GKV-Verband: Krankenkassen verzeichnen im Jahr 2019 Milliardenverluste
Es ist das erste Minus seit dem Jahr 2015. Im Jahr 2018 hatte der Einnahmeüberschuss der Kassen dem Bundesgesundheitsministerium zufolge zwei Milliarden Euro betragen. Die Chefin des GKV-Spitzenverbands, Doris Pfeiffer, sagte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe:
Das Defizit für 2019 wird über eine Milliarde Euro betragen.
Als Grund führte sie unter anderem teure Gesetzesvorhaben der Regierung an. Die meisten Krankenkassen werden Pfeiffer zufolge ihren Zusatzbeitrag im Jahr 2020 noch nicht erhöhen müssen. Erst im Folgejahr werde es wohl zu höheren Beiträgen kommen, sagte sie.
Laut dem Bundesgesundheitsministerium lagen die Finanzreserven Ende September 2019 bei rund 20,6 Milliarden Euro – etwa dem Vierfachen der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve. Auf Geheiß der Politik müssen besonders hohe Reserven vom neuen Jahr an abgebaut werden. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte das Minus in den Bilanzen der Kassen im Herbst "ein unechtes Defizit", das durch den Abbau der Rücklagen entstehe. GKV-Chefin Pfeiffer kritisierte dagegen zuletzt die Verpflichtung, Reserven nun "stärker abzubauen, als für eine nachhaltige Finanzplanung geboten wäre".
Pfeiffer nannte die Entwicklung nun "alarmierend", weil auch Rekordeinnahmen der Krankenkassen den Verlust nicht hätten verhindern können. Der Grund dafür seien stark steigende Ausgaben. Die Entwicklung habe sich während des Jahres sogar noch beschleunigt. Dies liege einerseits am medizinischen Fortschritt, andererseits an den Kosten verursachenden Gesetzen der Bundesregierung. Pfeiffer sagte:
Allein durch das Terminservicegesetz und das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz kommen auf die Krankenkassen im nächsten Jahr rund fünf Milliarden Euro an Mehrausgaben zu.
Weil die meisten Kassen einen Teil ihrer Rücklagen auflösen würden, könnten sie aber ihre Zusatzbeiträge im Jahr 2020 stabil halten. Der GKV-Spitzenverband hatte bereits im Sommer vor deutlichen Ausgabenrisiken gewarnt.
Nach einer im Oktober veröffentlichten Prognose im Auftrag der Bertelsmann Stiftung droht den gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2040 ein Minus von fast 50 Milliarden Euro, wenn die Politik nicht frühzeitig gegensteuert. Der Beitragssatz müsste demnach von derzeit 14,6 Prozent bis zum Jahr 2040 schrittweise auf 16,9 Prozent erhöht werden, um erwartete Ausgabensteigerungen abzudecken.
Wie die Autoren vom Institut für Gesundheits- und Sozialforschung weiter schrieben, zeichne sich ab, dass sich spätestens ab Mitte der 2020er-Jahre die Schere zwischen Gesundheitsausgaben und Beitragseinnahmen "wieder in Richtung Defizit" öffnen werde. Ein wesentlicher Treiber sei die demografische Entwicklung, mit einem steigenden Anteil älterer Menschen, die eher Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen. Vor allem aber sinke mit dem Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter deren Beitrag zu den GKV-Einnahmen.
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(dpa)
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