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Daten sicher durch die Luft: Russischer Physiker über drahtlose Quantenkommunikation

Wissenschaftler der Moskauer Staatlichen Universität haben erfolgreich Quantenkommunikation über große Entfernungen durch die Atmosphäre getestet. Die Quantenkommunikation bietet unvergleichlich höhere Datensicherheit und könnte so auch zur Steuerung von Drohnen genutzt werden.
Daten sicher durch die Luft: Russischer Physiker über drahtlose QuantenkommunikationQuelle: Gettyimages.ru © Bart Achilles / EyeEm

von Nadeschda Alexejewa

Wissenschaftler des Zentrums für Quantentechnologien der Fakultät für Physik an der Moskauer Staatlichen Universität (MGU, bekannt auch als Lomonossow-Universität) haben Geräte zur Übertragung von quantengeschützten Informationen über eine drahtlose Datenverbindung getestet. In einem Interview mit RT erklärte Sergei P. Kulik, dass auch in diesem Fall die Daten mittels eines Lasers übertragen werden, so dass die Verbindung innerhalb der Sichtlinie hergestellt werden kann. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Zentrums, Doktor der Naturwissenschaften in Physik und Mathematik und Lehrstuhlinhaber für Quantenelektronik. Sogenannte Quantentechnologien sind wünschenswert und notwendig, wenn absoluter Datenschutz erforderlich ist, so die Entwickler. Daher hat die MGU bereits Apparaturen für die Schaffung solcher Kommunikationskanäle sogar vermittels von Low-Orbit-Satelliten vorbereitet. Die besser geschützte Quantenkommunikation könnte aber sogar auch zur Steuerung von Drohnen nützlich sein.

RT: Sergei Pawlowitsch, in Ihren Interviews mit RT berichteten Sie bereits darüber, wie die Quantenkommunikation funktioniert. Erläutern Sie bitte noch einmal kurz, was Quantenkommunikation ist und welche Merkmale sie hat.

Sergei P. Kulik: "Das Hauptmerkmal und der Vorteil der Quantenkommunikation ist ein außergewöhnliches Maß an Datensicherheit. Grundsätzlich werden die Datensicherheit und Geheimhaltung von Kommunikation gewährleistet durch teils auch noch häufig wechselnde kryptografische Schlüssel, die zwischen beiden Teilnehmern vereinbart oder ausgetauscht wurden. Bei der Quantenkommunikation wird eine neue Art des Austauschs von kryptografischen Schlüsseln verwendet – basierend auf spezifischen Quanteneigenschaften, so etwa von Lichtquanten. Die Schlüssel werden aus einem Strom einzelner Photonen generiert. Jeglicher äußerer Einfluss auf den Informationsstrom führt zur Zerstörung des ursprünglichen Photonenzustands. Sobald die Fehlerquote bei der Schlüsselbildung den kritischen Wert für das verwendete Protokoll übersteigt, wird die Übertragung abgebrochen. Es erfolgt eine einzige Messung, sobald das jeweilige Photon das vorgesehene Empfangsgerät am anderen Ende der Verbindung erreicht, und während dieses Vorgangs verschwindet das Teilchen.

Bei der Quantenkommunikation werden zwei Kanäle zur Datenübertragung genutzt: Über den "Quantenkanal" werden die Quantenzustände des Lichts übertragen, während die weiteren erforderlichen Informationen auf klassischem Wege ausgetauscht werden, um das Datenprotokoll der Quantenkryptographie korrekt ablaufen zu lassen.

Die Technologie der Quantenkommunikation setzt voraus, dass zuerst die Schlüssel unter den Teilnehmern ausgetauscht werden und danach damit die zu übertragende Information verschlüsselt wird. Die Information, die mit Quantenschlüsseln chiffriert ist, lässt sich sowohl über Glasfaser- als auch über atmosphärische (drahtlose) Kanäle übertragen.

