Die Aufrufe einiger ukrainischer Regierungsmitglieder zur Stationierung von US-Luftabwehrsystemen auf ukrainischem Staatsgebiet zeigen den vorsätzlich provokativen Charakter der Politik in Kiew. Dies erklärte die offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa. Sie reagierte damit auf ein entsprechendes Statement aus Kiew, das am 10. August veröffentlicht wurde. In dieser Erklärung hatte der stellvertretende ukrainische Ministerpräsident für Fragen der Reintegration von Donezk und Lugansk Alexei Resnikow, das Auftauchen von US-Luftabwehrsystemen in der Ukraine samt Militärpersonal für nicht ausgeschlossen erklärt. Analytiker erinnern: Dies ist nicht das erste Mal, dass Kiew um solche Waffen bittet, aber in Washington ignorierte man diese Bitten bisher. Im Ersten Russischen Fernsehen bewertete Sacharowa das so:
"Dieser Fall scheint mir der Beweis zu sein ... für die provokative Politik der Ukraine sowohl in der Region als auch gegenüber Russland. Dies ist ein Beweis für die Absichten der Vereinigten Staaten hinter der Art der Beziehungen, die sie mit der Ukraine aufbauen – wo doch der russische Faktor im Mittelpunkt dieser Beziehungen steht."
Auch Leonid Sluzki, Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten in der Staatsduma, äußerte sich ähnlich. In seinem Telegram-Kanal bezeichnete der Parlamentarier die Worte Resnikows als grobe Provokation: "Resnikows Erklärung ist eine grobe Provokation. Eine Stationierung von US-Luftabwehrsystemen in der Ukraine könnte das Gleichgewicht der Kräfte nicht nur in der Region, sondern noch über die Grenzen der Region hinaus verändern."
"Russland hat das Asowsche Meer besetzt und will Atomwaffen auf die Krim bringen! Erbitten US-Luftabwehr!"
Die betreffende Erklärung des stellvertretenden ukrainischen Ministerpräsidenten erfolgte nach dessen Treffen mit dem Präsidenten der Jamestown Foundation, Glen Howard. Darin heißt es:
"Wichtig ist, das Sicherheitspaket für die Ukraine auszuweiten, vor allem durch Indienststellung von Luftverteidigungskräften – sogar durch die Stationierung von Einheiten des US-Militärs. Unsere Gesetzgebung erlaubt dies."
Ferner besagt die Erklärung, die Russische Föderation habe "das Asowsche Meer besetzt und das Gleichgewicht im Schwarzen Meer völlig verändert, es komplett militarisiert":
"Wir sind besonders besorgt über die Maßnahmen Russlands zur Vorbereitung der Krim auf die Indienststellung von Atomwaffen dort; gerade gestützt auf die Krim führt Russland militärische Operationen im Nahen Osten und in Afrika durch, übt Einfluss auf den Balkan aus."
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Popanz für ukrainischen innenpolitischen Gebrauch
Nach Ansicht Konstantin Blochins, eines führenden Wissenschaftlers am Zentrum für Sicherheitsforschung der Russischen Akademie der Wissenschaften, entbehrt Resnikows Aussage über Atomwaffen auf der Krim jeglicher Grundlage. Im Gespräch mit RT erinnerte Blochin an die Reichweiten der heutigen Nuklearwaffenträger:
"Das ist Desinformation. Es ist schwer vorstellbar, wozu die Russische Föderation Nuklearwaffen auf der Krim dislozieren würde. Hier gibt es keine Logik. Es gibt doch Interkontinentalraketen und andere Träger. Es besteht keine Notwendigkeit, sie auf der Krim zu stationieren. Solche Aussagen sind höchstwahrscheinlich für das inländische Publikum bestimmt, um das Feindbild Russland aufrechtzuerhalten."
US-Militärhilfen und der Traum der ukrainischen "Patrioten"
Die Initiative Resnikows zur Stationierung US-amerikanischer Luftabwehrsysteme in der Ukraine wurde bereits von der ukrainischen Präsidialverwaltung kommentiert.
