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Heiße Phase vor geplanter israelischer Annexion läuft in Washington an

Diese Woche soll in Washington entschieden werden, ob man der von der israelischen Regierung geplanten Annexion großer Teile des Westjordanlandes zustimmen soll. International regt sich breiter Widerstand dagegen, aber es gibt keine Anzeichen, dass es zu Konsequenzen führen könnte.
Heiße Phase vor geplanter israelischer Annexion läuft in Washington anQuelle: AFP © Jaafar Ashtiyeh

von Zlatko Percinic

Am Dienstagabend fand ein Treffen im Weißen Haus statt, an denen der US-Botschafter in Israel, David Friedman, Jared Kushner, der nationale Sicherheitsberater Robert O'Brian und der Nahostgesandte Avi Berkowitz teilnahmen. Es ging dabei um die Absichten der israelischen Regierung, große Teile des besetzten Westjordanlandes zu annektieren. Im Verlauf der Woche sollen außerdem auch noch Außenminister Mike Pompeo und sogar US-Präsident Donald Trump, Kushners Schwiegervater, teilnehmen, wie die Nachrichtenagentur Reutersmeldet

Das Zeitfenster für diese Gespräche wurde freilich in Jerusalem diktiert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu liebäugelte bereits vor den Wahlen mit dem 1. Juli als Stichtag für die geplante Annexion, seitdem gilt es als fixes Datum. 

Bei der letzten Umfrage der Jerusalem Post sprachen sich 27 Prozent der teilnehmenden Israelis für diesen Schritt aus, 23 Prozent dagegen und sogar 29 Prozent gaben an, gar keine Meinung diesbezüglich zu haben. 21 Prozent waren der Meinung, diese Entscheidung zu vertagen. 

Während also die geplante Annexion keineswegs von der israelischen Bevölkerung mehrheitlich begrüßt wird, wird Netanjahus Regierung ausgerechnet vom US-Botschafter Friedman dazu gedrängt, schreibt etwa die Jewish Telegraphic Agency (JTA). Und das obwohl er weiß, dass sich sogar der Kongress in Washington gegen eine unilaterale Anerkennung der nach Völkerrecht illegalen Siedlungen im Westjordanland positioniert und selbst im Weißen Haus die Meinungen darüber auseinandergehen. 

Zwar sieht der "Deal des Jahrhunderts", wie der "Friedensplan" auch genannt wird – beides Euphemismen, die wenig mit der Realität zu tun haben – eine Annexion vor, aber es sollte wenigstens die Zustimmung von Teilen der palästinensischen Elite und arabischen Ländern erhalten. Was Netanjahu jedoch offensichtlich mit Friedmans Rückendeckung plant, könnte die Fortschritte in den wenn auch heimlichen Fortschritten in den Beziehungen zwischen Israel und Ländern wie Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) gefährden.

Jordaniens König Abdullah II. warnt seit Wochen vor den Konsequenzen und findet dabei Gehör bei Demokraten wie Republikanern in Washington. Der VAE-Botschafter in den USA, Youssef Al Otaiba, wandte sich in einem ungewöhnlichen Appell in der meistgelesenen israelischen Tageszeitung Yedioth Ahronot an die Regierung, aber auch an die Bevölkerung:

Die Annexion wird gewiss und umgehend das israelische Streben nach verbesserter Sicherheit, wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen mit der arabischen Welt und mit den VAE aufheben. 

Selbst Mohammed bin Zayed Al Nahyan, der einflussreiche Kronprinz der VAE, schrieb nach einem Telefongespräch mit dem jordanischen König:

Ich habe König Abdullah in unserem Telefongespräch die volle Solidarität der VAE mit Jordanien und unsere kategorische Ablehnung einer Akzeptanz von Israels illegaler Annexion von palästinensischem Land zugesichert. Wir arbeiten mit unseren arabischen Brüdern und der internationalen Gemeinschaft gegen diesen illegalen Schritt. 

