Deutschland

Nach SPD-Wahlverlusten: Andrea Nahles stellt sich zur Neuwahl

Die Partei- und Fraktionschefin der SPD Andrea Nahles kündigte an, sich kommende Woche der Fraktion einer Neuwahl zu stellen. Dies kündigte sie im ZDF an. Nahles sprach vom "Ernst der Lage". Die Bundesfraktion hatte eine Sondersitzung zu Nahles' Zukunft gefordert.
Nach SPD-Wahlverlusten: Andrea Nahles stellt sich zur NeuwahlQuelle: Reuters © Fabrizio Bensch

Nach ihrem Fiasko bei der EU-Wahl haben CDU und SPD Selbstkritik geübt, aber zunächst keine grundlegenden Konsequenzen gezogen. Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles sagte am Montag nach einem Treffen des Parteivorstands:

Der Ernst der Lage ist allen vollkommen klar. 

Sie sagte im ZDF, sie wolle sich der Neuwahl stellen. Union und SPD hatten bei der EU-Wahl in Deutschland am Sonntag historische Verluste hinnehmen müssen – großer Wahlgewinner waren die Grünen. Nahles sagte, die Europawahl und die Wahl in Bremen seien eine Zäsur gewesen – die SPD war erstmals bei einer bundesweiten Wahl auf den dritten Platz hinter die Grünen gerutscht:

Die Verantwortung, die ich habe, spüre ich, die will ich aber auch ausfüllen.

Nahles sagte im ZDF weiter, ihr Ziel sei es, sowohl Partei- als auch Fraktionschefin zu bleiben. Die SPD brauche jetzt keine Personal-, sondern Strategiedebatten. Sie wolle in dieser schwierigen Phase "die Klamotten nicht hinwerfen", auch wenn sie selber Fehler gemacht habe.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) stärkte der angeschlagenen Partei- und Fraktionschefin den Rücken. Nahles solle in ihren Ämtern bleiben, sagte er dem Sender Phoenix.

Trotz der Verluste der Union blieben CDU und CSU bei der EU-Wahl zusammen stärkste Kraft (28,9 Prozent). Die Sozialdemokraten dagegen verloren zweistellig und rutschten mit 15,8 Prozent auf den dritten Platz. Bei der Landtagswahl in Bremen landeten sie erstmals seit mehr als 70 Jahren hinter der CDU. Die Grünen legten auf 20,5 Prozent zu – fast zehn Prozentpunkte mehr als bei der Europawahl vor fünf Jahren. Die FDP fällt mit 5,4 Prozent weit hinter ihr Bundestagsergebnis von 10,7 Prozent. Auch die Linke schwächelt mit nur 5,5 Prozent.

In der Bundestagsfraktion wurde eine Sondersitzung zu Nahles' Zukunft als Fraktionschefin gefordert. Der nordrhein-westfälische SPD-Abgeordnete Michael Groß schrieb in einem Brief, es müsse klargestellt werden, ob die Fraktion hinter ihrer Vorsitzenden steht oder nicht. Den Spekulationen der vergangenen Tage müsse ein Ende gesetzt werden. Als mögliche Kandidaten für eine Nachfolge von Nahles an der Spitze der Fraktion gelten Ex-SPD-Chef Martin Schulz und die Abgeordneten Achim Post und Matthias Miersch. Die Wahl soll in der regulären Fraktionssitzung am kommenden Dienstag stattfinden. Wer antreten werde, wisse sie nicht, so Nahles. Turnusgemäß standen Vorstandswahlen im September an.

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte nach den Ergebnissen:

Zu diesem Ergebnis haben als allererstes eigene Fehler geführt.

Führende Politiker beider Parteien warnten vor Personaldebatten. CDU und SPD wollen ihre historischen Wahlschlappen weiter aufarbeiten und ihre Profile schärfen.

Im jetzt anstehenden Personalpoker auf europäischer Ebene stehen die deutschen Koalitionspartner auf gegensätzlichen Seiten. In Brüssel geht es nach der durchwachsenen Wahl mit Zugewinnen rechter Nationalisten vor allem um die Frage, wer neuer EU-Kommissionschef wird. EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber lud als Chef der stärksten Fraktion im Europaparlament Grüne, Sozialdemokraten und Liberale zu einem Gespräch über die EU-Spitzenjobs ein. Während die Union den CSU-Mann Weber als neuen Kommissionspräsidenten unterstützt, stellte die SPD sich erneut hinter den Spitzenkandidaten ihrer Parteienfamilie in der EU, den Niederländer Frans Timmermans.

(rt deutsch/dpa) 

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