Die Technologie der Quantenkommunikation wird stetig weiterentwickelt, so wie in Russland auch in der ganzen Welt. In unserem Land besteht diese Kommunikation längst aus ganzen Netzwerken und nicht mehr nur aus einer einzigen Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen nur zwei Teilnehmern. Eines dieser Netze wurde Ende letzten Jahres an der Moskauer Staatlichen Lomonossow-Universität (MGU) vorgestellt. Das verzweigte System umfasst inzwischen mehr als 20 Teilnehmer auf dem Campus der MGU und erstreckt sich sogar bis zum Sitz unseres Industriepartners "InfoTeCS" [Informations-Technologie und Kommunikations-Systeme], eines Herstellers von Quantenkryptografie-Geräten, der mehr als 40 Kilometer entfernt liegt."

RT: Wie funktioniert, wie erfolgt die Übertragung von Quanteninformationen über atmosphärische Kommunikationswege?

Sergei P. Kulik: "Die Technologie funktioniert unter Einsatz eines Lasers – die Quelle von Quasi-Ein-Photon-Zuständen. Ein anderer Name für den Laser lautet Optischer Quantengenerator. Für die Quantenkommunikation wird der Laser so justiert, so dass in jedem seiner Impulse nur sehr wenige Photonen enthalten sind. Jedem Photon werden bestimmte Eigenschaften zugewiesen, abhängig von dem verwendeten Quantenkryptographie-Protokoll.

Nicht alle Photonen gelangen zum Empfangsgerät, aber einige erreichen das Ziel. Die Empfängerseite besitzt ein Empfangs-Modul – ein Objektiv mit einer ziemlich großen Apertur [Apertur nennt man das Maß der Öffnungsweite eines optischen Geräts zum Senden oder Empfangen von Licht]. Anschließend gelangt jedes Photon in ein spezielles optisches System, den Detektor, der die Information der aufgefangenen Photonen in Daten umwandelt, die einen kryptografischen Schlüssel bilden.

Die Verwendung eines Kommunikationsweges durch die Atmosphäre hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Der Nachteil ist die Vorbedingung einer direkten Sichtverbindung zwischen den Teilnehmern und die notwendige Barrierefreiheit zwischen ihnen, um die Daten auch wirklich zu übertragen. Solche Kommunikation ist daher stark wetterabhängig: Bei Schneefall oder Nebel wird es nicht mögliche sein, kryptographische Schlüssel über den atmosphärischen Kanal auszutauschen. Inzwischen ist dieses Problem jedoch gelöst – die Schlüssel werden mit einer kleinen zeitlichen Reserve verteilt, die alten Schlüssel können noch einige Zeit lang neue Informationen verschlüsseln.

In unseren Systemen werden die Schlüssel (mit einer Länge von 256 Bit) mit einer Geschwindigkeit von mehreren Schlüsseln pro Minute oder schneller erzeugt.

Der Vorteil liegt darin, dass der drahtlose Übertragungsweg auch dort genutzt werden kann, wo keine Glasfaserkabel verlegt werden können."

RT: Das Zentrum für Quantentechnologien der physikalischen Fakultät an der Moskauer Staatlichen Universität hat vor Kurzem Hardware zur Übertragung von Quantenschlüsseln und von Informationen, die mit Quantenschlüsseln geschützt war, über atmosphärische Kommunikationswege getestet. Bitte erklären Sie uns diese Arbeiten.

Sergei P. Kulik: "Diese Arbeit werden von uns schon seit Langem vorangetrieben, und wir haben solche Hardware auch schon viele Male getestet. Gerade gestern sind wir bei diesem Projekt wieder einen Schritt vorangekommen und haben eine neue technische Stufe erreicht. Das System besteht aus zwei Terminals, die über einen atmosphärischen Kanal in einigen Kilometern Entfernung innerhalb der Grenzen der Sichtverbindung miteinander verbunden sind. Darüber hinaus konnten wir bereits eine Verteilung von Schlüsseln über einen atmosphärischen Kanal und auch an ein mobiles Objekt realisieren. Es handelte sich um ein unbemanntes Luftfahrzeug, das in einem Radius von einigen hundert Metern um den Sender flog.

Wir haben noch ein weiteres Projekt, das sich bisher wegen der Bürokratie verzögert hat: die Rede ist von einer Verteilung von Schlüsseln für Satelliten in niedriger Umlaufbahn. Auf diesem Gebiet verfügt unser Zentrum über einen umfangreichen Vorlauf: die notwendige Hardware wurde entwickelt und Prototypen wurden hergestellt."

