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Ukraine: Dänische Journalistin gesperrt – es sei denn, sie berichtet "positiv"

Gerade erst hatte ein neues Mediengesetz in der Ukraine Pressevertreter alarmiert, da sorgt die Ausweisung einer dänischen Korrespondentin für einen Skandal, der von den ganz eigenen Vorstellungen der ukrainischen Behörden über Pressefreiheit zeugt.
Ukraine: Dänische Journalistin gesperrt – es sei denn, sie berichtet "positiv"Quelle: Legion-media.ru © Leon Ablinger/ Legion Media

Wenn der Geheimdienst unbequeme Journalisten kriminalisiert und wegen vermeintlich falscher Berichterstattung in die Schranken weist, dann läuten üblicherweise die Alarmglocken aller Schützer der Demokratie. Genau dies widerfuhr nun der preisgekrönten dänischen Journalistin Matilde Kimer – jedoch in der Ukraine, was womöglich das Stummbleiben einiger Alarmglocken erklärt. Die anerkannte Korrespondentin der dänischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt DR berichtet seit Jahren über die Ukraine und Russland und pendelt seit Juni dieses Jahres zwischen Kiew und Moskau.

Bis zum August dieses Jahres hatte Kimer ihren Wohnsitz in Russland, wo sie allerdings als "Sicherheitsrisiko" eingestuft und ausgewiesen wurde. Wenig später, aber noch im selben Monat, erhielt Kimer vom ukrainischen Geheimdienst SBU die schriftliche Mitteilung, dass sie "gemäß einer Aufforderung des Sicherheitsdienstes der Ukraine" nicht mehr akkreditiert sei – unterschrieben mit dem Gruß "Slawa Ukraini", allerdings ohne Begründung. Auf mehrere Nachfragen erhielt sie erst nach Monaten die Erklärung, sie habe angeblich "Propaganda für den Feind" betrieben.

Sowohl Kimer als auch ihr Arbeitgeber wiesen dies von sich und verlangten Beispiele, um die Anschuldigungen zu belegen. So habe DR dem SBU einen USB-Stick mit den letzten zehn Berichten Kimers zukommen lassen und darum gebeten, den Vorwurf "russischer Propaganda" zu konkretisieren. Auch der dänische Außenminister Lars Løkke Rasmussen schaltete sich ein und kontaktierte seinen ukrainischen Amtskollegen Dmitri Kuleba.

Erst im Dezember fand dann ein Treffen beim ukrainischen Geheimdienst SBU statt, an dem Kimer unter Begleitung zweier Vertreter der dänischen Botschaft teilnahm. Laut Kimer fragte sie ein SBU-Offizier namens Oleg unter anderem, warum sie in ihrer Tätigkeit als Ukraine-Korrespondentin auf die Krim gereist sei.

Auch habe man ihr zu verstehen gegeben, dass der ukrainische Geheimdienst ihre Abschiebung aus Russland für einen "Vorwand" halte und angedeutet, sie fördere die Verbreitung "russischer Narrative". Der SBU-Vertreter will zudem in Kimers privaten Social-Media-Posts Anhaltspunkte für "illegale sowjetische Propaganda" gefunden haben. Diese ließen den Verdacht aufkommen, dass sie "voreingenommen" sei: Als Beispiel diente ein Facebook-Post vom Mai 2017 mit Fotos einer Militärparade in der selbsterklärten Volksrepublik Donezk (DVR), auf denen ein St.-Georgs-Band zu sehen war oder ein Foto tanzender Frauen auf der Krim mit einem laut SBU verdächtigen Banner, das die Bühne schmückte, da darauf "Krimfrühling" zu lesen war.

Oleg zufolge hätte sie außerdem keine Interviews mit DVR-Vertretern bekommen, wenn sie nicht "in irgendeiner Form mit ihnen verwickelt" gewesen wäre. Nach Ansicht des dänischen Mediums, für das Kimer arbeitete, sei für guten Journalismus aber unabdingbar, mehrere Seiten zu beleuchten und bei historisch bedeutenden Ereignissen vor Ort zu sein. Der SBU-Offizier hatte eine eigene Ansicht von gutem Journalismus und sagte, dass er ernsthafte Argumente brauche, um den Fall zu überdenken. Er schlug ihr dann vor, "gute Geschichten über die Ukraine" zu machen und dass sie einige SBU-Dokumente verwenden solle, um solche Geschichten zu verfassen, was Kimer dankend ablehnte, da sie als Journalistin keine Kommunikationsarbeit leiste, sondern über Themen und Menschen nur berichte, wenn sie diese selbst gesehen und gesprochen habe.

Seitens des ukrainischen Botschafters in Dänemark, Michailo Vidojnik, hieß es, der Sicherheitsdienst überprüfe derzeit die Liste der an der Front tätigen ausländischen Journalisten, nachdem dort Maulwürfe Positionen der ukrainischen Armee preisgegeben hätten:

"Matilde Kimer hat dreimal gegen unsere Gesetze und Reisevorschriften verstoßen. (…) Leider haben wir unter den Journalisten Beispiele russischer Agenten gesehen, die Positionen der ukrainischen Armee preisgaben. Daher müssen wir tiefer graben und alles überprüfen. Wir sind im Krieg, Leute, das ist echt", so Vidojnik.

Nachdem die Berichterstattung über Kimers Fall am 19. Dezember in den dänischen Medien hohe Wellen geschlagen hatte, gab der ukrainische Botschafter in Dänemark in dieser Woche gegenüber der Tageszeitung Politiken als Begründung erneut an, Kimer habe mehrfach "gegen die Reisevorschriften verstoßen". Allerdings hatte Kimer bereits zuvor in einem Gespräch mit dem ukrainischen Medienportal Zaborona erklärt, dass ihre Reise auf die Krim vor einem entsprechenden Verbot der Ukraine stattgefunden hatte.

Die Europäische Journalisten-Föderation (EJF) verurteilte diesen Vorgang als Bedrohung des unabhängigen Journalismus und schloss sich der Dänischen Journalisten-Union (DJ) an, die dazu mitteilte: "Ich bin empört über diesen Angriff auf die freie Presse. Wenn ein Land darauf besteht, sich als Demokratie zu bezeichnen, muss es die Unabhängigkeit der Medien schützen. Wir alle brauchen dringend talentierte Journalisten, die unsere Augen und Ohren vor Ort in der Ukraine sind, und die ukrainischen Behörden müssen das natürlich respektieren", so Tine Johansen, die Vorsitzende des dänischen Journalistenverbandes.

Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) lobte Kimers Ablehnung des "Angebots" durch den ukrainischen Geheimdienst: "Klare Haltung, gute Entscheidung! Journalisten sind keine Spitzel und keine Helfershelfer von Geheimdiensten, auch nicht vom ukrainischen."

Lina Kuschtsch vom Nationalen Journalistenverband der Ukraine schrieb: "Die Angelegenheit ist sehr alarmierend für uns." Die Nationale Journalistengewerkschaft der Ukraine war erst in der vergangenen Woche durch die Verabschiedung eines neuen Mediengesetzes beunruhigt worden: Laut Gewerkschaftschef Sergei Tomilenko seien darin klar "Instrumente von Zensur" und eine Bedrohung der Informationsfreiheit zu erkennen.

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