US-Sanktionen behindern Wissenschaft im Kampf gegen Coronavirus
von Maria Müller
Angesichts der weltweiten humanitären Krise appellierten sowohl der UN-Generalsekretär als auch verschiedene Staaten an die US-Regierung und die Europäische Union, die Sanktionen gegen Venezuela, Kuba und den Iran zu beenden. Michelle Bachelet, die Vorsitzende der UN-Menschenrechtskommission, internationale Kirchenverbände und Menschenrechtsorganisationen schlossen sich den Aufrufen an. Das lateinamerikanische Regionalparlament PARLASUR verabschiedete eine entsprechende Resolution.
Internationale Appelle für Ende der Sanktionen
"Dies ist ein Moment der Solidarität, nicht der Ausgrenzung", so António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, in seiner Rede vor dem virtuellen G20-Gipfeltreffen. Er forderte, die Sanktionen zu beenden, um angesichts der COVID-19-Pandemie den Zugang der Länder zu Nahrungsmitteln, Gesundheitsleistungen und Hilfe zu gewährleisten.
Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Geng Shuang, unterstützte den Aufruf des UN-Generalsekretärs, die Sanktionen zu beenden. Er betonte, dass "manche Länder" die Maßnahmen ohne Zustimmung der UN durchsetzen.
Michelle Bachelet verlangte ebenfalls, die Embargos angesichts der COVID-19 –Epidemie ganz aufzuheben oder zumindest abzuschwächen. Bachelet war der Ansicht, dass die gegen zahlreiche Staaten verhängten Boykottmaßnahmen sich negativ auf die öffentliche Gesundheit auswirken und zu beenden seien: "sowohl aus Gründen der Weltgesundheit als auch, um das Recht auf Leben von Millionen Menschen in diesen Ländern zu unterstützen". Und weiter sagte sie:
Angesichts der massiven Auswirkungen wie der Tod, das Leiden und eine vermehrte Ansteckung ist es lebenswichtig, den Zusammenbruch des Gesundheitssystems jedweden Staates zu verhindern.
Embargos treffen die globale Gesundheitsversorgung
Die UN-Botschafter von China, Kuba, Nordkorea, Iran, Nicaragua, Russland, Syrien und Venezuela wandten sich laut Associated Press mit der Bitte an Guterres, die "erpresserischen und illegalen Maßnahmen" zum jetzigen Zeitpunkt besonders zu verurteilen und die "Politisierung der Pandemie" zurückzuweisen. Die acht Staaten erklärten, dass die Sanktionen ihre Anstrengungen gegen das Coronavirus extrem behindern.
Wir können keine Medikamente oder Diagnosetests auf dem regulären Weltmarkt kaufen. Das hat auch extra-territoriale Konsequenzen", erklärten sie in ihrem Schreiben.
Die Botschafter verwiesen in ihrem Schreiben auf die Untersuchungen von unabhängigen UN-Experten, nach denen die Embargos über ein Drittel der Weltbevölkerung treffen.
Auch das Parlament der südamerikanischen Wirtschaftsunion MERCOSUR forderte am 26.03. das Ende aller Wirtschafts- und Finanzblockaden. Auslandsschulden der Länder Lateinamerikas und der Karibik sollten unter Mithilfe von internationalen Finanzinstitutionen und privaten Gläubigern bis auf weiteres auf Eis gelegt werden.
In Europa lebende Kubaner richteten einen Appell an die Präsidenten und Premierminister Europas mit der Bitte, US-Präsident Donald Trump zum Beenden der Strafmaßnahmen zu bewegen. Ein Brief mit 7.000 elektronischen Unterschriften im karibischen Raum ging mit dem gleichen Inhalt an Trump.
Die Sanktionen fügen Kuba jährlich vier Milliarden Dollar an Verlusten zu, und das seit über 50 Jahren. Venezuela erlitt in den vergangenen Jahren insgesamt 140 Milliarden Dollar Schaden. Der Iran verlor über 100 Milliarden US-Dollar.
