Eiskalt erwischt: Washington kündigt Teilabzug von US-Truppen aus Deutschland an
Am Freitag wurden US-Journalisten, die Präsident Donald Trump auf einer Reise begleiteten, von mitreisenden Regierungsbeamten mit einer Nachricht überrascht, die Schockwellen in Berlin auslöste. Demnach habe der Nationale Sicherheitsberater Robert O'Brien ein vom Weißen Haus vorbereitetes Memorandum unterzeichnet, bei dem es um eine Neuausrichtung der US-Truppenpräsenz in Deutschland gehe.
So soll die derzeit maximale Anzahl US-amerikanischer Soldaten auf deutschem Boden von 52.000 auf 25.000 reduziert werden. Bisher konnten neben den bisher 34.500 fest stationierten Soldaten also jederzeit weitere 17.500 Mann eintreffen, um beispielsweise an gemeinsamen Truppenübungen teilzunehmen, berichtet das Wall Street Journal (WSJ). Nach der Unterzeichnung des Memorandums müssen nun mindestens 9.500 US-Soldaten aus Deutschland abgezogen werden.
Ein namentlich nicht genannter ranghoher Beamter aus dem Bundesverteidigungsministerium äußerte sich im Gespräch mit dem WSJ besorgt:
Wir wussten schon immer, dass Trump um sich schlagen würde, wenn er intern unter Druck steht, aber wir dachten, er würde zuerst (Truppen) aus Afghanistan abziehen. Dieser Schritt wird den Freunden der USA in Deutschland nicht helfen, die hart an der Aufrechterhaltung der transatlantischen Beziehung arbeiten, aber es wird die antiamerikanische Stimmung verstärken, die sich hier ausgebreitet hat.
Auch der ehemalige Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Generalleutnant a.D. Ben Hodges, kritisierte diese Entwicklung. Deutschland spiele eine zentrale Rolle bei der US-amerikanischen Machtprojektion nicht nur in Europa, sondern auch im Mittleren Osten und Afrika. Diese Machtprojektion sei durch diese Neuausrichtung nun gefährdet, meinte Hodges.
Tatsächlich befinden sich in Deutschland mit Grafenwöhr und Hohenfels die größten Truppenübungsplätze der US-Armee außerhalb der USA. Über den Luftwaffenstützpunkt Ramstein wird der globale Drohnenkrieg gesteuert, was immer wieder zu Protesten führte und selbst zu einem Fall für die deutsche Justiz wurde. Doch die wichtigste Rolle erfüllt die Bundesrepublik als zentrales Logistikdrehkreuz für Mensch und Material, insbesondere in Richtung Osten.
Über die Hintergründe dieser Entscheidung wird nun heftig spekuliert. Manche sehen darin eine Art Bestrafung dafür, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel Trumps Einladung zu einem G7-Gipfel in Washington ausgeschlagen hatte, was die ohnehin offene Unzufriedenheit mit Berlin bezüglich der NATO-Ausgaben und dem Bau der Pipeline Nord Stream 2 zusätzlich verstärkt hat.
Ein US-Regierungsbeamter sagte dem WSJ, dass diese Entwicklung nichts mit Merkels Absage zu tun habe. Eine mögliche Truppenreduzierung sei seit September im Gespräch und unter anderen auch von dem ehemaligen Botschafter in Berlin, Richard Grenell, befürwortet worden. Aber die genannten Punkte hätten durchaus eine Rolle bei der Strategieplanung im Weißen Haus gespielt, meinte er weiter.
Unklar ist auch, ob die aus Deutschland abgezogenen Truppen in die USA zurückkehren oder in andere Länder verlegt werden. Zuletzt warb Polen um eine größere US-Präsenz im eigenen Land, und die US-Botschafterin in Warschau brachte eine Verlegung der in Deutschland gelagerten nuklearen Gefechtsköpfe in ihr Gastland ins Spiel. Wie das WSJ berichtet, werden laut dem US-Regierungsbeamten mehr als 1.000 US-Soldaten tatsächlich nach Polen verlegt.
Für all das gibt es aber bisher keine offizielle Bestätigung, weder von der US-Regierung noch von der Bundesregierung. Zudem fehlt bisher auch eine Benachrichtigung des US-Kongresses über derlei Pläne. Senator Jack Reed, Mitglied der Demokraten im Streitkräfteausschuss des Senats, meinte denn auch, dass es sich bei diesem Vorhaben um "einen Gefallen an Putin und einen weiteren Führungsfehler dieser Administration" handele, der die Beziehungen zu den Alliierten "weiter belastet".
In einer ersten Reaktion meinte der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, am Samstag, dass die USA bei ihrem Abzug auch "gleichzeitig die US-Atombomben mitnehmen" sollten. Der Bundesregierung legte Bartsch ans Herz, dass sie die Pläne Washingtons "dankend annehmen" und zeitgleich auch einen vollständigen Truppenabzug aus Deutschland vorbereiten sollte.
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