Deutschland

Baukindergeld sorgt kaum für Wohnungsneubau

Das im vergangenen Jahr eingeführte Baukindergeld sollte Familien den Erweg von Wohneigentum erleichtern – und durch die Förderung des Wohnungsbaus für Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen. Dieses Ziel scheint das die Fördermassnahme zu verfehlen.
Baukindergeld sorgt kaum für Wohnungsneubau© Twitter / dpa

Seit Einführung des sogenannten Baukindergelds 2018 haben Familien diese Leistung vor allem für den Kauf bereits bestehender Häuser und Wohnungen beantragt. Nur eine Minderheit der Anträge betrifft Neubauvorhaben. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der Linken-Abgeordneten Caren Lay hervor, die der dpa vorliegt.

Demnach wurde bis Ende November nur etwa jeder achte der eingegangenen Anträge für ein Neubauvorhaben gestellt. 87,7 Prozent der Anträge betrafen den Erwerb von Bestandsimmobilien.

Lay kritisierte die Bundesregierung. Das Baukindergeld verfehle klar seinen Zweck, statt den Neubau von Wohnungen anzukurbeln, subventioniere es den Kauf bestehender Häuser. Gefördert werde damit vor allem die Mittelschicht auf dem Land. Für Entspannung auf dem städtischen Wohnungsmarkt für Geringverdiener sorge es dagegen nicht.

Das Baukindergeld soll Familien in Zeiten steigender Bau- und Immobilienpreise beim Erwerb von Eigentum helfen. Für den Bau eines Hauses oder den Kauf einer Immobilie winkt ein staatlicher Zuschuss von 1200 Euro je Kind und Jahr, gezahlt über zehn Jahre: also 12.000 Euro pro Kind.

Die Nachfrage ist groß: Bis Jahresende wurden bereits 56.435 Anträge von Familien bewilligt. Die meisten kamen aus den bevölkerungsreichen Flächenländern Nordrhein-Westfalen (12.606), Baden-Württemberg (7.562), Niedersachsen (7.099) und Bayern (6.941). Aus den Stadtstaaten Berlin (861), Hamburg (589) und Bremen (492) dagegen gingen nur wenige Anträge ein. Gerade hier aber sei eine Entlastung auf dem Wohnungsmarkt dringend nötig, so Lay.

Die FDP bezeichnete das Baukindergeld erneut als fehlgeleitete Subvention. Der bau- und wohnungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Daniel Föst, kritisierte, es führe nur zu Mitnahmeeffekten, neuer, dringend benötigter Wohnraum entstehe kaum. Nötig sei stattdessen eine konkrete Entlastung zu Beginn der Finanzierung, etwa mit einem Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer.

Die Bundesregierung verteidigte das Baukindergeld gegen die Kritik der Opposition. Ziel der Leistung sei die Stärkung der Wohneigentumsbildung bei jungen Familien, sagte ein Sprecher des Innen- und Bauministeriums. Geografische Beschränkungen gebe es nicht, es handele sich nicht um ein Instrument zur Bekämpfung der Wohnraumknappheit in Ballungsräumen. Die Regierung erwarte zudem steigende Antragszahlen bei Neubauten. Denn beantragen könne man in dem Fall die Leistung erst, wenn man eingezogen sei.

Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz verteidigte das Baukindergeld gegen Kritik. Dieses sei ausdrücklich nicht als reine Neubauförderung angelegt gewesen, sondern zur Förderung des Kaufs von bestehenden Immobilien. Der Anteil der Neubauten betreffenden Anträge werde noch steigen.

Verantwortlich für die hohe Antragszahl zum Start ist vor allem die Tatsache, dass der Zuschuss zu Beginn auch rückwirkend beantragt werden konnte – nämlich von allen Eltern oder Alleinerziehenden, die seit 1. Januar 2018 eine Baugenehmigung erteilt bekommen oder einen Kaufvertrag unterschrieben haben. Das Baukindergeld läuft über drei Jahre.

Gewährt wird das Baukindergeld für Familien und Alleinerziehende bis zu einer Grenze von 90.000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen im Jahr bei einem Kind. Bei größeren Familien darf die Grenze pro Kind 15 000 Euro höher liegen. Man muss mit den Kindern in dem Haus oder der Wohnung auch selbst wohnen – und es kann nur einmal beantragt werden. Das Baukindergeld verursacht hohe Kosten. Das jährliche Fördervolumen beträgt etwa drei Milliarden Euro.

Scharfe Kritik am Baukindergeld kam im November 2018 von der OECD. Die Fördermaßnahme werde einen "schon boomenden Wohnimmobilienmarkt weiter anheizen". Ärmeren Familien würde der Zugang zum Wohnungsmarkt auf dieser Weise erschwert. Die OECD empfahl der Bundesregierung stattdessen Investitionen in Bildung und Infrastruktur.

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(rt deutsch/dpa) 

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