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Trump wollte direkte Gespräche mit dem Iran – Netanjahu, Bolton und Pompeo verhinderten es

Selten sorgte ein Buch noch vor seiner Veröffentlichung für so viel Furore wie jenes des ehemaligen Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton. Darin äußert er sich auch stolz darüber, wie eine mögliche Annäherung zwischen den USA und dem Iran im vergangenen Jahr vereitelt wurde.
Trump wollte direkte Gespräche mit dem Iran – Netanjahu, Bolton und Pompeo verhinderten esQuelle: AFP © Nicholas Kamm

Das Weiße Haus in Washington versuchte, die Veröffentlichung von Boltons Buch "The Room Where It Happened" zu verhindern, und scheiterte. US-Außenminister Mike Pompeo warf seinem ideologischen Weggefährten Verrat vor, da er in seinem Buch "Lügen" und "Halbwahrheiten" verbreite. Es sei "zugleich traurig und gefährlich", dass Bolton nun nach seinem Ausscheiden den Vereinigten Staaten von Amerika schade. 

Die meisten Medien und Gegner von US-Präsident Donald Trump stürzten sich jedoch auf den Teil des Buches, worin Trump China um Unterstützung für seine Wiederwahl bat, indem das Land vermehrt Sojabohnen und Weizen kaufen sollte. Damit würde er in denjenigen Bundesstaaten gut dastehen, die überwiegend von der Landwirtschaft leben, und die Menschen dann für ihn stimmen, lautete das Kalkül. Das zumindest behauptet John Bolton, der ehemalige Nationale Sicherheitsberater von Trump. Ob derartige Anschuldigungen der Wahrheit entsprechen, wird sich nur durch Veröffentlichung der Gesprächsprotokolle beweisen lassen.

Ein anderer, kaum beachteter Aspekt der geleakten Kapitel aus dem Buch dreht sich um den Iran. Genauer gesagt darum, wie Bolton mithilfe von Pompeo und des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu ein persönliches Treffen zwischen Trump und dem iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif auf dem G7-Gipfel im französischen Biarritz verhindert hat.

Die Spannungen zwischen dem Iran und den USA, die aufgrund des völkerrechtswidrigen Ausstiegs der Vereinigten Staaten im Mai 2018 aus dem Atomabkommen zugenommen hatten, führten zu einem vorläufigen Höhepunkt im Juni 2019, als der Iran eine US-Drohne abgeschossen hatte. Während Washington behauptete, die Überwachungsdrohne des Typs RQ-4A Global Hawk sei über internationalem Luftraum abgeschossen worden, bestand Teheran darauf, dass die Drohne in den iranischen Luftraum eindrang und deshalb abgeschossen wurde.

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Es folgten Tage bangen Wartens, nachdem die meisten Analysten einen US-Militärschlag erwartet hatten. Pompeo, Bolton und CIA-Chefin Gina Haspel drängten den Präsidenten zu dem Schritt, während das Pentagon Bedenken hatte, wie die New York Times berichtete. Der Luftschlag soll im letzten Augenblick abgesagt worden sein. Im Buch beschreibt Bolton dies als die unprofessionellste Entscheidung, die er je in seiner Karriere im Bereich der nationalen Sicherheit erlebt habe.

Zur selben Zeit startete Frankreich eine diplomatische Initiative, um den vollständigen Zerfall des Atomabkommens zu verhindern. Denn der Iran kündigte ein Jahr nach dem US-Ausstieg an, in Teilschritten seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen zu wollen. Damit wollte Teheran insbesondere die europäischen Vertragspartner Deutschland, Frankreich und Großbritannien dazu bringen, ihren Teil des Abkommens und den in Aussicht gestellten wirtschaftlichen Aufschwung umzusetzen.

