Deutschland

Ja-Wort unter Zwang: Mindestens 6.000 Zwangsehen in Berlin pro Jahr

Tausende Zwangsehen in Berlin: Faste jede neunte davon wird im Ausland geschlossen. Die Betroffenen wissen oft nicht, wo sie Hilfe erhalten. Besonders in den Schulferien werden Kinder im Rahmen einer Urlaubsreise zwangsverheiratet.
Ja-Wort unter Zwang: Mindestens 6.000 Zwangsehen in Berlin pro Jahr Quelle: Reuters © Andres Martinez Casares

Im vergangenen Jahr wurde im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vor Hochzeiten von Kindern in den Ferien gewarnt. Am stärksten betroffen sind demnach die 16 bis 21-Jährigen. Seit dem Jahr 2001 gibt es in Berlin einen Arbeitskreis gegen Zwangsehen. 93 Prozent der Betroffenen sind weiblich, nur 7 Prozent männlich. Die Mehrheit, 83 Prozent, hat einen muslimischen Hintergrund.

Laut der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen (heute: Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung) waren es 2013 noch 460 Fälle, im vergangenen Jahr stieg die Zahl auf 570 Fälle. Diese Zahl schließt auch geplante Zwangsheiraten mit ein. Die Mehrheit der Zwangsehen, 87 Prozent, werden im Ausland geschlossen. Wie hoch die tatsächliche Zahl unfreiwilliger Ehen ist, ist nicht bekannt. Die anonyme Kriseneinrichtung Papaya geht von 6.000 Fällen pro Jahr aus. Die Leiterin der Einrichtung, Eva Kaiser, äußerte sich gegenüber der BZ

Die Dunkelziffer liegt mindestens beim Zehnfachen der Zahl, der Graubereich ist also maximal etwas aufgehellt. Demnach wurden im Vorjahr sogar 6.000 Mädchen und junge Frauen gegen ihren Willen verheiratet oder dazu genötigt – mehr als 15 am Tag. 

Mehr zum Thema - Gesetz gegen Kinderehen in Deutschland: Keine Trauung mehr unter 18

Die Broschüre des Berliner Arbeitskreises gegen Zwangsehen weist darauf hin: 

Nach Ansicht des Arbeitskreises kann das Phänomen Zwangsverheiratung auch nicht einer bestimmten Religion als typisch zugeordnet werden. Zwangsverheiratung hat ihre Ursache vielmehr in Traditionen und Bräuchen, die eng mit dem Begriff der Ehre verknüpft und insbesondere in patriarchalischen Gesellschaften lebendig sind. 

Arrangiert nicht gleichbedeutend mit unfreiwillig

Unterschieden wird zwischen arrangierten und unfreiwilligen Ehen: 

Zwangsverheiratung liegt dann vor, wenn die Betroffene sich zur Ehe gezwungen fühlt und entweder mit ihrer Weigerung kein Gehör findet oder es nicht wagt, sich zu widersetzen, weil Eltern, Familie, Verlobte und Schwiegereltern (...) versuchen, Druck auf sie auszuüben. 

Der Druck beinhaltet oft auch physische oder psychische Gewalt. 

Einem Ausbruch aus der unfreiwilligen Ehe stehen die Ängste der Betroffenen vor Rache entgegen. Oftmals sind auch die eigene schlechte wirtschaftliche Lage und "ein unsicherer Aufenthaltsstatus, fehlende Sprachkenntnisse, Unkenntnis geltenden Rechts" Gründe, weshalb keine Hilfe gesucht wird. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte von Friedrichshain-Kreuzberg, Petra Koch-Knöbel, warnt davor, zu schnell auf ein Problem zu schließen, welches nur Menschen mit Migrationshintergrund betrifft. Hilfe in Berlin bieten Hotlines rund um die Uhr sowie Frauenhäuser und Zufluchtswohnungen. 

Seit dem Jahr 2011 gilt das "Gesetz zur Bekämpfung der Zwangsheirat und zum besseren Schutz der Opfer von Zwangsheirat sowie zur Änderung weiterer Aufenthalts- und asylrechtlicher Vorschriften". Die Strafe liegt zwischen sechs Monaten und fünf Jahren Freiheitsentzug. 

Mehr zum Thema - USA: Über 200.000 Ehen von Minderjährigen in den letzten 15 Jahren

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.