Türkei hofft auf Dialog mit USA über S-400-Krise und die Aufhebung der Sanktionen

Die Türkei hat mit dem Kauf der russischen S-400 ihre NATO-Partner zutiefst irritiert. Zwar hat sie mit dem Jahreswechsel nun die Führung der NATO-Eingreiftruppen übernommen und erfüllt Bündnisfunktionen. Andererseits stellt der S-400-Kauf die Beziehungen auf eine Zerreißprobe.

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu erneuerte am Freitag das Angebot der Türkei, eine gemeinsame Arbeitsgruppe mit den USA zu bilden, um die technischen Aspekte des Kaufs des russischen Luftabwehrsystems S-400 zu prüfen, sobald der designierte US-amerikanische Präsident Joe Biden sein Amt antritt.

Auf dem Rückflug aus Pakistan erklärte er den Journalisten:

"Wir werden ernsthafte Anstrengungen zur Verbesserung unserer Beziehung unternehmen. Dasselbe erwarten wir von der Biden-Administration."

Im Dezember wurden in Washington, D.C. die seit langer Zeit auf Grund des Kaufs der russischen Luftabwehrsystems S-400 angedrohten und erwarteten Sanktionen gegen Ankara erlassen – eine Entscheidung, die die Türkei als einen "schweren Fehler" bezeichnet. Zuvor war die Türkei als NATO-Verbündeter bereits von dem zuvor gemeinsam betriebenen F-35-Kampfjet-Programm ausgeschlossen worden.

In Washington wird behauptet, die S-400 seien eine Bedrohung für die F-35-Kampfjets und sie seien "inkompatibel" mit dem Verteidigungssystem der NATO.

Die Türkei weist das zurück. Sie  erklärte, die S-400 würden nicht in die NATO integriert werden und bot die Bildung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe an, um die widerstreitenden Positionen zu klären.

Ankara: "S-400 keine Wahl, sondern Notwendigkeit"

Der Kauf der S-400 sei weniger aus einer Wahl, sondern aus Notwendigkeit erfolgt, weil die Türkei keine Raketenabwehrsysteme von anderen NATO-Verbündeten unter befriedigenden Bedingungen beschaffen konnte, so die unveränderte Position in Ankara.

Präsident Recep Tayyip Erdoğan sagte am Freitag, er hoffe, dass Washington nach der Amtsübernahme durch Biden bezüglich der F-35-Kampfjets auf die Türkei zugehen werde.

Bereits am Mittwoch hatte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar erklärt: "Wir sind offen von der Notwendigkeit eines Dialogs überzeugt, weil ohne Dialog und mit der Entscheidung wie der Auferlegung von Sanktionen und Ausweitung von Drohungen kein Ergebnis erzielt werden kann."

Akar bekräftigte erneut, die Türkei stehe in einer Verhandlungsphase mit Russland, in der über den Erwerb einer zweiten S-400-Charge gesprochen werde. Er hoffe "auf die Rücknahme der US-Sanktionen" und drückte seinen "Optimismus (aus), dass Ankara in Zukunft in den Produktionsprozess der F-35 zurückkehrt."

Zweite S-400-Lieferung  und gemeinsame Produktion in Aussicht

Die russische Agentur Interfax meldete, dass die Türkei und Russland bei der Vorbereitung eines Treffens Ende Januar seien, in dem unter anderem die neue S-400-Lieferung besprochen werden solle. Es werde damit gerechnet, dass der Kauf der zweiten Serie im April unter Dach und Fach sein wird.

Russland und die Türkei wollen dann die gemeinsame Produktion der S-400 und den entsprechenden Technologietransfer an die Türkei in Angriff nehmen, sagte der Direktor der Türkischen Verteidigungsindustrie Ismail Demir in den Defense News.

Der Kauf des russischen S-400-Systems durch die Türkei wird weiterhin eine Herausforderung für die US-Administration oder  für Joe Biden als Präsident nach seinem Amtsantritt bleiben. Es wird erwartet, dass Biden eine unnachgiebige Haltung gegenüber Erdoğan einnimmt.

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