Die französische Initiative wurde mit Wohlwollen aufgenommen, sodass Präsident Emmanuel Macron die Angelegenheit schnell zur Chefsache erklärte. Er bot seinem Amtskollegen in Washington an, sich als Vermittler zwischen den USA und dem Iran einzubringen, um die Spannungen zu entschärfen. Was aber von den Europäern gutgeheißen wurde, stieß bei Bolton und Pompeo auf Ablehnung. Die Zeit zwischen dem abgesagten Militärschlag und dem G7-Gipfel in Frankreich hätten die beiden damit verbracht, Trump davon zu überzeugen, jegliche Vorschläge von Macron abzulehnen, die auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und dem Iran abzielten.

Dann überraschte sie Macron mit der kurzfristigen Einladung des iranischen Außenministers Sarif nach Biarritz. Sobald diese Meldung die Runde machte, rief Benjamin Netanjahu bei Mike Pompeo an, um sich über diese Einladung des iranischen Außenministers nach Frankreich zu beschweren. Netanjahu hatte erfahren, dass es möglicherweise zu einem direkten Treffen zwischen Trump und Sarif kommen könnte, und er wollte den US-Präsidenten davon überzeugen, dass es erst gar nicht dazu kommt.

Doch laut Boltons Buch weigerte sich Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, Netanjahus Anruf durchzustellen, da er der Meinung war, dass es für einen ausländischen Regierungschef nicht angebracht ist, dem US-Präsidenten vorzuschreiben, mit wem er sprechen dürfe. Zudem seien Kushner und Finanzminister Steven Mnuchin für ein Treffen zwischen Trump und Sarif gewesen.

Noch während die Telefondrähte zwischen Jerusalem, Washington und Biarritz glühten, ordnete John Bolton nach eigener Aussage sein Team an, sich für eine vorzeitige Abreise aus Frankreich vorzubereiten. Sollte er Trump nicht davon abbringen können, sich nicht mit Sarif zu einem Gespräch zu treffen, dann würde er nach Washington zurückreisen und seinen Rücktritt bekannt geben. Das soll er auch gegenüber Mike Pompeo so gesagt haben, der es ihm gleichtun wollte, behauptet zumindest Bolton.

In der Zwischenzeit schaltete sich auch Ron Dermer, der israelische Botschafter in Washington, in die Gespräche mit Pompeo und Bolton ein. Es galt, so viel Druck auf Trump und seinen engsten Stab aufzubauen, damit es zu keinem Aufeinandertreffen zwischen dem US-Präsidenten und dem iranischen Außenminister kam. Schließlich schaffte es Bolton, doch noch im Vorfeld ein Gespräch mit seinem Präsidenten zu führen, in dem er ihm nahelegte, sich nicht einmal zu einem Händeschütteln mit Sarif zu treffen.

Am Ende kam es tatsächlich nicht dazu. Die offizielle Erklärung dafür bot Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif selbst, als er anschließend erklärte:

Ich habe während des Besuchs in Biarritz gesagt, dass man sich kein Treffen zwischen dem iranischen Präsidenten und Trump vorstellen kann. Wir werden keine bilateralen Gespräche führen, bis die USA der G5+1 beitreten und ihre Verpflichtungen aus dem Atomabkommen umsetzen; auch dann wird es keine bilateralen Gespräche (mit den US-Amerikanern) geben. 

Ob das tatsächlich der einzige Grund ist, bleibt ungewiss. In seinem Buch schreibt Bolton, er könne es "nicht ausschließen", dass sich Kushner oder Mnuchin mit Sarif getroffen haben, um einen "künftigen Kommunikationskanal zu schaffen". Allein diese Möglichkeit hätte zu großen Bedenken in Israel geführt und Pompeo "zur Weißglut gebracht". Fest steht jedenfalls, dass die französische Initiative aktiv von Bolton, Pompeo und Netanjahu sabotiert wurde, die dazu hätte beitragen können, Spannungen abzubauen. Nur wenige Wochen später räumte Bolton dann doch seinen Stuhl, oder er musste ihn räumen – je nachdem, wessen Version man Glauben schenken möchte.

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