UN-Studie zu Begleiterscheinungen des Lockdowns: Steigende Todeszahlen durch Überarbeitung
Im Japanischen gibt es für den Tod durch Überarbeitung einen Begriff: Karoshi. Der erste Fall von Karoshi in Japan wurde im Jahr 1969 verzeichnet, als ein 29 Jahre alter männlicher Angestellter eines Zeitungsunternehmens verstarb. Erst in den 1980er-Jahren wurde der Begriff der Öffentlichkeit geläufig, und die japanische Regierung begann damit, die Fälle statistisch zu erfassen. Ein Viertel der Angestellten arbeitete 1988 mehr als 60 Stunden pro Woche. Der Begriff wurde auf Selbstmord als Folge durch mentalen Stress bei der Arbeit ausgeweitet.
Dort, wo es keine geregelten Arbeitsverträge und feste Arbeitszeiten gibt, sind die Menschen besonders gefährdet. Eine UN-Studie beschäftigt sich mit dem Tod durch zu viele Arbeitsstunden und verzeichnet einen ansteigenden Trend. Hierzu wurden nun Daten aus mehr als 2.300 Erhebungen in 154 Ländern ausgewertet, die zwischen 1970 und 2018 gesammelt worden waren.
Während die Weltgesundheitsorganisation Arbeitszeiten zwischen 35 und 40 Stunden als Norm ansieht, gelten 55 Stunden und mehr als Überstunden mit gesundheitsgefährdendem Potenzial.
Zu viel arbeiten besonders Menschen in Ostasien, Südostasien und auf dem indischen Subkontinent, aber auch in Ländern Afrikas und Südamerikas. Zwischen 2000 und 2016 stieg die Zahl der Menschen, die einer Herzerkrankung durch Überarbeitung erlagen, um 42 Prozent. Die Zahl der Schlaganfälle, die auf Überstunden zurückzuführen, ist um 19 Prozent gestiegen. Im Jahr 2016 starben an den Folgen der Überarbeitung 745.000 Menschen. Eine von zehn Personen hatte damals übermäßig lange Arbeitszeiten. Die meisten Todesopfer sind Männer.
23 Millionen gesunde Lebensjahre sollen 2016 verloren gegangen sein. Besonders trifft es die Altersgruppen zwischen 60 und 79 Jahren. Hier gibt es die meisten Todesfälle. In den Ländern des afrikanischen Kontinents sind es, angesichts einer sehr jungen Bevölkerung, relativ wenige.
Die Corona-Krise verschärft das Problem – auch in Europa. Durch Sparmaßnahmen in Betrieben verschlechtern sich die Arbeitsbedingungen: Weniger Personal muss mehr Arbeit leisten. Geschlossene Schulen und Kindergärten führen zu Doppelbelastungen. Frank Pega, technischer Referent der WHO-Abteilung für Klimawandel und Gesundheit, beschreibt die Situation:
"Wir haben einige Beweise, die zeigen, dass die Zahl der Arbeitsstunden um etwa zehn Prozent ansteigt, wenn Länder in den nationalen Lockdown gehen. Wir haben auch eine Art massiven Anstieg der Digitalisierung der Arbeit, und die Digitalisierung der Arbeit könnte es tatsächlich schwieriger machen, abzuschalten. Ruhezeiten und persönliche Zeiten müssen beispielsweise eingeplant werden, wenn man online arbeitet, weil man sonst möglicherweise sehr lange arbeitet."
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