Boni, Aktien und Subventionen: CEOs von Niedriglohnkonzernen sorgen für heftiges Lohngefälle
Die Schere zwischen Arm und Reich geht nicht nur allgemein sprichwörtlich immer weiter auseinander – eine aktuelle Untersuchung zeigt dies auch konkret anhand der unterschiedlichen Löhne für Beschäftigte und Gehälter der Geschäftsführer von US-Firmen. So ist das Lohngefälle zwischen Belegschaft und Chefetage bei 300 börsennotierten US-Unternehmen im Niedriglohnbereich im Jahr 2021 sogar sprunghaft weiter angestiegen: Betrug das durchschnittliche Verhältnis im Jahr 2020 bereits 604 zu 1, so erreichte es im darauffolgenden Jahr 670 zu 1. Bei nicht wenigen, nämlich neunundvierzig der untersuchten Firmen, stieg das Verhältnis sogar auf über 1.000 zu 1, wie eine Studie vom Institute for Policy Studies (IPS) ergab.
Während das durchschnittliche Jahresgehalt eines CEO in der Gruppe um rund 2,5 Millionen US-Dollar auf 10,6 Millionen US-Dollar anstieg, erhielten einfache Arbeiter durchschnittlich 3.556 US-Dollar mehr und damit insgesamt 23.968 US-Dollar. Und das, obwohl klar ist, dass so der gesellschaftliche Zusammenhalt immer weiter gefährdet wird.
Bereits im Jahr 2020 hatte der gleichnamige Bericht des IPS gezeigt, dass mehr als die Hälfte der 100 größten Unternehmen im Niedriglohnsektor sogar die Regeln geändert haben, um den Vorstandsvorsitzenden im Krisenjahr 2020 hohe Auszahlungen zu sichern, obwohl die lohnabhängig Beschäftigten zur gleichen Zeit Löhne, Arbeitsplätze oder teils sogar ihr Leben verloren.
Im Durchschnitt kassierten die Vorstandsvorsitzenden dieser Niedriglohn-Firmen, die die Regeln manipulierten, Gehaltserhöhungen von 29 Prozent, während der Durchschnittslohn der dort Beschäftigten sogar um 2 Prozent sank. "Während der gesamten Pandemie haben die Beschäftigten heldenhafte Arbeit geleistet. Doch während die Arbeiter ihr Leben riskierten, haben die Bosse die Früchte geerntet", heißt es denn auch in der Einführung des diesjährigen, am Dienstag präsentierten Berichts mit dem Titel "Executive Excess".
"Während der Pandemie haben die Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor gezeigt, wie wichtig sie für das Funktionieren unserer Wirtschaft sind. Mit steigenden Gewinnen im Jahr 2021 hatten die Unternehmen die Gelegenheit, einen großen Schritt in Richtung mehr Lohngerechtigkeit zu machen", so äußert sich Sarah Anderson, die Projektleiterin für globale Wirtschaft beim IPS, gegenüber Reuters.
Doch diese Gelegenheit wurde laut dem Bericht nicht genutzt. Stattdessen kamen im Jahr 2021 neue Methoden zum Einsatz, um sicherzustellen, dass die wirtschaftliche Erholung sich in erster Linie weiterhin in exzessiven Vorstandsgehältern bemerkbar macht. Unter anderem haben einige Konzerne im Niedriglohnsektor Rekordsummen für Wertpapierkäufe ausgegeben, sodass die aktienbasierte Vergütung von Führungskräften entsprechend angeschwollen ist.
Die Aktienrückkäufe beliefen sich auf insgesamt 43,7 Milliarden US-Dollar. Mehrere Unternehmen haben die COVID-19-Krise als Vorwand missbraucht, um die Preise für die Verbraucher in die Höhe zu treiben. Derweil blieben die Löhne in vielen dieser Unternehmen hinter der Teuerungsrate zurück. Beispielsweise hat das Unternehmen Lowes allein für Aktienrückkäufe 13 Milliarden US-Dollar ausgegeben. Damit hätte das Unternehmen jedem seiner 325.000 Mitarbeiter eine Gehaltserhöhung von 40.000 US-Dollar geben können. Stattdessen jedoch sank der Durchschnittslohn um 7,6 Prozent auf 22.697 US-Dollar im Jahr.
Wie der Bericht weiter feststellt, "subventionieren die Steuerzahler diese Ungeheuerlichkeiten direkt", indem nämlich ausgerechnet Konzerne mit solchen Praktiken aus öffentlichen Töpfen subventioniert werden. So haben 40 Prozent der untersuchten 300 Unternehmen zwischen dem 1. Oktober 2019 und dem 1. Mai 2022 Aufträge aus öffentlicher Hand erhalten.
Dabei gibt es laut dem ISP bereits eine breite Unterstützung für Lösungen gegen die ausufernden CEO-Gehälter und die Lohngefälle. Demnach befürworten etwa 62 Prozent der Republikanischen Partei und 75 Prozent der Demokratischen Partei eine absolute Obergrenze für CEO-Gehälter im Verhältnis zu den Löhnen der jeweiligen Lohnempfänger. Allerdings sei dennoch ein harter Schnitt nicht zu erwarten, doch schlägt das ISP unter anderem vor, die Vergabe von öffentlichen Aufträgen von der Gehaltspolitik der Unternehmen abhängig zu machen.
Laut Reuters macht sich aufgrund der unfairen Bezahlung ein Trend bemerkbar, der als "Große Kündigung" bekannt ist. Arbeitnehmer sehen sich zunehmend nach anderen Arbeitgebern um. Wie eine weltweite Umfrage der Beratungsfirma PwC vom März ergab, wird einer von fünf Arbeitnehmern in den nächsten 12 Monaten "extrem wahrscheinlich" oder "sehr wahrscheinlich" das Unternehmen wechseln.
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