Sergei Nikiforow, Pressesprecher des ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij, merkte bei einer Pressekonferenz an, dass die Äußerungen Alexei Resnikows "noch" nicht als offizielle Position Kiews angesehen werden sollten:
"Ich denke, dass diese Aussage von Herrn Resnikow nicht als Absicht, sondern als eine hypothetische Möglichkeit zur Stärkung der Sicherheit in der Ukraine interpretiert werden sollte."
Erwähnenswert, dass dies nicht der erste derartige Vorstoß ukrainischer Regierungsbeamter ist.
Erst im April 2021 meinte der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes Andrei Jermak in einem Gespräch mit der US-Zeitschrift Time, dass die USA Patriot-Flugabwehrraketensysteme in der Ukraine stationieren sollten:
"Die Ukraine hält die Verteidigung gegen Russland nicht nur für sich selbst aufrecht, sondern auch für den Westen. Doch wo stationieren die USA ihre Patriot-Raketen? Die nächstgelegenen befinden sich in Polen. Doch befinden sollten sie sich hier!"
Er erklärte allerdings nicht, wie der wahrscheinliche Patriot-Einsatz aussehen solle: Experten gingen davon aus, dass nach den Hoffnungen in Kiew entweder im Rahmen der US-Militärhilfen eine kostenlose Lieferung für das ukrainische Militär erfolgen solle oder aber Kiew bei Abschluss eines kommerziellen Liefervertrages einen satten Rabatt erhalten würde – als "Spezialpartner" der Vereinigten Staaten.
Eine ähnliche Erklärung wurde schon im Jahr 2018 vom damaligen ukrainischen Verteidigungsminister Stepan Poltorak abgegeben. Er forderte die Regierung auf, Mittel für den Kauf von Patriot-Systemen bereitzustellen: Ihm zufolge würde die Lieferung dieses Systems an die Ukraine ermöglichen, ihre Grenze zu Russland sicher zu schließen.
Poltorak schätzte den Bedarf der ukrainischen Armee an Patriot-Luftabwehrsystemen auf fünf Divisionen ab. Er schlug vor, das Geld für die Anschaffung eines solch teuren Systems aus der Schmuggelbekämpfung zu nehmen:
"4 Milliarden US-Dollar würden uns ausreichen, um fünf Divisionen des US-Luftabwehrsystems Patriot zu kaufen und die Grenze zu Russland vollständig zu schließen."
In jenem Jahr wurde das Thema möglicher Patriot-Lieferungen an die Ukraine im Rahmen eines Treffens der Präsidenten der USA und der Ukraine auf dem NATO-Gipfel besprochen, sowie bei Gesprächen, die die Ukraine mit John Bolton als dem Berater für Nationale Sicherheit des damaligen US-Präsidenten Donald Trump führte. Im August 2018 fragte Kiew in Washington, D.C. definitiv den Kauf des Patriot-Luftabwehrsystems an, was jedoch ohne Antwort blieb.
Doch im Gegensatz zu Alexei Resnikow forderten weder Poltorak noch Jermak bei ihren Vorstößen nebst den Luftabwehrsystemen auch noch eine Stationierung von US-Truppen in der Ukraine.
In Washington reagierte man auf diese Vorschläge bisher in keiner Weise. Analytikern zufolge leisten die Vereinigten Staaten jedoch ohnehin – auch ohne die Lieferung von Luftabwehrsystemen – bereits beträchtliche militärische Unterstützung für die Ukraine.
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Insbesondere erhält die Ukraine regelmäßig Tranchen aus dem US-Haushalt für ihren militärischen Bedarf. Washingtons Begründung dafür ist die Abwehr einer angeblichen "russische Aggression".
Für diesen Zweck wurden der Ukraine in den Jahren 2017 und 2018 jeweils 350 Millionen US-Dollar, im Jahr 2019 "nur" 250 Millionen und im Jahr 2020 wieder 300 Millionen US-Dollar bewilligt. Im März dieses Jahres wurde bekannt, dass die US-Regierung unter Joe Biden beschloss, der Ukraine weitere 125 Millionen US-Dollar im Rahmen eines neuen Pakets an Militärhilfen zu gewähren.
