Olaf Scholz nimmt Kampf um SPD-Vorsitz auf und holt die Landtagsabgeordnete Klara Geywitz ins Boot
Scholz tritt mit der Brandenburger Landtagsabgeordneten Klara Geywitz für den Parteivorsitz an. Und SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil erklärt mangels passender Mitbewerberin seinen Verzicht auf eine Kandidatur. Möglich, dass das schon die entscheidenden Drehungen des Bewerbungskarussells bei der SPD sind – knapp zwei Wochen vor dem Ende der Bewerbungsfrist am 1. September.
Im brandenburgischen Peickwitz genießt Scholz die kleine Pause vom Trubel in Berlin. "Welche Bäume pflanzen Sie hier?", fragt er den Bauern. Neben ihm sitzt der Wahlkämpfer und SPD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Roick. Bei einem Halt am Feldrand bekommt der Besucher aus der Stadt einen Niesanfall.
Für Scholz wird es mit der Ruhe schnell wieder vorbei sein. An diesem Mittwoch wollen er und Geywitz in Berlin ihre Bewerbung erläutern. Vorher bringt er im Bundeskabinett noch seinen Gesetzentwurf für die Teilabschaffung des Soli ein. Es ist schon ein Vorgeschmack auf die Doppelbelastung, die auf Scholz zukäme, wenn er neben seinem Ministeramt SPD-Vorsitzender würde.
Weil das zeitlich zu viel würde, wollte er lange nicht antreten. Doch auch die drei kommissarischen SPD-Chefs Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Familienministerin Franziska Giffey wollten nicht – und so legte Scholz eine Kehrtwende hin. "Es tut der SPD nicht gut, wenn es so rüberkommt, als ob sich keiner traut", meinte er in einem Interview.
Aber Klara Geywitz? Einen bundesweit bekannten Namen hat die 43-Jährige nicht. Doch in der SPD setzte Geywitz schon mehr als nur Duftmarken – etwa als Mitglied der großen Verhandlungsrunde für den schwarz-roten Koalitionsvertrag 2018. Als Duo repräsentieren Scholz/Geywitz West und Ost, die ältere und die jüngere Generation.
Doch gleichzeitig verkörpert Scholz für viele das Partei-Establishment, das für den Niedergang der Sozialdemokraten bis zum aktuellen 13-Prozent-Umfragetief verantwortlich ist. Das gemeinsame Bewerbungsschreiben liest sich sehr ab- und ausgewogen, Schulz und Geywitz bekennen sich zu Sozialstaat, Klimaschutz, Solidarität:
Wir beide stehen für eine demokratische Zuversicht.
Als ziemlich sicher gilt, dass sich Scholz weiter für den Fortbestand der Großen Koalition einsetzen will. Als SPD-Chef hätte Scholz wohl zugleich den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur. Dass er sich auch dieses Amt zutraut, hat er schon mehrfach deutlich gemacht – auch wenn es auf absehbare Zeit nicht nach einem SPD-Kanzler aussieht.
Ob dieses Angebot für die SPD-Basis ausreichend Aufbruch verkörpert, dürfte eine der spannendsten Fragen des Mitgliederentscheids sein. Immer mehr Bewerber melden sich. Größere Chancen werden etwa Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius und Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping eingeräumt. Ob es weitere Bewerbungen – etwa von Juso-Chef Kevin Kühnert – geben wird, ist offen. Und die Abgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer geben stolz bekannt, dass sie nun von mehr SPD-Unterbezirken unterstützt würden als nötig. Lauterbach:
Die Gespräche mit den Mitgliedern in den Unterbezirken haben gezeigt, dass ein klares Signal in Richtung eines linken Angebots auf breite Zustimmung stößt.
Auf einem Hof im brandenburgischen Peickwitz wartet nur etwa ein Dutzend Menschen auf Scholz. Der Termin in dem Ortsteil von Senftenberg steht im SPD-Veranstaltungskalender unter der Überschrift "Olaf Scholz unterstützt die SPD Brandenburg im Wahlkampf".
Es kann gut sein, dass die SPD bei der Wahl am 1. September einen neuen Nackenschlag bekommt. Ältere Frauen blicken neugierig über Gartentore. Dass hier der Bundesfinanzminister vorbeifährt, wissen die meisten Einwohner der 400-Seelen-Gemeinde nicht.
Der Ortsvorsteher ist gekommen, um Scholz zu treffen. Bauer Domin steht eher der CDU nahe. Träge räkeln sich die Hofkatzen in der Sonne. In der letzten Wählerumfrage lag die AfD in Brandenburg auf Platz eins, die SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke auf dem dritten Platz hinter der CDU. Doch davon will Scholz – zwölf Tage vor der Landtagswahl in Brandenburg und Sachsen – nichts wissen. Er sagt:
Ich bin ganz zuversichtlich, dass einfach wegen der sehr guten Arbeit, die geleistet worden ist, viele das Kreuz bei Dietmar Woidke und der SPD machen werden.
(rt deutsch/dpa)
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