder selbst auswirken könnten.

Der voraussichtlich problematische Ausbau des Russland-Geschäfts ist solch ein Fall. Dabei gibt es nämlich ein Haupthindernis, das zugleich auch der Grund dafür ist, warum man sich im Westen jetzt so plagen muss: Es ist der Preisdeckel, der den westlichen Händlern offenbar enorme Probleme bereitet und sie daran hindert, mit Russland Geschäfte zu machen. Denn Russland darf aufgrund eines entsprechenden Dekretes von Wladimir Putin eben keine Verträge mehr abschließen, die ein vom Westen diktiertes Preislimit für russisches Öl vorsehen.

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