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Wie sicher ist die Entrauchung am BER wirklich?

Die Entrauchung an dem im Bau befindlichen Hauptstadtflughafen BER ist nach Angaben der Flughafengesellschaft geprüft und für in Ordnung befunden worden. Doch ein Ingenieur, der selbst auf der Baustelle tätig war, sieht immer noch gravierende Sicherheitsprobleme.
Wie sicher ist die Entrauchung am BER wirklich?© Klaus-Jürgen Thum

RT Deutsch hatte darüber berichtet, wie die fehlerhafte Kabelverlegung an dem noch immer im Bau befindlichen Flughafen Berlin Brandenburg (BER) im Falle einer Inbetriebnahme in dem gegenwärtigen Zustand zu gravierenden Sicherheitsproblemen führen würde. Die Bauaufsicht hatte auf Nachfrage mitgeteilt, dass eine Genehmigung der Kabeltrassen im beschriebenen Zustand nicht erfolgen werde.

Doch es gibt am BER auch ein weiteres Problemfeld: Die Entrauchung. Die Flughafengesellschaft selbst erklärte auf Anfrage von RT Deutsch am 21. Dezember 2018, dass es in diesem Bereich keine Probleme mehr gebe:

Die maschinelle Entrauchung am Flughafen Berlin Brandenburg (BER) ist gemäß den Prüfvorgaben der brandenburgischen Prüfordnung (BbgBO) durch den TÜV geprüft und für in Ordnung befunden worden.

Der Ingenieur Klaus-Jürgen Thum, der im Jahr 2014 mehrere Monate auf der BER-Baustelle tätig war, widerspricht dieser Darstellung. Die ganze der Entrauchungsanlage zugrundeliegende Planung sei fehlerhaft gewesen und offenbar unter extremem Kosten- und/oder Zeitdruck entstanden. Gesetzmäßigkeiten der Strömungslehre hätten anscheinend keine Rolle gespielt, die Planer offenbar keine Fach- und Sachkunde besessen.

Jeglicher hydraulischer Abgleich habe in der Anlage gefehlt, die Geometrien der Anlagenteile und die Strömungsgeschwindigkeiten sowie die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen diesen seien nicht berücksichtigt worden.

Die Ausführung der bereits fehlerbehafteten Planung, so der Ingenieur, sei genauso katastrophal erfolgt. Alle Planungsfehler seien in die Ausführung übernommen worden. Eine Werk- und Montageplanung durch die Ausführenden habe es offenbar nicht gegeben. Die ausgeführten Kanalnetze seien in ihrer Form und in der Anhäufung der Einzelwiderstände für die Strömung in Teil-Abschnitten eine Katastrophe.

Thum beschreibt, wie er damals eine ausgewählte Teilstrecke nachgerechnet hat. Er habe dabei Planungs- und Ausführungsfehler gefunden, die "gegen alle Regeln der Technik verstoßen". Die ausgewählten Ventilatoren seien von ihren Leistungsparametern her ungeeignet und könnten eine ordentliche Entrauchung nicht gewährleisten. 

Auch von der Überarbeitung der Entrauchungsanlage ab 2014 hält er wenig. Man habe zu keinem Zeitpunkt versucht, die Fehler zu identifizieren. Stattdessen habe man gesagt, das Monster sei zu groß, mit einer Teilung der Anlage komme alles in Ordnung. Dieses Vorgehen bezeichnet Thum als puren Aktionismus.

Klaus-Jürgen Thum berichtet aus jener Zeit, dass der Chefingenieur von Arcadis, der die Überarbeitung leitete, ihm nahegelegt habe, nicht zu genau nachzurechnen. Ein solcher Ventilator müsse nur einmal im Leben 90 Minuten funktionieren. Thum erinnert sich, wie dieser Chefingenieur eines Tages vom Vortrag eines Wissenschaftlers zum Thema Anlagen-Zeta-Wert völlig überfordert gewesen sei.

Der Chefingenieur habe den Ausführungen des Wissenschaftlers zu den Zeta-Werten nicht folgen können. Diese Werte beschrieben das Verhältnis von totalem Druck zum dynamischen Druck innerhalb einer Anlage und zählten für einen Ingenieur zum Grundwissen. Die Anlagen-Zeta-Zahl sei für die Funktion der gesamten Anlage maßgebend. Er selbst, so Thum, habe eine derartige Inkompetenz in leitender Funktion und Verantwortung nicht fassen können. 

Thum ist der festen Überzeugung, dass auch die überarbeitete Entrauchungsanlage im Ernstfall versagen würde. Konkret weist er auf zwei Teilprobleme hin, die weiterhin bestünden. Die Lüftungszentrale zur Entrauchung der Haupthalle sei auf der Ventilatoren-Saugseite so ungünstig gestaltet, dass die Ventilatoren im Ernstfall durch Luftverwirbelungen nach wenigen Minuten beginnen würden "zu hopsen" und dabei zerstört werden könnten.

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Ein weiteres völlig übersehenes Problem sei die Fassade. Die vom Architekten Meinhard von Gerkan für die Fassade vorgesehene Membranbespannung, faktisch eine sehr feines Streckmetallgitter, verdeckt an mehreren Stellen die dahinter liegenden Wetterschutzgitter der Luftansaugkanäle (wie ja beim ursprünglichen Flughafenentwurf grundsätzlich ästhetische Form immer Vorrang vor der Funktion hatte).

An dieser feinen Membran, so Thum, entstünden Strömungsverhältnisse, die eine Vereisung sogar bei Plustemperaturen begünstigten. Eine solche Vereisung könne das Ansaugen von Luft unterbrechen und die Zerstörung des Luftkanals zur Folge haben. Auch dieser Konstruktionsfehler könne im Ernstfall tödliche Konsequenzen haben.

Für die Flughafengesellschaft stellt die Entrauchung nach eigener Dargestellung kein Problem mehr dar. Auch ein Ingenieur, der nach 2015 mit der Entrauchungsanlage befasst war, erklärte gegenüber RT Deutsch, dass die Entrauchung jetzt funktioniere. Er habe den von Thum durchgerechneten Abschnitt selbst überprüft. Die Werte von 2014 seien nicht mehr aktuell.

Nun ist es möglicherweise nicht die Entrauchung, sondern wohl mindestens die fehlerhafte und sicherheitsgefährdende Kabelverlegung, die mit einiger Sicherheit für eine erneute Verschiebung des geplanten Eröffnungstermins des BER sorgen wird. Ingenieur Thum ist sich dennoch sicher, dass auch die Entrauchung des BER in ihrem jetzigen Zustand tödliche Risiken birgt. Den Funktionsprüfungen durch den TÜV bringt er nicht viel Vertrauen entgegen: "Die gucken, ob sich die Rotoren drehen, viel mehr passiert da nicht."

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