Frankreich erhöht Druck auf Libanon: "Absichtliche Behinderung" der Regierungsbildung

Der Libanon befindet sich in einer schweren wirtschaftlichen Krise. Frankreich mischt sich ein und fordert die Bildung einer neuen Regierung in Beirut, andere EU-Mitglieder sollen folgen. Paris wirft den Regierenden eine "absichtliche Behinderung" zur Verbesserung der Lage vor.

In der letzten Woche scheiterten in dem ehemaligen französischen Protektorat Libanon die Gespräche zur Bildung eines neuen Kabinetts. Der französische Präsident Emmanuel Macron schlug einen Fahrplan vor, damit die politische Sackgasse beendet werden kann. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian machte den ersten Schritt und warnte die Anführer des Libanons, eine Regierung zu formen sei dringend geboten, um den Zusammenbruch des Landes zu verhindern.

Es ist die schwerste Krise seit dem Bürgerkrieg. Das libanesische Pfund befindet sich in einer Abwärtsspirale. Seit Ende 2019 büßte die Währung 90 Prozent ihres Wertes ein. Supermärkte im Land müssen wegen fehlender Waren schließen. 

Le Drian machte den Standpunkt Frankreichs bezüglich der Politik des Libanons in einem Telefongespräch mit dem libanesischen Präsidenten Michel Aoun, dem amtierenden Premierminister Saad Hariri und dem Parlamentssprecher Nabih Berri deutlich: 

"Die absichtliche Behinderung jeder Aussicht auf einen Ausweg aus der Krise (...) durch Forderungen, die unvernünftig und veraltet sind, muss aufhören."

"Die Zeit ist gekommen, den Druck zu verstärken." 

Von den anderen EU-Amtskollegen fordert Frankreich, sie in dem Druck auf Beirut zu unterstützen. "Europa" muss bereit sein, wenn ein Land zusammenbricht, so Le Drian.

Das Thema soll in einem EU-Gipfel der Außenminister besprochen werden. Die nun seit sieben Monaten anhaltende Regierungskrise, so der französische Politiker, befeure die schwere Wirtschaftskrise des Landes. Ein Mittel der westlichen Diplomaten könnten Sanktionen gegen libanesische Vertreter sein. 

Am Montag wurde in Beirut ein neuer Notfall-Fonds beschlossen. Nach Angaben der Vereinten Nationen lebt nun mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Armut. Die Arabische Liga bot dem Libanon ihre Hilfe an, um aus der Krise herauszukommen, die durch die Pandemie verschärft wird. 

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