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Türkei verstärkt Zusammenarbeit mit Russland beim Bau von erstem türkischem Atomreaktor

Die Türkei hat sich den Sanktionen gegen Russland bisher nicht angeschlossen. Ankara will seine Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu Russland weiter schützen. Das zeigt sich auch beim Bau des ersten Atomkraftwerks in der Türkei in Kooperation mit Russland.
Türkei verstärkt Zusammenarbeit mit Russland beim Bau von erstem türkischem AtomreaktorQuelle: AFP © Ibrahim Mese/Dogan Nachrichtenagentur/AFP

Als einziger NATO-Staat hat die Türkei bisher keine Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. Auch der Luftraum über der Türkei wurde für russische Flüge nicht gesperrt. Die türkische Regierung ist bemüht, ihre Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu Russland weiter zu schützen. Das zeigt sich auch deutlich beim Bau des ersten Kernkraftwerks in der Türkei, bei dem die Zusammenarbeit mit Russland diese Woche noch einmal verstärkt wurde.

Wie die Newsplattform Nordic Monitor berichtete, billigte das türkische Parlament am 5. März einen von der Regierung befürworteten Gesetzentwurf über einen nuklearen Rechtsrahmen, der eine Reihe von Zugeständnissen an das russische Unternehmen Atomstroyexport, eine Tochtergesellschaft der staatlichen Kernenergiegesellschaft Rosatom, ermöglichte.

Dem Bericht zufolge wurde der Gesetzentwurf am 24. Februar von der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), deren Vorsitzender Präsident Recep Tayyip Erdoğan ist, ins Parlament eingebracht und innerhalb von vier Tagen durch zwei Parlamentsausschüsse – den Ausschuss für Industrie, Handel, Energie, natürliche Ressourcen, Information und Technologie sowie den Umweltausschuss – geschleust. Die Generalversammlung stimmte am Samstag trotz Kritik der Oppositionsparteien für das Gesetz.

Es sei ein schlechtes Timing, einem Kernenergiegesetz, das hauptsächlich Russland betreffe, zu einem Zeitpunkt Priorität einzuräumen, an dem Russland in die Ukraine einmarschiere und Herausforderungen für die nationale Sicherheit, den Handel und die Wirtschaft der Türkei darstelle, so die wichtigste oppositionelle Republikanische Volkspartei (CHP) in ihrer abweichenden Stellungnahme, die einem von den Parlamentsausschüssen am 1. März gemeinsam veröffentlichten Bericht beigefügt war.

Der Oppositionsabgeordnete Kemal Bülbül (HDP) sagte während der Debatte in der Generalversammlung am 5. März:

"Die Ironie der Sache ist, dass das Thema, das wir [heute] über den Gesetzesentwurf diskutieren, direkt mit Russland zu tun hat, und Russland ist nun in die Ukraine eingefallen. (...) Wir gewähren Russland Privilegien, gegen das die Welt Sanktionen verhängt hat. Was für ein Paradoxon ist das? Und dann sagen wir, dass wir an der Seite des ukrainischen Volkes stehen und dass wir mit der Ukraine solidarisch sind. (...) Russland hat die Ukraine überfallen. Das ist ein Verbrechen gegen die Menschheit und das ukrainische Volk. (...) Die Regierung der Republik Türkei sollte eine klare und unmissverständliche Haltung dagegen einnehmen."

In dem Gesetzentwurf werden die Befugnisse der Atomaufsichtsbehörde (Nükleer Düzenleme Kurumu, NDK), der rechtliche Rahmen für die Nutzung der Kernenergie und die Entsorgung der Abfälle sowie andere Fragen im Zusammenhang mit der Kernenergie festgelegt. Es ist speziell auf die Verwaltung des Kernkraftwerks Akkuyu zugeschnitten, das in Kooperation mit Russland im Süden der Türkei gebaut wird.

Das Abkommen über den Bau eines Kernkraftwerks mit einer Leistung von 4.500 MW wurde 2010 zwischen der Türkei und Russland unterzeichnet; der Baubeginn war für 2013 geplant. Der erste von vier Reaktoren soll im Jahr 2023 mit der Stromerzeugung beginnen. Wenn er vollständig in Betrieb ist, wird er zehn Prozent des türkischen Strombedarfs decken. Der verspätete Baubeginn wurde 2015 gefeiert.

Die Opposition kritisierte schon damals, dass die Türkei bei der Energieversorgung, insbesondere beim Gas, bereits von Russland abhängig sei und dass die Vergabe des Auftrags zum Bau des ersten türkischen Kernkraftwerks an Russland diese Abhängigkeit noch verstärken würde. Der Vertrag gewähre Russland die volle Kontrolle über die Anlage, von der Bereitstellung von Rohstoffen über die Abfallentsorgung bis hin zum Management der Anlage. Dies stelle ein Risiko für die nationale Sicherheit der Türkei dar, so die Opposition.

Die Erdoğan-Regierung kündigte nach dem Angriff Moskaus auf die Ukraine öffentlich an, dass sie sich den von den westlichen Verbündeten der Türkei gegen Russland verhängten Sanktionen nicht anschließen werde. Vielmehr werde man im Einklang mit seinen eigenen nationalen Interessen handeln, um die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu Russland zu schützen.

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