Verloren im Postmateriellen: Aufruf zur Erneuerung der Linken
Nach den desaströsen Niederlagen bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am Sonntag gärt es in der Linken. Am Dienstag forderten die Sprecher von mehreren landesweiten Zusammenschlüssen der sächsischen Linken eine völlige Neuausrichtung der Partei.
In der Erklärung, die RT Deutsch vorliegt, wird der Ausgang der Wahlen in Sachsen für die Linke als "katastrophal" gewertet. In Sachsen habe die Partei fast die Hälfte ihrer Wähler verloren und sei in relevanten Altersgruppen nur noch einstellig. Man befinde sich in einer "existenziellen Krise".
Die Erklärung kritisiert zunächst den Wahlkampf in Sachsen und das der CDU unterbreitete Tolerierungsangebot:
Zum niederschmetternden Wahlergebnis trug auch ein Wahlkampf bei, der von gravierenden Fehlern geprägt war: Das Spitzenpersonal übte sich in Sandkastenspielen und bot wiederholt einer Regierungspartei, die für die Verbrechen der Treuhand, Massenarbeitslosigkeit, Niedriglohnpolitik und vorprogrammierte Massenarmut im Alter mitverantwortlich ist, eine Tolerierung an.
Auch die Wahlplakate der Linken, die etwa hier zu sehen sind, wurden bemängelt:
Plakate wurden so gestaltet, dass sie nur für ein Publikum interessant sind, das Spaß an Sprachspielen hat; 'Normalbürger', die nur einfach, kurz und klar wissen wollen, wofür wir landespolitisch stehen, wurden so nicht erreicht.
Kritik gibt es auch an unklaren bzw. fehlenden Aussagen in für die Linke zentralen Politikfeldern:
In der Frage der Schaffung gleichwertiger Arbeitsplätze für die beschäftigten der Braunkohleförderung wurde ständig laviert. Die Friedensproblematik wurde dort, wo sie Menschen real und konkret betrifft, v. a. entlang der Transitrouten der NATO-Truppentransporte durch Sachsen, nicht aufgegriffen.
Schließlich stellt die Erklärung die grundlegende Ausrichtung der Partei in Frage. Das Wahlergebnis sei Resultat eines längeren innerparteilichen Prozesses, in dessen Folge "fachpolitische Kompetenz bei landespolitischen Schwerpunktthemen, berufliche Verankerung in der Gesellschaft und strömungsübergreifender Pluralismus" an Bedeutung verloren hätten. Die Diagnose ist eindeutig:
Politikziele der sozialen Gerechtigkeit wurden zugunsten von postmateriellen Zielen bestimmter städtischer Klientels vernachlässigt.
Die AfD habe dadurch die ostdeutsche Interessenvertretung für sich beanspruchen können, gerade auch im ländlichen Raum habe man Wähler an diese Partei verloren:
Es ist offenkundig, dass dazu kulturelle Entfremdungsprozesse der Linken gegenüber lohnabhängig Beschäftigten, sozial Benachteiligten und Unterprivilegierten beigetragen haben; das ist nicht nur angesichts einer drohenden großen Wirtschaftskrise eine gefährliche Entwicklung.
Die Forderungen der Erklärung, die unter anderem von den Sprechern der Landesarbeitsgemeinschaften "Hartz IV" und "Frieden und Internationale Politik" sowie der "Sozialistischen Linken" unterzeichnet wurden, sind eindeutig. Nötig sei eine "inhaltliche, strategische und personelle Neuausrichtung" und die Rückbesinnung auf die traditionelle Klientel der Partei:
Die sächsische Linke muss jetzt aufwachen und sich grundlegend erneuern. (…) Wir fordern ebenfalls eine Vorverlegung des kommenden Bundesparteitags. Wir erwarten darüber hinaus, dass unsere Vorschläge aus der o. g. Erklärung endlich diskutiert werden: dazu zählt die Stärkung der innerparteilichen Demokratie sowie die Rückbesinnung der Linken auf die Politik einer klassenbasierten Interessenvertretung der Lohnabhängigen.
Scharfe Kritik übt die Erklärung an der Reaktion der Parteiführung auf die Wahlniederlage, wie sie sich etwa am Montag in der Bundespressekonferenz beobachten ließ:
Die Kommentierung zum Wahlausgang durch die Landesspitze ist bislang substanzlos, frei von selbstkritischer Reflexion und wird der Dramatik der Lage nicht gerecht: Das Wahlergebnis zeugt von einer existenziellen Krise der Linken, deren Dimension über Sachsen weit hinausreicht.
Besonders aufschlussreich beim Auftritt der Linken-Spitze in der BPK waren die Ausführungen des sächsischen Spitzenkandidaten Rico Gebhardt (ab Minute 46:55). Sie verdeutlichen zum einen, wie ratlos und frustriert die Linke ist, und zum anderen, wie weit sie sich etwa in den Fragen Migration und Sicherheit von ihrer einstigen Wählerschaft entfernt hat.
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