Läuten neue Transgender-Regelungen ein Umdenken im Sport ein?
Der Konflikt um Transgender-Sportler hat bisher kein Anzeichen einer Entspannung gezeigt und viele begrüßen die neuen Beschränkungen für Transgender-Frauen, die mit als biologische Frauen geborenen Rivalen konkurrieren wollen, während Transgender-Aktivisten den Leitungsgremien weiterhin Diskriminierung vorwerfen. Im Folgenden betrachten wir einige der wichtigsten Fragen rund um eines der polarisierendsten Themen der Moderne.
Wie sind wir an diesen Punkt gekommen?
Während die Debatte um Transgender in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen sorgte, schwelte diese im Sport schon seit längerem. Die im November 2021 veröffentlichte Grundsatzung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu Fairness, Nichtdiskriminierung und Inklusion auf der Grundlage von Geschlechtsidentität und Geschlechtsvariationen soll drei Jahre lang in der Beratung gewesen sein. Verabschiedet wurde sie kurz nachdem der/die Gewichtheber/in Laurel Hubbard bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio aufgetreten war, wo er/sie als erste/r offen transsexueller Athlet/in an den Spielen teilnahm.
In den USA begann dann der/die Schwimmer/in Lia Thomas von der Universität von Pennsylvania, die bis 2019 in der Männermannschaft an Wettkämpfen teilgenommen hatte, Rekorde für die Frauenmannschaft des Eliteinstituts zu brechen, während die Trans-Debatte eine noch stärkere Heftigkeit erreichte. Wie im Falle von Hubbard sorgte die Teilnahme von Lia Thomas in der breiten Gesellschaft für geteilte Meinungen, als in Großbritannien zeitgleich der/die Transgender-Radfahrer/in Emily Bridges für Schlagzeilen sorgte.
Die Grundsatzung des IOC empfahl, die Grenzwerte für Testosteron insgesamt abzuschaffen – trotz der früheren Anforderungen an transsexuelle Athleten, 12 Monate vor dem Wettkampf unter 10 Nanomol pro Liter Blut zu liegen. Und man reichte den Schwarzen Peter an die einzelnen Sportverbände weiter, damit diese ihre eigenen Regeln aufstellen. Ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung dieser Grundsatzung tun viele Verbände, die auf neue Sportsaisons oder Großveranstaltungen wie Weltmeisterschaften blicken, genau das: Sie haben damit begonnen, ihre eigenen Richtlinien zu veröffentlichen, die in einigen Fällen die Teilnahme von Transsexuellen im Frauensport vollständig verbieten.
Welche Änderungen wurden vorgenommen?
Vor wenigen Wochen änderte der Radsportverband UCI den zulässigen Testosteronspiegel auf 2,5 Nanomol pro Liter Blut (nmol/l) innerhalb des Zeitraums von 24 Monaten, nachdem frühere Regeln verlangt hatten, dass Transgender-Radfahrer einen Testosteronspiegel unter 5 nmol/l für 12 Monate vor dem Wettkampf aufweisen mussten. Im Fall des/der britischen Radfahrers/Radfahrerin Emily Bridges bedeutete dies, dass er/sie frühestens im Jahr 2023 erneut an Wettkämpfen teilnehmen kann.
Kurz darauf stimmten Mitglieder des globalen Schwimmverbandes FINA für ein Verbot aller Transgender-Athleten, die einen Teil ihrer männlichen Pubertät abgeschlossen haben. Darüber hinaus beabsichtigt der Verband, in Zukunft eine "offene" Kategorie für Trans-Sportler einzurichten. Aus heutiger Sicht werden Trans-Schwimmer wie der/die umstrittene Schwimmer/in Lia Thomas nicht in der Lage sein, an den Olympischen Spielen 2024 in Paris teilzunehmen oder im weiblichen Kader des US-Teams anzutreten. Etwas, das Lia Thomas zuvor als seinen/ihren Traum bezeichnet hat.
Im Rugby hat sich die Internationale Rugby Liga (IRL) für ein pauschales Verbot von Transfrauen bei internationalen Spielen ausgesprochen, bis eine neue Richtlinie festlegt wird, die nach der Weltmeisterschaft im November eingeführt werden soll, nach der Trans-Athleten in Zukunft nicht teilnehmen können.
Als Reaktion auf den Schritt der FINA hat der Chef des Dachverbands aller nationalen Sportverbände für Leichtathletik (IAAF), Sebastian Coe, angedeutet, dass seine Organisation diesem Beispiel folgen könnte. Schon zuvor hatte der Verbands-Oberste zur Vorsicht bei der Entscheidung über die Teilnahme von Transsexuellen gemahnt und davor gewarnt, dass die Zukunft des Frauensports "fragil" sei.