RT: Wie anspruchsvoll ist die Hardware, die benötigt wird, um Quantenkommunikation über einen atmosphärischen Kanal zu realisieren?

Sergei P. Kulik: "Zum Einsatz kommen sowohl Spezialgeräte als auch die klassischen Geräte der Telekommunikation. Mit speziellen Geräten werden Photonen erzeugt, umgewandelt und aufgezeichnet. Das sind einzigartige Geräte, obwohl – ich wiederhole es – sowohl wir als auch andere wissenschaftliche Teams seit Langem in diesem Feld tätig sind.

Auch die üblichen Telekommunikationsgeräte kommen zum Einsatz: Teleskope, Geräte zur Umwandlung und Kontrolle optischer Signale."

RT: Wie groß ist die maximale Distanz, über die Daten auf diese Weise übertragen werden können?

Sergei P. Kulik: "Am besten funktioniert diese Technologie im Weltraum, wo es keine Aerosole oder Luftverunreinigungen gibt. Wichtig ist der Begriff der Beugungsdivergenz. Normalerweise ist der Winkel dieser Divergenz nicht sehr groß, so dass die Daten im Weltraum über Tausende von Kilometern unter den Bedingungen der direkten Sichtverbindung übertragen werden können. Auf dem Erdboden liegen die Rekordwerte bei Hunderten von Kilometern, aber in einem Ballungsraum sind es wegen der hohen Luftverschmutzung meist nur einige Kilometer.

Allerdings gibt es zahlreiche Auftraggeber, für die es von Bedeutung ist, eine solche Übertragung nicht über viele Kilometer, sondern nur über einige Hundert Meter zu ermöglichen. Dies ist dann erforderlich, wenn die Datenübertragung auf größere Distanz bereits über Glasfaserkabel erfolgt, denn dann bleiben kleine Abschnitte, wo die Verlegung schwierig oder unpraktisch ist. Hier wird dann der atmosphärische Kanal für die Datenübertragung genutzt. Bildlich gesprochen können diese Gebiete mit der bekannten "letzten Meile" zum Endnutzer verglichen werden.

Normalerweise handelt es sich dabei etwa um die Standorte von Großunternehmen. Manche Abteilungen sind in mehreren Gebäuden untergebracht, und der atmosphärische Kanal ermöglicht auch dann eine verschlüsselte Kommunikation zwischen ihnen."

RT: Sie haben bereits die Störfaktoren in Form von Aerosolen und Schnee erwähnt, die eine solche Kommunikation stören. Gibt es neben der kurzzeitigen Verwendung bereits veralteter Schlüssel noch andere Lösungen für dieses Problem?

Sergei P. Kulik: "Solche Lösungen gibt es nicht, denn die Inkaufnahme der möglichen Störungen sind der Preis für die hohe Datensicherheit der Kommunikation, die Nebenkosten, sozusagen."

RT: In welchen anderen Anwendungsbereichen könnte diese Technologie eingesetzt werden? Zum Beispiel gibt es Berichte über den möglichen Einsatz für die Kommunikation mit unbemannten Fahrzeugen.

Sergei P. Kulik: "Ja, wir haben bereits solche Geräte entwickelt, die bei Bedarf auch auf unbemannten Objekten, etwa Drohnen eingesetzt werden können. Das Niveau des Datenschutzes ist dabei sehr hoch. Ich glaube jedoch nicht, dass Drohnen überhaupt eine so hohe Datengeheimhaltung brauchen. Hauptanwendungsgebiet ist nach wie vor die Kurzstreckenkommunikation sensibler Daten in städtischen Gebieten und langfristig auch der Einsatz im Weltraum.

Für den Weltraum ist die Technologie von großer Bedeutung, da der Einsatz auf Satelliten mit niedriger Umlaufbahn dann sehr große Gebiete mit sicherer Kommunikation abzudecken vermag. Das ist eine komplexe Aufgabe, die aber praktisch schon gelöst ist. Heute ist das in Russland nicht einmal eine Frage der Technik, sondern eine Aufgabe rein organisatorischer Natur."

Übersetzung aus dem Russischen

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