Die US-Regierung warnt weiterhin vor einem angeblich bevorstehenden russischen Einmarsch in die Ukraine. Am 11. Februar hat Joe Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan erklärt, die USA hielten einen russischen Einmarsch in die Ukraine noch vor dem Ende der Olympischen Winterspiele in China am 20. Februar für möglich. Eine Invasion könnte jederzeit beginnen, sollte sich Russlands Präsident Wladimir Putin dazu entschließen, sie anzuordnen. Zugleich räumte Sullivan ein, der US-Regierung lägen keine Informationen vor, dass Putin bereits eine endgültige Entscheidung für eine Invasion getroffen habe:
"Wir sehen weiterhin Anzeichen für eine russische Eskalation, einschließlich neuer Truppen, die an der ukrainischen Grenze eintreffen."
Der Sicherheitsberater teilte ferner mit, ein möglicher Angriff könne verschiedene Formen annehmen. Es könnte sich auch um einen schnellen Vormarsch der Truppen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew handeln. Falls es zu einem russischen Einmarsch kommen sollte, dürfte es zunächst Luftangriffe und dann eine Bodenoffensive geben. Deswegen wäre es dann wohl kaum mehr möglich, aus dem Land herauszukommen. Vor diesem Hintergrund forderte Sullivan alle US-Staatsbürger auf, die Ukraine schnellstens zu verlassen:
"Alle Amerikaner in der Ukraine sollten das Land so bald wie möglich verlassen – und auf jeden Fall in den nächsten 24 bis 48 Stunden."
Auch Großbritannien, Dänemark, Lettland und Estland forderten ihre Bürger auf, aus der Ukraine auszureisen.
Inzwischen berichtete die US-Zeitung Politico unter Berufung auf informierte Kreise, US-Präsident Biden habe am Freitag während einer Videokonferenz mit den NATO-Verbündeten den 16. Februar als Tag einer angeblichen Invasion genannt. Ihm zufolge könnten einem mutmaßlichen Einmarsch Cyber- und Raketenangriffe vorausgehen. Nach Angaben des US-Blattes habe ein britischer Beamter erwidert, man habe eine andere Interpretation der Aufklärungsdaten in Bezug auf den 16. Februar. Zwei EU-Diplomaten hätten sich noch skeptischer gezeigt. Einer von ihnen habe sogar gesagt, er weigere sich, dies für bare Münze zu nehmen. Dann würde Putin einen großen Fehler begehen. Der Krieg sei kostspielig. Die Ukraine werde sich mit allen Mitteln wehren.
Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete ihrerseits unter Berufung auf anonyme Quellen, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine bereits am 15. Februar mit einer Provokation in der ostukrainischen Konfliktregion Donbass oder mit einem Angriff auf Kiew beginnen könnte. Möglich sei, dass es dazu bereits am Dienstag komme, schrieb Bloomberg, ohne dafür Beweise anzuführen.
Russland weist alle Anschuldigungen zurück
In der Nacht zum 12. Februar bezeichnete die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa die Erklärung von Sullivan als "Hysterie". Auf Telegram schrieb sie:
"Die Angelsachsen brauchen einen Krieg. Um jeden Preis. Provokationen, Desinformationen und Bedrohungen sind ihre Lieblingsmethode, eigene Probleme zu lösen."
Die Diplomatin warf US-Medien und insbesondere Bloomberg Propaganda vor.
Russlands Botschafter in den USA, Anatoli Antonow, erklärte in einem Kommentar für das US-Magazin Newsweek, dass die US-Regierung mit solchen Erklärungen die Propagandakampagne gegen Russland in den Medien steigern wolle. Das Weiße Haus versuche, die Öffentlichkeit glauben zu lassen, dass eine Aggression unabwendbar sei. Antonow verwies darauf, dass es keine Beweise für einen Einmarsch Russlands während oder nach den Olympischen Spielen in China gebe.
"Washington streut allen nach wie vor Sand in die Augen, indem es sich auf gewisse Aufklärungsdaten beruft, deren Einzelzeiten es nicht preisgibt. Selbst örtliche Beobachter bemerken, dass das Vertrauen der US-Bürger in solche unbegründeten Behauptungen abrupt gesunken ist."
Der Westen warnt seit Wochen vor einer angeblichen Offensive Russlands gegen die Ukraine. Der Kreml bestreitet regelmäßig, überhaupt solche Pläne zu haben. Seinerseits fordert Moskau von Washington und dem westlichen Militärbündnis schriftliche Garantien, dass sich die NATO nicht weiter nach Osten ausdehnen wird.
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(rt/dpa)