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"Schade, dass Sie endlich gehen" – Russischer UN-Vertreter geht deutschen Botschafter persönlich an

Der deutsche UN-Botschafter Christoph Heusgen hat erneut Russland und China auf der letzten Sitzung beim UN-Sicherheitsrat kritisiert. Der russische UN-Vertreter ließ die Kritik nicht gelten und teilte gegen seinen deutschen Kollegen kräftig aus.
"Schade, dass Sie endlich gehen" – Russischer UN-Vertreter geht deutschen Botschafter persönlich anQuelle: Reuters © Carlo Allergi

Fast legendär sind inzwischen die Wortgefechte zwischen den russischen und deutschen UN-Vertretern. Bei der letzten Sitzung im UN-Sicherheitsrat in diesem Jahr, die eigentlich dem Stand der Dinge beim Iran-Atomprogramm gewidmet war, hat es wieder Streit gegeben zu Themen, die mit dem Atomprogramm nichts zu tun hatten. 

Nach einer kritischen Anmerkung des deutschen UN-Botschafters Christoph Heusgen zum russischen Verhalten im Fall Nawalny deutete der erste stellvertretende UN-Botschafter Russlands, Dmitri Poljanski, auf den Abschied Deutschlands aus dem US-Sicherheitsrat hin.

"Zum Schluss, lieber Christoph, möchte ich mich mit einem Aphorismus des kürzlich verstorbenen Schriftstellers Michail Schwanetzkij von Ihnen verabschieden: Schade, dass Sie endlich gehen."

Mit diesen Worten wandte sich der russische Diplomat an Heusgen, nachdem dieser, die Mitgliedschaft Deutschlands im Sicherheitsrat zusammenfassend, beschlossen hatte, Poljanski die Lektüre des Spiegel-Artikels "über den Versuch des FSB, Herrn Nawalny zu vergiften", zu empfehlen. Der russische Diplomat beklagte, dass sein deutscher Kollege nicht darauf verzichten könne, Moskau zu kritisieren, auch wenn das Thema der Veranstaltung dafür nicht geeignet sei, und stellte eine "eigentümliche Abhängigkeit" vom Presse-Konsum fest.

"Wir lesen natürlich die Presse. Allerdings nehmen wir die Aussagen von Journalisten nicht als die ultimative Wahrheit. (...) Vor allem, wenn sie auf der Grundlage bekannter Quellen gemacht werden, wie eine Art journalistische Abteilung westlicher Geheimdienste", betonte der Diplomat.

Poljanski betonte, dass Russland nur den Fakten vertraut, die über jeden Zweifel erhaben sind. Im Wortgefecht ging Poljanski den deutschen Diplomaten persönlich an und bezeichnete ihn als jemanden, der den Ruf eines seriösen, aber emotionalen Menschen hat. "Es ist irgendwie fast schon peinlich, dass Sie, Christoph, um einen derartigen minderwertigen und unprofessionellen Unsinn werben", sagte Poljanski in Bezug auf Publikationen in The New York Times zum Fall Nawalny. "Nicht jeder Verstand kann den Konsum so vieler Fake News aushalten."

Er erinnerte Heusgen daran, dass Russland noch immer keine Antwort nicht nur auf zahlreiche Fragen, sondern auch auf fünf offizielle Rechtshilfeersuchen an deutsche Behörden erhalten hat.

"Ohne dies ist es lächerlich zu sagen, dass die deutsche Seite diese Geschichte ernst nimmt. Bitte behalten Sie dies im Hinterkopf, wenn Sie bei neuen phantasmagorischen Enthüllungen von Herrn Nawalny mitspielen." Dabei nahm der russische UN-Vertreter offenbar Bezug auf das neue Prunk-Telefonat des russischen Politaktivisten, das angeblich das Mitglied des Mord-Kommandos des Sicherheitsdienstes FSB bloßstellen sollte. 

"Früher oder später werden Sie sich für diese ganze Verleumdungskampagne verantworten müssen, die von Berlin auf sein Geheiß hin entfesselt wurde", sagte Poljanski.

UNO und Literatur

Es ist nicht das erste Mal, dass ein russischer Botschafter im UN-Sicherheitsrat einen Schriftsteller zitiert. Seit Jahren sind Literaturverweise zu einer rhetorischen Eigentümlichkeit beim streitbaren Wortwechsel zwischen Russland und Vertretern westlicher Staaten geworden.

So war es auch im Oktober, als Christoph Heusgen auf einer Sitzung auf Publikationen in der New York Times verwies. "Ich möchte den jüngsten russischen Angriff auf Idlib erwähnen – es war der größte seit März. Die New York Times berichtete heute über zivile Opfer bei diesem Angriff. "Wenn sich das bewahrheitet – das ist inakzeptabel und eine weitere Verletzung des humanitären Völkerrechts", sagte Deutschlands ständiger Vertreter während einer Debatte des UN-Sicherheitsrats über die politische und humanitäre Lage in Syrien. 

Sein russischer Kollege Wassili Nebensja seinerseits erinnerte seinen deutschen Visavis an Michail Bulgakows Roman "Hundeherz". In einer Szene sagte im postrevolutionären Russland der 1920er Jahre ein Medizin-Professor und Vertreter des Ancien Régime zu seinem Assistenten: "Gott bewahre dich, lies keine sowjetischen Zeitungen vor dem Mittagessen, sie verderben dir den Appetit. Also, Gott schütze Sie, Christoph, lesen Sie nicht die New York Times vor den Sitzungen des Sicherheitsrates zu Syrien", sagte Nebensja. 

Im April 2018 lasen Nebensja und die britische UN-Botschafterin Karen Pierce bei dem Streit um Beweise im Fall-Skripal aus demselben Buch vor, dem englischen Klassiker "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll.

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