Sanktionen behindern die Freiheit der Wissenschaft: das Beispiel Kuba
Tatsächlich behindert die Wirtschafts- und Finanzblockade gegen Kuba die vielversprechende medizinische Forschungs- und Entwicklungskapazität der Insel. Sie hat sich zwar trotz aller Widrigkeiten durchgesetzt, doch unter Zeitverlust und bei teilweise eingeschränkten Herstellungsmöglichkeiten der Medikamente.
Laut Dr. Martínez Díaz, dem Präsidenten der Gruppe Biocubafarma, sind 15 Prozent der auf der Insel hergestellten Medikamente nur in unzureichenden Mengen vorhanden. Denn die notwendigen Grundstoffe fehlen, weil Kuba sie aufgrund der Finanzblockade nicht international einkaufen kann. Auch mangelt es an Ersatzteilen für die komplizierten technischen Geräte in den wissenschaftlichen Laboren und Pharmafabriken.
Die Blockade hat erhebliche Auswirkungen bei der Beschaffung dieser Teile. Oft können wir auch keine neuen Lieferverträge mehr abschließen, wenn sich Firmen aus Angst vor den Folgen der Sanktionen zurückziehen. Andere müssen viele Hindernisse überwinden, um die Aufträge ausführen zu können", sagt Martínez Díaz.
Impfstoff gegen Coronavirus in Vorbereitung
Dr. Gerardo Guillén vom kubanischen Zentrum für Genetik und Biotechnik (CIGB) berichtete, dass mehrere auf der Insel entwickelten Produkte in der Entwicklungsphase stehen. Sie zielen darauf ab, die Vermehrung des Virus zu hemmen. Auch ein Impfstoff gegen COVID-19 steht im Programm.
Der Impfstoff, an dem kubanische Wissenschaftler zur Zeit arbeiten, basiert auf der Grundlage der Immunisierung durch die Nase. Wir haben bei einem anderen, bereits angemeldeten Serum mit dieser Methode gute Erfahrungen gemacht. Die im CIGB-Zentrum entwickelten virusähnlichen Partikel spielen dabei eine wichtige Rolle", so Guillén.
Sie seien besonders wirkungsvoll beim Stimulieren des Immunsystems. Der Impfstoff wird derzeit im chinesisch-kubanischen Zentrum für Forschung und Entwicklung in Wuhan in China getestet.
Auch das neue kubanische Interferon Alfa 2B Humano Combinante wird als Inhalationsspray verabreicht und ist ein weiterer Schritt in der Immuntherapie über den Atemweg. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat es zusammen mit mehreren erfolgversprechenden Medikamenten für eine internationale Testreihe ausgewählt.
Heute wird die Immunforschung in Kuba von einer Gemeinschaft von über 600 Immunologen und zehn Institutionen getragen. Außerdem gibt es in diesem Bereich ein Netzwerk von 137 Versuchslaboren und mehrere moderne Produktionsanlagen (für Impfstoffe, Zytokine, monoklonale Antikörper und immundiagnostische Systeme).
Unter anderem hat Kuba das weltweit größte Impfprogramm, einschließlich der universellen Versorgung von Neugeborenen gegen 13 Krankheiten, während das WHO-Programm sieben Impfstoffe umfasst
Deutschland zeigt seit 2019 ein wachsendes Interesse am akademischen Austausch mit kubanischen Universitäten und Forschungsinstituten. Ein Symposium unter Beteiligung des Max-Planck-Institutes 2019 und ein internationaler Kongress im Februar 2020 in Havanna dienten zur Vorbereitung einer konkreten wissenschaftlichen Zusammenarbeit. Anwesend waren unter anderem Vertreter des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).
Umso mehr müsste von deutscher Seite die Forderung nach einem Ende der US-amerikanischen Sanktionen gegen Kuba im Rahmen der Europäischen Union unterstützt werden. Die freie und unbehinderte Forschung im medizinischen Bereich und die Entwicklung von Medikamenten darf nicht durch politisch-ideologische Strafmaßnahmen eingeschränkt werden.
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