Mit der Drosselung der Ölförderung serviert die OPEC+ Biden eine poetische Gerechtigkeit

Bei den bevorstehenden Zwischenwahlen in den USA könnte die Demokratische Partei unter Druck geraten, sollten die Öl- und Spritpreise wieder in die Höhe schießen. Mittlerweile greifen die USA bereits auf ihre strategischen Ölreserven zurück.

Ein Kommentar von Bradley Blankenship

Die Gruppe der Erdöl exportierenden Länder, OPEC+, hat angekündigt, die Ölproduktion um zwei Millionen Barrel pro Tag zu drosseln, und verwies dabei auf die "Unsicherheiten bei der globalen Wirtschaft und am Ölmarkt". Der Schritt wird wahrscheinlich dazu führen, dass die Kraftstoffpreise in Ländern wie den USA wieder auf die Höchststände von Anfang dieses Jahres steigen. Laut Berichten soll das Weiße Haus wütend über diese Entscheidung sein.

Aus Sicht der OPEC+ ist klar, dass Öl verbrauchende Länder keine Forderungen an ihre Lieferanten stellen sollten. Man ist auch verärgert über die von den G7 vorgeschlagene Preisobergrenze für russisches Öl, die einen negativen Präzedenzfall für Öl produzierende Länder und ihre Fähigkeit schaffen würde, auf den Märkten zu agieren. Und schließlich sind sie auch darüber verärgert, dass die USA verstärkt mit ihnen in den Wettbewerb treten, indem sie die strategischen Ölreserven des Landes anzapfen, um die inländischen Kraftstoffpreise zu senken.

Das am meisten in Rage geratene Mitglied des Kartells war offenbar Saudi-Arabien. Denn der Staatskonzern Aramco kündigte an, die Ölpreise für Europa zu senken, sie für Asien zu belassen, sie aber für die USA anzuheben. Dies war – wieder einmal – eine große Brüskierung für das Weiße Haus, nachdem man dort die OPEC+ beschuldigt hatte, sich bei ihrer Entscheidung, die Ölförderung zu drosseln, "auf die Seite Russlands zu stellen".

Durch eine Meldung im Wall Street Journal konnte man erfahren, dass die Regierung von US-Präsident Joe Biden plant, die Sanktionen gegen Venezuela zu lockern, damit amerikanische Unternehmen mehr Öl aus dem Land und auf den internationalen Markt pumpen können. Als Gegenleistung für die Aufhebung der Sanktionen müsste der venezolanische Präsident Nicolás Maduro zustimmen, Gespräche mit der angeschlagenen Opposition seines Landes zu führen und 2024 Wahlen abzuhalten.

Insgesamt scheint die Regierung Biden so verzweifelt nach Öl zu suchen, dass sie sich an ein Land wendet, welches sie seit Jahren versucht politisch zu destabilisieren und dessen Regierung zu stürzen. Und es ist nicht einmal klar, wie viel Öl ein Deal mit Caracas einbringen könnte. Venezuela hat Berichten zufolge die größten bestätigten Erdölvorkommen der Welt, aber der Mangel an Zugang zu Fördertechnologie bedeutet, dass das Öl im Boden bleibt. 

Warum ist Biden so verzweifelt?

Nun, einfach gesagt, es geht um Politik. Es gibt dieses alte Sprichwort in den Vereinigten Staaten, dass die Leute mit ihrer Brieftasche wählen. Einer der bekanntesten Kostenfaktoren für eine Existenz in den USA sind die Kraftstoffpreise für Autos. Wenn diese steigen, ist die umgehende reflexartige Reaktion vieler Leute dies dem Präsidenten zuzuschreiben. Es passiert ständig. Da in diesem November entscheidende Zwischenwahlen für den Kongress anstehen, die über die Zukunft von Bidens Präsidentschaft entscheiden werden, will seine Regierung vermeiden, dass der Demokratischen Partei in irgendeiner Weise Schaden zugefügt wird.

