Selenskij-Berater Arestowitsch: "Ukraine de facto bereits in der NATO"
Die letztendliche Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO und der EU sei eine reine Formalität, sagte Alexei Arestowitsch, ein prominenter Berater des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, am Mittwoch. Kiew sei bereits "de facto" Mitglied des von den USA angeführten Militärbündnisses, das versprochen habe, dem Land zu helfen, den Konflikt mit Russland zu "gewinnen". Die Ukraine habe sich zudem gerade der Drei-Meere-Initiative als Hintertür zur EU angeschlossen, erklärte Arestowitsch weiter in einem Interview.
Die Initiative wurde im Jahr 2016 vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda und der damaligen kroatischen Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović ins Leben gerufen und umfasst heute zwölf Teilnehmerländer zwischen Adria, Ostsee und Schwarzem Meer – Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Österreich, Kroatien, Rumänien und Bulgarien. Die mittel- und ostmitteleuropäischen Staaten sind allesamt auch Teil der EU.
Die Grundidee hinter der Trimarium-Initiative war, die Entwicklung der teilnehmenden Staaten voranzutreiben und etwa bei Infrastrukturprojekten die Zusammenarbeit zu stärken. Vor wenigen Tagen wurde der Ukraine auf polnischen Vorschlag hin beim Treffen in Riga der Status eines Partnerlandes der Initiative angeboten. Am Ende wurde sie überraschend gar als Mitglied aufgenommen.
Im Gespräch mit dem russischen Youtuber und Aktivisten Mark Feygin am Mittwoch gab Arestowitsch zu, dass er Zweifel daran habe, ob die NATO oder die EU dazu bereit seien, die Ukraine aufzunehmen, betonte aber, dass dies aber keine Rolle spiele. Der bloße Status als EU-Beitrittskandidat verschaffe der Ukraine Zugang zu Entwicklungsgeldern der Staatengemeinschaft, mit denen etwa Polen seine Infrastruktur aufgebaut habe, so Arestowitsch gegenüber Feygin. Außerdem habe Kiew mit dem Beitritt zur Drei-Meere-Initiative gerade einen weiteren geschickten Schachzug gemacht, erklärte der inzwischen prominente Berater des ukrainischen Präsidenten. Arestowitsch führte an:
"Wir sind das 13. Land der Drei-Meere-Initiative geworden. Das bedeutet Zugang zu Geld, zu Transport, zu Sicherheit auf See, zu Infrastruktur. Und zwölf Trimarium-Mitglieder sind EU-Mitglieder. Das heißt, fast die Hälfte der Länder der EU. Das bedeutet, dass unsere Integration in die EU viel weiter fortgeschritten ist, als man derzeit annimmt."
Die Mitgliederzahl der Initiative ist jedoch nicht einmal halb so groß wie die der EU, die 27 Mitgliedsstaaten zählt. Arestowitsch fuhr jedoch fort und erklärte Feygin, die Ukraine sei "de facto Mitglied" der NATO. Auch wenn sie die gegenseitige Verteidigungsverpflichtung nach Artikel 5 nicht schriftlich hat, so haben doch mehr als 50 Länder in der von den USA geleiteten Kontaktgruppe für die Verteidigung der Ukraine dem ukrainischen Verteidigungsminister Alexei Resnikow versprochen, dass sie Kiew "niemals, niemals" den Krieg verlieren lassen würden, betonte Arestowitsch.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin "hatte dem Ganzen die Krone aufgesetzt", fügte Arestowitsch hinzu, indem Austin gesagt hatte, es dürfe "keinen Zweifel daran geben, dass wir die Ukraine zum Sieg führen werden".
Selenskijs Chefberater für Öffentlichkeitsarbeit ist häufig im ukrainischen Fernsehen und in Livestreams zu sehen, wo er manchmal heikle Informationen preisgegeben hatte, bevor sie offiziell bestätigt werden konnten – wie beispielsweise den Verlust der Donbass-Stadt Liman im letzten Monat. Bei anderen Gelegenheiten ließ er etwa mit Schimpfwörtern gespickte Tiraden gegen den ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger und andere im Westen los, die die Ukraine zum Frieden mit Moskau – mit Zugeständnissen an Russland – aufforderten.
Anfang dieser Woche hatte Arestowitsch in einem anderen Interview gesagt, er betrachte LGBTQ-Personen als "Menschen mit Deviationen", was die vom Westen unterstützte Nichtregierungsorganisation KyivPride dazu veranlasste, vom ukrainischen Präsidenten Selenskij seinen Rücktritt zu fordern. KyivPride behauptete sogar, Arestowitsch sei Teil einer "homophoben russischen Welt".
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Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.