Darüber hinaus liefern die USA der Ukraine Javelin-Panzerabwehrsysteme, Patrouillenboote, Tauchausrüstung, Wärmebildkameras, Kommunikationsausrüstung und weitere militärische Güter.
Auch entsenden die USA regelmäßig Ausbilder in die Ukraine, um das dortige Militär gemäß NATO-Standards zu schulen.
"Nunmehr nichtsbedeutendes Dokumentlein – die Verfassung der Ukraine"
Analytiker halten eine Lieferung von US-Luftabwehrsystemen an die Ukraine in absehbarer Zeit für ebenso unwahrscheinlich wie die Stationierung solcher Systeme zusammen mit Militärpersonal aus den USA auf ukrainischem Gebiet. Gleichwohl sei eine solche Möglichkeit jedoch nicht völlig auszuschließen. Der ukrainische Politologe Alexander Semtschenko argumentierte in einem Gespräch mit RT:
"Dies ist eine Aussage mit dem Ziel der Provokation. Doch es sollte klar sein, dass diese Idee theoretisch realisierbar ist. Es gab unglaubliche Dinge, von denen schwer vorstellbar war, dass so etwas möglich sei: Zum Beispiel die NATO in Polen, Litauen und Estland. Es war schwer vorstellbar, aber es ist geschehen. Natürlich werden sie es nicht in ein oder zwei Jahren schaffen – aber auf mittelfristige Perspektive, in fünf bis zehn Jahren, ist es durchaus möglich."
Dabei laufen nach Einschätzung des Experten Resnikows Äußerungen über eine angebliche Möglichkeit, US-Militärpersonal zusammen mit den Luftabwehrsystemen in der Ukraine zu stationieren, der Verfassung des eigenen Landes zuwider. In dieser heißt es, dass auf ukrainischem Territorium "keine ausländischen Militärstützpunkte platziert werden dürfen":
"Dies ist eine Provokation nicht nur gegen Russland, sondern auch gegen das ukrainische Volk. Es gibt da so ein nunmehr unbedeutendes Papierchen – die Verfassung der Ukraine. Darin gibt es ein direktes Verbot der Stationierung ausländischer Truppen auf dem Hoheitsgebiet der Ukraine. Was der stellvertretende Ministerpräsident vorschlägt, ist eine gleichgültige Haltung gegenüber dem Grundgesetz."
"Moskau schaut genau hin" und wird zum Handeln gezwungen sein
Konstantin Blochin ist der Ansicht, dass ein Auftauchen von US-Militärinfrastruktur auf dem Territorium der Ukraine bedeuten würde, dass Washington und Kiew eine rote Linie überschritten haben:
"Nach dem Ende des Kalten Krieges gab es eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen Russland und dem Westen, dass die Ukraine ein zumindest neutrales Land sein wird. Doch im Jahr 2014 beschloss die US-amerikanische Elite, die Ukraine in den Westen hinüberzuziehen. Und für Russland ist dieses Thema eine rote Linie. Das Problem ist dabei nicht, dass die Ukraine prowestlich geworden ist oder dass Russland an Einflussbereich verliert – sondern dies ist eine Sicherheitsfrage. Denn eine solche militärische Infrastruktur des Westens auf dem Territorium der Ukraine stellt eine unmittelbare Bedrohung für die nationale Sicherheit Russlands dar."
Gleichzeitig wies Konstantin Blochin darauf hin, dass man in Russland alle daraus erwachsenden Risiken im Blick behält und die Lage beobachtet:
"Moskau beobachtet die Geschehnisse in der Ukraine sehr genau und betrachtet die mögliche Stationierung von US-Luftabwehrsystemen in der Ukraine als Bedrohung für seine nationale Sicherheit. Wir haben die bittere Erfahrung mehrerer Erweiterungswellen der NATO vor unseren Augen, die nach dem Zusammenbruch der UdSSR stattfanden. Wenn ein solches Szenario in der Ukraine eintritt, werden wir handeln müssen. Für uns ist dies ein äußerst wichtiger Faktor bei politischen Entscheidungen."
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