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Überwachung und Handgranaten – Schwarz-Rot erweitert Polizeibefugnisse in Sachsen

Der schwarz-rote Landtag in Dresden hat ein neues Gesetz erlassen, mit dem die sächsische Polizei neue, teils präventive Befugnisse erhält. Zu den Maßnahmen gehören Videoüberwachung, Gesichtserkennung und unter besonderen Umständen die Nutzung von Handgranaten und Maschinengewehren.
Überwachung und Handgranaten – Schwarz-Rot erweitert Polizeibefugnisse in SachsenQuelle: Reuters

Ab dem kommenden Jahr können Ordnungshüter in Sachsen mit ganz neuen Möglichkeiten vorgehen. Am Mittwoch hat der sächsische Landtag die umstrittene Novelle des Polizeirechts beschlossen, welche seit einem Jahr verhandelt wurde. 74 Abgeordnete stimmten am Mittwoch für und 34 gegen den Entwurf der schwarz-roten Koalition – bei neun Enthaltungen. Während CDU und SPD eine Verbesserung der Sicherheit versprechen, verweisen Kritiker auf gravierende Einschnitte in die Bürgerrechte.

Ursprünglich war lediglich eine Anpassung an EU-Datenschutzrichtlinien geplant, doch gleichzeitig wurden letztendlich die Polizeibefugnisse massiv erweitert. Mit der Novelle werden Regelungen zu Bodycams, Telekommunikationsüberwachung, auch der Unterbrechung von Telekommunikation, und der Lokalisierung von Endgeräten eingeführt, außerdem Standortüberwachung mit elektronischer Fußfessel und Videoüberwachung entlang der Grenze zu Polen und Tschechien zum automatisierten Abgleich von Kfz-Kennzeichen durch Scanner.

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Weiterhin kann die Polizei Daten von Internetanbietern wie Amazon, Facebook oder Google, aber auch von Datingseiten, und von Providern gar den Inhalt von Telefongesprächen und E-Mails verlangen.

Als problematisch sehen Kritiker bei der Novelle vor allem, dass diese neuen Befugnisse präventiv im Gefahrenvorfeld, also auf Verdacht, zum Einsatz kommen. Neben "Telekommunikationsüberwachung" und dem Blockieren von Mobilfunkverbindungen mithilfe von Störsendern erlaubt das Gesetz der Polizei, private Unterhaltungen aufzuzeichnen und das nicht nur in den Wohnungen konkret Verdächtiger. Auch verdeckte Ermittler kommen künftig zum Einsatz.

In besonderen Einsatzsituationen sollen Waffen wie Maschinengewehre oder Handgranaten genutzt werden dürfen. Die Polizei Sachsen klärt jedoch darüber auf, dass diese nicht in jedem Streifenwagen mitfahren, sondern nur dann erlaubt sind, wenn eine "gegenwärtige Gefahr für das Leben der eingesetzten Polizisten oder unbeteiligter Dritter abgewehrt werden" oder aber "Straftaten abgewendet werden sollen, bei denen Schusswaffen oder Explosivmittel eingesetzt" wurden. Dabei muss der vorherige Gebrauch anderer Schusswaffen durch die Polizei erfolglos geblieben oder aussichtslos sein.

Hohe Kosten für neue Technik

Im Gesetzentwurf werden auch die geschätzten Kosten für einige vorgesehene Änderungen erwähnt. So soll die Ausrüstung zur Absicherung der Videografie ausgewählter Standorte eine Million Euro im Jahr 2019 betragen und noch mal 50.000 Euro im kommenden Jahr, während die Kennzeichenerkennungssystem satte 1,5 Millionen in diesem und 50.000 Euro im forlgenden Jahr kosten sollen. Die Erweiterung der polizeilichen Ausrüstung wird de Schätzungen zufolge circa 350.000 Euro betragen. Auch die erforderliche Technik, um Telekommunikation zu blockieren, wird nicht günstig. In den Kosteneinschätzungen wird zwar auf bestehende Strukturen verwiesen, dennoch beläuft sich dieser Posten auf circa 500.000 Euro.

Die CDU, die sicherlich auch auf die Wahlen am 1. September blickt, konnte einige Siege erringen. Jedoch wären Christdemokraten und AfD gern noch weiter gegangen; der Einsatz von Staatstrojanern zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung, konnte jedoch nicht durchgesetzt werden. Auch die Überwachung von Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten oder Anwälten konnte nicht signifikant ausgeweitet werden.

Die SPD hingegen hätte eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte einführen wollen, was ihr aber nicht gelang. Lediglich die Verlagerung einer Beschwerdestelle vom Innenministerium in die Staatskanzlei konnte sie durchsetzen.

Linke und Grüne sehen die Novelle, auch vor dem Hintergrund stetig sinkender Kriminalitätszahlen in Sachsen, als "Schlag gegen die Bürgerrechte", der jederzeit Unschuldige treffen könne. Angesichts der niedrigsten Kriminalitätsrate seit 25 Jahren verweist Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) jedoch darauf, dass die "gefühlte Kriminalität" leicht gestiegen sei. Da sie eine Reihe der Maßnahmen für verfassungswidrig ansehen, kündigten beide Fraktionen eine Normenkontrollklage vor dem Landesverfassungsgericht an.

Am Montag hatten Bürger und Aktionsbündnisse gegen das Gesetz demonstriert. Eine Petition mit mehr als 21.000 Unterschriften gegen das Gesetz soll dem Innenausschuss verspätet übermittelt und somit nicht mehr beraten worden sein.

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