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Der Hype um Wasserstoff als Energiequelle ist echt, aber auch gerechtfertigt?

Über die Bedeutung von Wasserstoff für die Energiebranche der Zukunft wird zurzeit weltweit diskutiert. Viele Regierungen und Energieunternehmen suchen bereits nach Möglichkeiten, die hohen Produktionskosten für das Gas zu senken. Doch lohnt sich das überhaupt?
Der Hype um Wasserstoff als Energiequelle ist echt, aber auch gerechtfertigt?Quelle: www.globallookpress.com © Frank Rumpenhorst / dpa

Wasserstoff gewinnt im globalen Energiemix schnell an Bedeutung, aber es ist noch ein weiter Weg bis zur kohlenstoffarmen Lösung, als die er angepriesen wird.

Bei all dem Hype, der in jüngster Zeit um Wasserstoff als Energiequelle gemacht wird, ist es in Wirklichkeit so, dass die Rolle dieses Brennstoffs bei seiner Verbreitung im globalen Energiesystem vor erheblichen Herausforderungen steht. Dies besagt die Schlussfolgerung eines Berichts des in London ansässigen Weltenergierats (WEC), den dieser in Zusammenarbeit mit dem Electric Power Research Institute (EPRI) und PricewaterhouseCoopers International (PwC) erstellt hat.

Wasserstoff, insbesondere grüner Wasserstoff, der durch Wasserelektrolyse unter Verwendung von Solar- oder Windstrom hergestellt wird, hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen.

Das Gas ist heute in fast jeder Strategie der großen Ölkonzerne enthalten und findet sich in vielen Regierungsplänen zur Dekarbonisierung der Industrie wieder. Es wird erwartet, dass Wasserstoff eine wichtige Rolle bei der Senkung der Kohlenstoffemissionen energieintensiver Industrien spielen wird.  

Gegenwärtig wird die Rolle des Wasserstoffs bei der Energiewende sehr unterschiedlich gesehen. Dem WEC-Bericht zufolge schwanken die bestehenden Szenarien für den Wasserstoffbedarf zwischen sechs und 25 Prozent am weltweiten Endenergieverbrauch im Jahr 2050 beziehungsweise zwischen 150 und 600 Megatonnen, je nachdem, wie das Gas mit anderen sauberen Lösungen wie zum Beispiel Batteriespeichern konkurrieren wird. 

Obwohl sich viele Länder mit der Entwicklung einer Wasserstoffwirtschaft befassen, indem sie zu Lieferanten werden oder Wege für die Nutzung des Gases in der heimischen Industrie aufzeigen, "steht die Verbreitung von Wasserstoff vor großen Herausforderungen", so der Bericht.

In erster Linie sind es die hohen Produktionskosten, die eine Herausforderung bedeuten. Der Weltenergierat stellt in seinem Bericht fest:

"Kohlenstoffarmer Wasserstoff ist derzeit bei den meisten Anwendungen und an den meisten Orten nicht wettbewerbsfähig mit anderen Energieträgern und wird es wahrscheinlich auch bleiben, wenn keine erhebliche Unterstützung zur Überbrückung der Preislücke gewährt wird."

Länder, die am Ausbau ihrer Kapazitäten bei der Wasserstoffproduktion interessiert seien, würden jedoch ermutigende Signale senden. Sie seien bereit, die Verbreitung von kohlenstoffarmem Wasserstoff durch Direktinvestitionen in entsprechende Projekte zu unterstützen, heißt es in dem Bericht weiter.

Die Frage ist, wie viel und wie lange die mit Steuergeldern finanzierte Unterstützung benötigt wird, um den kohlenstoffarmen Wasserstoff ausreichend wettbewerbsfähig zu machen, damit er zu einer praktikablen und kosteneffizienten Lösung für die Dekarbonisierung der Industrie wird.

Außerdem befindet sich die Wasserstoffwirtschaft noch in einem derart frühen Stadium, dass sie mit dem "Henne-Ei-Problem" zwischen Angebot und Nachfrage konfrontiert ist, da bei beiden keine verlässlichen Mengen vorliegen, um eine Wertschöpfungskette zu etablieren, stellt der WEC fest.

Dem Bericht zufolge hemmt die sogenannte Farbdebatte um Wasserstoff, bei der Farben verwendet werden, um die Art der Wasserstofferzeugung zu kennzeichnen, die Innovationen. Diese farbliche Unterscheidung (mehr dazu hier) könnte unnötigerweise eine praktikable und kosteneffiziente Technologie ausschließen, nur weil eine Art von Wasserstoff derzeit beispielsweise als "blau" gekennzeichnet ist. Blauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen durch Kohlenstoffabscheidung hergestellt. Die Autoren des Berichts heben hervor:

"Die Debatte über die Farbgebung muss gelöst werden, da sie das Risiko birgt, dass einige technologische Wege, die kosten- und kohlenstoffeffizienter sein könnten, vorzeitig ausgeschlossen werden. Es zeichnet sich das Gefühl ab, dass die Diskussion über die Farbe hinausgehen und sich stattdessen auf die Kohlenstoffäquivalenz konzentrieren sollte."

Jeroen van Hoof, Leiter des Bereichs Energie, Versorgungsunternehmen und Ressourcen bei PwC in den Niederlanden, kommentierte den Bericht wie folgt:

"Dieses Jahrzehnt ist entscheidend für die Entwicklung von Wasserstoffprojekten und der Infrastruktur für die Produktion, den Transport, den Import, den Vertrieb und die Nutzung von Wasserstoff im großen Stil. Wenn uns dies in den nächsten Jahren gelingt, kann dies den Weg für einen exponentiellen Anstieg der Wasserstoffnachfrage nach 2030 ebnen."

Die Wasserstoffwirtschaft mag noch in den Kinderschuhen stecken, aber Regierungen und die größten Ölgesellschaften Europas, darunter BP, Shell, TotalEnergies, Equinor, Eni und Repsol, arbeiten bereits an laufenden Wasserstoffprojekten und planen weitere für die Zukunft.

Im Mai erklärte die Bundesregierung, dass sie 62 groß angelegte Wasserstoffprojekte mit bis zu zehn Milliarden US-Dollar an Bundes- und Landesmitteln finanzieren werde, um bei der Wasserstofftechnologie weltweit führend zu werden.

Sogar Länder im Nahen Osten, der Region mit der höchsten Ölproduktion der Welt, suchen nach Möglichkeiten, Wasserstoffproduktions- und -exportzentren aufzubauen. Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien setzen auf Wasserstoff, um neben dem Ölexport auf einem weiteren Energiemarkt führend zu sein.

In den Vereinigten Staaten gab Energieministerin Jennifer Granholm im Juni den Startschuss für die erste Energy Earthshots Initiative des US-Energieministeriums, die darauf abzielt, die Kosten für sauberen Wasserstoff innerhalb eines Jahrzehnts um 80 Prozent auf einen US-Dollar pro Kilogramm zu senken. Die Ministerin erklärte:

"Sauberer Wasserstoff ist ein entscheidender Faktor. Er wird dazu beitragen, die stark verschmutzenden Schwerlast- und Industriesektoren zu dekarbonisieren und gleichzeitig gut bezahlte Arbeitsplätze im Bereich sauberer Energie zu schaffen und bis 2050 eine Netto-Null-Wirtschaft zu erreichen."

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