Nicht, dass sich die VAE bisher sonderlich für die Belange der Palästinenser interessiert oder eingesetzt hätten. Abu Dhabi hat bisher nichts getan, um den illegalen israelischen Siedlungsbau zu stoppen. Selbst der dilettantisch ausgeführte Mord eines Mossad-Teams in Dubai am 19. Januar 2010 änderte nichts an der strategischen Annäherung beider Länder. 

Dabei stößt die geplante Annexion selbst bei den israelischen Siedlern nicht auf ungeteilte Zustimmung. David Elhajani ist ein Siedlerführer und Vorsitzender des Regionalrats des Jordantals, der den Plan vollumfänglich ablehnt. Er ging sogar soweit und attestierte Donald Trump und dessen Schwiegersohn Jared Kushner, dass sie "keine Freunde des Staates Israel" sind. Wer einen palästinensischen Staat plane, könne kein Freund Israels sein, erklärte er. So ähnlich sah es auch Shlomo Ne'eman, ein weiterer Siedlervertreter:

Wir sind doch nicht aus dem 2.000-jährigen Exil zurückgekehrt, um einem palästinensischen Staat zuzustimmen. Wir sind nicht bereit, um jeden Preis die Souveränität über die Siedlungen zu gewinnen.

Botschafter Friedman, der zusammen mit Kushner und Jason Greenblatt den US-amerikanischen "Friedensplan" entworfen hatte, reagierte auf die Befürchtungen der Siedler, ihre Maximalforderungen aufgrund eines zerpflückten Staatengebildes für die Palästinenser aufgeben zu müssen. In einem Interview mit der Gratiszeitung Israel HaYom sagte er:

Ich habe Gespräche mit vielen Leuten von der Rechten geführt. Ich habe großen Respekt für sie, und ich verstehe ihren Standpunkt sehr gut. Es ist ein Standpunkt, den ich in vielerlei Hinsicht teile. … Sie sagen, dass sie einem palästinensischen Staat nicht zustimmen können, weil der palästinensische Staat ein terroristischer Staat sein wird und weiterhin Israel bedroht. (…) Ich verstehe sie, aber (wir sagen), dass ihr nicht mit so einem palästinensischen Staat leben braucht, ihr braucht (erst) mit einem palästinensischen Staat zu leben, wenn die Palästinenser Kanadier werden. Und wenn die Palästinenser Kanadier werden, sollten all eure Bedenken verschwinden.

Das ist eigentlich eine ungeheure Aussage für einen US-Botschafter. Damit wollte er Kritikern wie Elhajani zu verstehen geben, dass ein palästinensischer Staat im Grunde genommen nie zustande kommen wird, unabhängig davon, was die USA in ihrem "Friedensplan" in Aussicht stellen. So ähnlich äußerte sich dann auch einige Tage später Ministerpräsident Netanjahu in derselben Zeitung:

Sie müssen anerkennen, dass wir die Sicherheit in sämtlichen Gebieten kontrollieren. Wenn sie dem allem zustimmen, dann werden sie ein eigenes Gebilde haben, das Präsident Trump als Staat definiert. Es gibt jene, die behaupten, und ein amerikanischer Staatsmann sagte mir: "Aber Bibi, das wird kein Staat." Ich sagte ihm: Nenne es, wie du willst. Dem Trump-Plan liegen Bedingungen zugrunde, von denen wir nur geträumt haben.   

Ungeachtet dessen, ob sich einige der Siedlerführer gegen die geplante Annexion aussprechen, wird Netanjahu an seinem Fahrplan festhalten. Wie er es – aus seiner Sicht – korrekt erkannt hat, kann diese US-Regierung von Donald Trump trotz klaren Verstoßes gegen das Völkerrecht das erfüllen, wovon die israelische Rechte seit Jahrzehnten geträumt hat. Die Frage wird nur sein, ob die internationale Gemeinschaft diese Annexion unter Protest schlucken wird, oder ob irgendwelche Maßnahmen ergriffen werden.

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