Die Menschenrechtsorganisation Reprieve hat am Freitag die baldige Freilassung von Ahmed Rabbanis aus Guantánamo Bay bekannt gegeben. Das Periodic Review Board des Gefängnisses, das sich aus hochrangigen Vertretern von sechs US-Behörden, darunter das Außenministerium und das Ministerium für Innere Sicherheit, zusammensetzt, hatte Rabbani einstimmig zur Freilassung freigegeben.
Der Taxifahrer aus Pakistan wurde von den USA 19 Jahre lang ohne Anklage oder Gerichtsverfahren eingesperrt, die letzten 17 Jahre davon in Guantánamo.
Rabbanis Weg durch die Unterwelt der vom 11. September 2001 geprägten US-Sicherheitsinfrastruktur begann im Jahr 2002 im pakistanischen Karatschi. Der Taxifahrer wurde mit dem gesuchten Terroristen Hassan Ghul verwechselt. Pakistanische Sicherheitsbehörden nahmen ihn vor dem Wohnkomplex fest, wo Ghul wohnhaft war, und verkauften ihn an Vertreter der US-Behörden in dem Land.
Zwar dienten Informationen, die von einer am selben Tag verhafteten Person aus dem Umkreis Rabbanis geliefert wurden, zur Festnahme mehrerer mutmaßlicher Al-Qaida-Aktivisten, darunter auch ein mutmaßliches Mitglied von Osama Bin Ladens Sicherheitsstaffel. Rabbani selbst wurde hingegen nie eines Verbrechens angeklagt, und es wird auch nicht angenommen, dass er irgendwie in den Terrorismus verwickelt ist.
Dennoch wurde er nach seiner Ergreifung mehr als 545 Tage lang an einer sogenannten "Black Site", einer illegalen oder getarnten, jedenfalls geheimen Einrichtung der CIA in Afghanistan gefoltert. Der Folterbericht des US-Senats aus dem Jahr 2014 gibt über die Methoden der Folter, der Rabbani dort ausgesetzt war, genaue Auskunft. Unter anderem war er lange Zeit mit über den Kopf gestreckten Händen gefesselt – eine qualvolle Position, die Rabbani sogar zum Versuch veranlasste, sich selbst die Hand abzutrennen, um die Schmerzen zu beenden.
Mehrere Gefangene desselben CIA-Gefängnisses beschrieben in ihren Aussagen ständige Dunkelheit, mit Exkrementen überflutete und von Ungeziefer befallene Zellen, Schläge, Schlafentzug, simulierte Beerdigungen bei lebendigem Leibe, komplette Entkleidung und Übergießen mit kaltem Wasser sowie monatelange Verweigerung von Möglichkeiten zur Körperhygiene.
Laut Reprieve wussten die für Rabbanis Vernehmung verantwortlichen Beamten sehr wohl, dass "sie den falschen Mann hatten" – und folterten ihn trotzdem. Nach über einem Jahr in der CIA-Einrichtung wurde Rabbani dann in das Gefangenenlager Guantánamo Bay auf dem US-Territorium in Kuba verlegt. Dort verbrachte er schließlich die nächsten 17 Jahre, ohne dass jemals eine Anklage oder ein Gerichtstermin festgelegt wurde.
Sein Fall erregte internationale Aufmerksamkeit und im Jahr 2018 schrieb Rabbani einen Kommentar, der in der Los Angeles Times veröffentlicht wurde. Darin schilderte er körperliche und sexuelle Misshandlungen durch Wärter, Zwangsernährung und wiederholte Hungerstreiks, mit denen er gegen die Bedingungen seiner Inhaftierung protestierte. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gab Rabbani bekannt, er leide unter "so akuten Magenproblemen, dass ich keine feste Nahrung zu mir nehmen kann, ohne Blut zu erbrechen". Verdauliche Nahrung sei ihm hierbei verweigert worden.
Die Bedingungen in Guantanamo haben auch an Rabbanis geistiger Gesundheit gezehrt. So schrieb er zum Beispiel:
"Es gibt keinen Morgen und keinen Abend. Es gibt nur Verzweiflung."
"Ahmeds Entlassung ist längst überfällig", kommentierte Mark Maher, Jurist bei der Menschenrechtsorganisation Reprieve. "Für diejenigen von uns, die ihn unterstützt haben, ist es ein Gefühl der Erleichterung, wenn auch gemischt mit Trauer über alles, was er verloren hat. Aber wir werden nicht eher feiern, bis er wieder bei seiner Familie in Pakistan ist und seinen 19-jährigen Sohn zum ersten Mal in die Arme schließen kann."
Von den 780 Personen, die in Guantánamo Bay seit Eröffnung der Einrichtung im Jahr 2002 gefangen gehalten wurden, wurden mittlerweile 732 an andere Standorte verlegt oder freigelassen. Weitere 38 Personen verbleiben dort, neun Inhaftierte sind in der Gefangenschaft gestorben. Präsident Joe Biden hatte versprochen, das berüchtigte Gefängnis zu schließen, bevor er aus dem Amt scheidet – wie vor ihm auch sein früherer Chef Barack Obama, der sein Versprechen jedoch nicht gehalten hat.
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