Der Stand der Dinge in den USA
In den USA haben einige Bundesstaaten, wie zum Beispiel Louisiana, Gesetze erlassen, die es Transgender-Athleten verbietet, an sportlichen Wettkämpfen für Mädchen und Frauen teilzunehmen.
Während der Schwimmverband der USA nun den Nachweis verlangt, dass die Konzentration von Testosteron im Serum eines Athleten über einen Zeitraum von 36 Monaten unter 5 nmol/l liegt, damit Trans-Schwimmer an Wettkämpfen teilnehmen können, hat die Organisation für Hochschulsport NCAA, die ein Limit von 10 nmol/l vorschreibt – und somit im Einklang mit der bisherigen IOC-Politik ist – bekannt gegeben, dass sie dem Beispiel des nationalen Verbands nicht folgen wird. Damit hat die NCCA effektiv den Weg für Athleten wie Lia Thomas in die nächste Saison geebnet.
Wird die FIFA gegen den Strom schwimmen?
Berichte zufolge könnte Fußball eine der Sportarten sein, die dem jüngsten Trend entgegensteht, die Teilnahme von Transsexuellen am Frauensport einzuschränken. Am selben Tag als der neue FINA-Beschluss getroffen wurde, kam die Behauptung auf, dass die globale Fußballorganisation FIFA die Veröffentlichung einer neuen Grundsatzung vorbereite, die eine Senkung der Höchstwerte beim Testosteron für Transgender-Frauen vorschlagen würde, sodass Fußballer auch gemäß ihrem selbst identifizierten Geschlecht antreten dürfen.
Was wurde über die jüngsten Änderungen gesagt?
Im Gespräch mit der BBC sagte der Chef des IAAF, Sebastian Coe, dass der Schritt der FINA einer sei, der "seinen Vorrang bei der Festlegung von Regeln, Vorschriften und Richtlinien geltend macht, die im besten Interesse des Sports sind und es so ist, wie es sein sollte. Wir waren immer der Meinung, dass Biologie über dem Geschlecht steht und wir werden unsere Regeln entsprechend weiter überprüfen. Wir werden der Wissenschaft folgen."
In einer Sendung im Radiosender LBC sagte die britische Sport- und Kulturministerin Nadine Dorries, es sei "einfach inakzeptabel, dass Transfrauen im Frauensport antreten", und unterstütze damit die jüngste Entscheidung der FINA. Die australische Schwimmerin Cate Campbell, die eingeladen wurde, beim Kongress der FINA zu sprechen, sagte, dass die Tatsache, dass Männer und Frauen physiologisch unterschiedlich seien, nicht bestritten werden darf. "Diese Unterscheidung aufzuheben, würde weltweit den weiblichen Athleten schaden", fügte sie hinzu.
Auf der anderen Seite der Debatte beklagte die lesbische US-Fußballspielerin Megan Rapinoe, die Verbote seien "grausam" und "ekelhaft". Rapinoe beteuerte, sie unterstütze "die Inklusion von Transsexuellen zu 100 Prozent" und beschuldigte rechtskonservative Kräfte, die Öffentlichkeit falsch zu informieren. In einem Interview mit dem TIME Magazin bestand Rapinoe darauf, Beweise dafür gezeigt zu bekommen, dass Transfrauen "anderen Sportlern Stipendien wegnehmen, in jeder Sportart dominieren und jeden Titel gewinnen".
Wie wird sich die Situation weiter entwickeln?
Während sich der jüngste Trend deutlich abzeichnet, ist es nicht so sicher, wie sich die Situation von hier aus weiter entwickeln wird. Einige Verbände werden ihre Regeln und Richtlinien verschärfen, andere werden wahrscheinlich auf die "Wissenschaft" und Schlussfolgerungen von Experten warten, bevor sie Entscheidungen wie jene von der FINA treffen. Politischer und gesellschaftlicher Druck könnte einige Gremien dazu veranlassen, ihre bereits geänderte Politik zu überprüfen und diese entweder zu vertiefen oder zurückzuziehen. Auch als unfair empfundene Erfolge bei Großveranstaltungen wie Weltmeisterschaften oder bei Olympischen Spielen könnten zur Rückkehr an den Verhandlungstisch führen. Sicher scheint jedoch, dass ein solch spaltendes Thema weiterhin heftige Debatten auslösen wird und keine Anzeichen eines Abklingens in Sicht sind.
Übersetzt aus dem Englischen.
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