Europäische Journalistenföderation: Verbot russischer Medien durch EU bedroht die Pressefreiheit
In einem Interview mit dem Nachrichtensender France 24 kritisierte Ricardo Gutiérrez, Generalsekretär der Europäischen Journalistenföderation, die EU für die Zensur russischer Medien. Er warf Brüssel vor, für das Verbot von Sendern wie Sputnik und RT ihre eigenen Instanzen umgangen zu haben.
Gutiérrez sagte, das direkt von den Staaten beschlossene Sendeverbot für diese Medien schaffe "einen gefährlichen Präzedenzfall, der eine Bedrohung für die Pressefreiheit darstellt."
Es reiche nicht aus, dass die betroffenen Sender von der EU als "propagandistisch" eingestuft würden, so Gutiérrez. Die Regeln besagten, dass ein Sender erst gegen Vorschriften verstoße, indem er zum Beispiel zu Hass aufrufe.
In jedem Land müsse der Staat eine Beschwerde bei der Medienaufsichtsbehörde einreichen, die dann unabhängig entscheide. Dieses System sei wichtig, um die Presse vor politischer Einmischung zu schützen.
"Maßnahmen wirken nicht"
Im Fall von RT und Sputnik habe der Europäische Rat jedoch schnell handeln wollen und diese Instanzen umgangen. Die Staaten hätten direkt für das Verbot gestimmt, indem sie es in die Wirtschaftssanktionen gegen russische Unternehmen aufgenommen hätten. Doch eine solche Maßnahme schaffe einen gefährlichen Präzedenzfall, der eine Bedrohung für die Pressefreiheit darstellt, so Gutiérrez weiter.
Zudem glaubt Gutiérrez nicht, dass die Maßnahmen Brüssels wirksam sind. In dem Interview sagte der Journalist:
"Die Bekämpfung von Propaganda erfolgt durch die Entwicklung von Qualitätsmedien und durch Aufklärung, nicht durch repressive Maßnahmen oder Anti-Fake-News-Gesetze wie das in Frankreich verabschiedete. Die beste Waffe bleibt es, eine Gegenrede zu halten und zu überzeugen."
Der von Brüssel gewählte Weg berge das Risiko, dass Anhänger von Propaganda und Verschwörungstheorien in ihren Positionen bestärkt würden. Zudem könnten diejenigen, die wirklich auf diese Kanäle zugreifen wollen, dies immer noch über ausländische Plattformen tun.
Russische Journalisten nicht willkommen
Der Generalsekretär der Europäischen Journalistenföderation ist der Ansicht, dass die EU-Maßnahmen "in erster Linie symbolischer Natur sind." Es gehe darum, "in dem begonnenen Machtkampf mit Russland Gewicht zu haben, mehr als um das Streben nach tatsächlicher Wirksamkeit."
Gutiérrez verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Verbot des russischen Exilsenders Doschd in Lettland. Dem Sender wurde vorgeworfen, "pro-russische Äußerungen" getätigt zu haben. Obwohl der Sender, der für sich in Anspruch nimmt, eine Antikriegs- und pro-ukrainische Haltung einzunehmen, Fehler einräumte, sich entschuldigte und einen Moderator umgehend entließ, beschlossen Lettland und Litauen dennoch, Doschd die Lizenz zu entziehen – da er eine "Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellt."
Für Gutiérrez ist der Vorfall in Lettland symptomatisch für die "Art und Weise, wie russische Journalisten, die aus ihrem Land fliehen, behandelt werden." Der Journalist betonte in dem Interview mit France 24, dass "im Gegensatz zu dem, was manchmal erzählt wird, es vor dem Krieg kritische Stimmen in der russischen Presse gab." Diese seien in Regionalzeitungen, aber beispielsweise auch in der großen Wirtschaftszeitung Kommersant zu lesen gewesen.
Tausende Journalisten würden seit Februar durch die "schrecklichen Repressionen des Kreml ins Exil gezwungen", so Gutiérrez weiter. Die Europäische Journalistenföderation unterstütze diese Journalisten, "damit sie den Schutz Europas erhalten." Doch, so Gutiérrez weiter:
"Wir erleben viele Visa-Ablehnungen seitens der Mitgliedsstaaten. Ich finde diese Haltung schockierend. Es wird allzu oft vergessen, dass auch sie Opfer der Machenschaften Moskaus sind."
Mehr zum Thema – Unionsfraktionsvize Lindholz fordert Meldestelle für "russische Desinformation"
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.