Mit Stand vom 20. Oktober zeigt das Wahlmodell von FiveThirtyEight, dass die Demokraten leicht bevorzugt werden, um den Senat zu gewinnen, während die Republikaner leicht bevorzugt werden, um das Repräsentantenhaus zu gewinnen. Der Verlust einer der beiden Kammern würde bedeuten, dass Bidens Gesetzgebungsagenda, die im Vergleich zu seinen ehrgeizigen Ankündigungen völlig glanzlos blieb, zu einem toten Fisch im Wasser wird.

In diesem Artikel wird festgestellt, dass es einige Gründe zu der Annahme gibt, dass die Republikaner im oben geschilderten Modell sogar besser abschneiden könnten, während zusätzliche Umfragen zeigen, dass die Demokraten vorn liegen. Zum einen begünstigen die Basisdaten die Republikaner: Sie schneiden bei Zwischenwahlen tendenziell gut ab, Biden ist unbeliebt, die Amerikaner sind unzufrieden mit der Richtung des Landes und Team Rot (Republikaner) hat einen strukturellen Vorteil im Senat. Zum anderen scheinen Probleme, durch die die Fehler von Team Blau (Demokraten) zutage kommen, in den kommenden Monaten an Bedeutung zu gewinnen, einschließlich der Spritpreise.

Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die OPEC+ nicht wusste, wie bedeutend die bevorstehenden Zwischenwahlen für Bidens Partei sind. Auch diese scheinbare Unwissenheit deutet darauf hin, wie wütend man dort auf seine Regierung ist. Die Botschaft ist klar: Haltet euch aus unserem Geschäft raus, oder wir treffen euch dort, wo es wehtut. Und angesichts der Tatsache, dass die USA der größte Waffenhändler für die meisten Länder des Kartells sind, ist es ein ziemlich mutiger Schritt, ihre Macht dermaßen zu entfalten.

Natürlich wissen diese Länder wahrscheinlich auch, dass Biden nicht in der Lage ist, Waffenlieferungen an ihre Länder zu stoppen, da seine Regierung keine Kontrolle über die Rüstungsindustrie hat. Tatsächlich ist es nämlich umgekehrt. Und deshalb sehen wir, dass die Regierung von Biden dermaßen verzweifelt handelt und versucht, Öl unter jedem noch nicht umgedrehten Stein zu finden – auch durch die Zusammenarbeit mit Ländern, deren Präsidenten der USA seit mehreren Jahren buchstäblich zu ermorden versuchen.

Man stelle sich folgendes Telefongespräch vor. 

"Hey Maduro, tut mir leid, dass wir versucht haben, dich zu töten. Würdest du uns etwas von deinem Öl schicken? … Nein, wirklich, es wird nicht wieder vorkommen … Warum wir uns nicht an Präsident Juan Guaidó wenden? Maduro, komm schon, wir brauchen dich in dieser Sache … Du fragst, warum wir so dringend dein Öl benötigen? … Nun, es ist so … wir haben da diese Zwischenwahl …"

Ehrlich gesagt, ist es eine Komödie, die sich selbst schreibt. Nicht nur wegen der willkürlichen Annäherung an Venezuela, sondern auch, weil viele die USA seit Jahren davor gewarnt haben, mit Saudi-Arabien gut Freund sein zu wollen. Einem Land, das Völkermord im Jemen begeht und dessen Staatsoberhaupt persönlich angeordnet hat, einen US-Staatsbürger mit einer Metallsäge zerstückeln zu lassen. Und jetzt sehen wir, wie das auf epische Weise nach hinten losgeht.

Aus dem Englischen

Bradley Blankenship ist ein in Prag lebender amerikanischer Journalist, Kolumnist und politischer Kommentator. Er hat eine Kolumne bei CGTN und ist freiberuflicher Reporter für internationale Nachrichtenagenturen, darunter die Nachrichtenagentur Xinhua. Er twittert auf @BradBlank_

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