Die genauen Zahlen sind unbekannt. Es heißt "hunderttausende" Gastarbeiter bauen, aus dem Wüstensand entstehend, an den acht Fußballarenen, die für die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar benötigt werden.
In gut einem Jahr, vom 21. November bis zum 18. Dezember 2022, wird in dem Wüstenstaat Katar die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 ausgetragen. Die Rahmenbedingungen für die Gastarbeiter sind schon lange bekannt und weiterhin schlicht skandalös. Teilweise ist eine Siebentage-Woche Normalität, Schichten von 12 bis 14 Stunden eine Selbstverständlichkeit.
Im Februar dieses Jahres berichte der englische Guardian in einem längeren Artikel über die katastrophalen Umstände. Der Beitrag enthüllte erstmalig Zahlen von verstorbenen Gastarbeitern auf den Baustellen:
"Mehr als 6.500 Arbeitsmigranten aus Indien, Pakistan, Nepal, Bangladesch und Sri Lanka sind in Katar gestorben, seit das Land vor 10 Jahren den Zuschlag für die Fußball-Weltmeisterschaft erhalten hat".
Die aus Regierungsquellen zusammengetragenen Ergebnisse belegten, dass seit Dezember 2010, als verkündet wurde, dass Katar der Ausrichter der kommenden Fußball-WM wird, durchschnittlich 12 Wanderarbeiter aus diesen fünf südasiatischen Ländern pro Woche gestorben sind.
Neueste Studien aus England zeigen nun, dass die Zahl der verstorbenen Arbeiter wesentlich höher einzuschätzen ist. Nicolas McGeehan, ein Experte für Menschen- und Arbeitsrechte, berichtet in einem Beitrag für das ZDF, dass man mittlerweile von bis zu 15.000 Verstorbenen ausgehen muss.
Der eigentliche Skandal sei jedoch, dass an die 70 Prozent dieser Vorfälle nicht aufgeklärt werden. Demnach erhalten die Opferfamilien keinerlei Informationen darüber, wie ihre Angehörigen zu Tode gekommen sind. Nach Einschätzung der britischen Zeitung Guardian ist zumindest eine der bekannten Todesursachen der Hitzetod, ausgehend dem permanenten Hitzestress bei Überlastung unter skandalösen Arbeitsrahmenbedingungen. Die Folgen: akutes Herz- oder Lungenversagen.
Die neuesten Zahlen wurden ausgehend von einem Bericht von Amnesty International aus dem August dieses Jahres analysiert: "Nachdem jahrelang keine Daten zur Sterblichkeit veröffentlicht wurden, hat die öffentliche Statistikbehörde von Katar (PSA) in den letzten Jahren erstmalig damit begonnen, offizielle Daten zu veröffentlichen, die bis ins Jahr 1985 zurückreichen":
"Den Daten zufolge sind in den zehn Jahren zwischen 2010 und 2019 15.021 Nicht-Kataris gestorben."
Nüchterne Zahlen einer Großbaustelle, die des Lusail-Stadions für u.a. das WM-Endspiel: geplant für 90.000 Zuschauer und 10 WM-Spiele. Bauarbeiter: 10.000, Kosten: ca. 1 Milliarde US-Dollar und, wie im ZDF-Beitrag durch einen offiziellen Sprecher der Baustelle betont, bisher "ohne einen Toten". Laut Aussagen von Arbeitern liegt der monatliche Lohn bei knapp 300 Euro, sollte er denn überhaupt ausgezahlt werden. Oft vergehen Monate bis zu einer Auszahlung. Die Situation der Unterbringung ist katastrophal und unmenschlich.
Die Widersprüche zwischen den angekündigten "Verbesserungen" in den offiziellen Statements der Verantwortlichen und den Realitäten auf den Baustellen hätten sich signifikant verschoben – zu Ungunsten der ausgebeuteten Gastarbeiter, so Nicolas McGeehan. Erinnert sei dabei an die Einschätzung von Franz Beckenbauer aus dem Jahre 2013, zum Thema der Arbeitsbedingungen in Katar:
Die ZDF-Reportage präsentiert ein offizielles Regierungsdokument, in dem die ausführenden Baufirmen aufgefordert werden, einen Plan zu erstellen, über den sie organisieren sollen, auf eigene Kosten der Firmen während der laufenden WM im Jahre 2022, einen Großteil der angestellten Arbeitskräfte außer Landes zu schaffen. Dieser offizielle Druck wird nun auf die Arbeiter abgewälzt, die selber dafür sorgen sollen, dass sie Katar nach getätigter Arbeit auf eigenen Kosten schnellstmöglich wieder verlassen.
Katar-Offizielle, wie auch die FIFA schweigen zu diesen Realitäten und Vorwürfen. Recherchierende Journalisten werden in ihrer Arbeit vor Ort boykottiert, es kam sogar zu Festnahmen. Die Kritik, hinsichtlich der WM 2022 in Katar, z.B. auch von Human Rights Watch, wird wieder lauter. Auch die der Stimmen, die einen Boykott der Veranstaltung fordern.
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