"Faschisten" und "Lynchkampagne gegen Muslime" – Erdoğan geht auf europäische Politiker los
Nach Äußerungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bahnt sich ein neuer Streit um Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed an. Mehrere arabische Länder begannen am Sonntag einen Boykott gegen Frankreich. Händler in Jordanien, Kuwait und Katar nahmen französische Waren aus ihren Filialen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat europäischen Politikern Islamfeindlichkeit vorgeworfen und sie als "Kettenglieder der Nazis" bezeichnet. "Feindlichkeit gegenüber dem Islam und den Muslimen ist in manchen europäischen Ländern zu einer Politik geworden, die auf Ebene der Staatschefs persönlich ermutigt und unterstützt wird", sagte Erdoğan in seiner Ansprache.
"Ihr seid im wahrsten Sinne des Wortes Faschisten", so Erdoğan weiter. "Die Muslime erleben heute eine ähnliche Lynchkampagne, wie sie gegen Juden in Europa zur Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg geführt wurde." Erdoğan wirft Europa und insbesondere dem französischen Staatschef Emmanuel Macron seit Tagen Islamophobie vor. Der türkische Präsident rief zudem zum Boykott französischer Waren auf:
So wie in Frankreich einige sagen 'Kauft keine türkischen Marken', richte ich mich an meine Nation: Achtet nicht auf französisch gekennzeichnete Waren, kauft sie nicht.
Hintergrund des Streits sind Macrons jüngste Aussagen zum Umgang mit dem Islam. Bei einer Gedenkfeier zu Ehren des getöteten Lehrers Samuel Paty hatte der französische Präsident die Meinungsfreiheit verteidigt und sich auf die Seite derjenigen gestellt, die Karikaturen zeigen oder veröffentlichen wollten. Paty hatte Mohammed-Karikaturen im Unterricht gezeigt und war auf offener Straße enthauptet worden. Die islamische Tradition verbietet es, den Propheten abzubilden. Zudem erklärte Macron, der Islam stecke in einer "Krise".
Mit diesen Äußerungen hatte Macron Entrüstung in zahlreichen arabischen Ländern ausgelöst. Händler in Jordanien, Kuwait und Katar verbannten daraufhin französische Produkte aus ihren Filialen. Bereits am Samstag holte auch Erdoğan zur Attacke gegen Macron aus und erklärte, dieser "gehört in psychiatrische Behandlung".
Der größte französische Wirtschaftsverband Medef hatte sich angesichts der Boykottaufrufe mehrerer arabischer Länder hinter die Regierung in Paris gestellt. Der Chef des Wirtschaftsverbandes Geoffroy Roux de Bézieux erklärte:
Es gibt Zeiten, in denen wir Prinzipien vor die Möglichkeit, unser Geschäft auszubauen, stellen müssen. Ich fordere die Unternehmen auf, sich der Erpressung zu widersetzen und diesen Boykott vorerst leider zu ertragen.
Die deutsche Bundesregierung stellte sich an die Seite Frankreichs. Außenminister Heiko Maas erklärte, dass man solidarisch an der Seite Frankreichs stehe. Die persönlichen Angriffe von Erdoğan auf Macron seien "ein neuer Tiefpunkt und völlig inakzeptabel". Wer den Kampf gegen gewaltbereite Islamisten gleichsetzt mit Rassismus und Islamophobie, handele inakzeptabel.
Wir stehen solidarisch an der Seite unserer 🇫🇷 Freunde, v.a. im Kampf gg. islamistische Extremisten. Die Angriffe von @RTErdogan auf @EmmanuelMacron sind ein neuer Tiefpunkt und völlig inakzeptabel. Wir haben großes Verständnis für die diplomatischen Maßnahmen Frankreichs. (1/2)
— Heiko Maas 🇪🇺 (@HeikoMaas) October 26, 2020
Auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz verurteilte die Beschimpfungen Erdoğans. Diese zeigen nur, dass sich die Türkei "immer weiter von der EU und unseren gemeinsamen Werten wegbewegt".
Ich verurteile die Beschimpfungen von Präsident Erdogan gegenüber Präsident @EmmanuelMacron. Sie zeigen erneut, dass sich die #Türkei immer weiter von der #EU und unseren gemeinsamen Werten wegbewegt. Volle Unterstützung und Solidarität für #Frankreich. @GillesPecout
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) October 26, 2020
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