Deutschland

Berlins zwiespältiger Einsatz im Jemen: Millionen für humanitäre Hilfe, aber Waffen an Kriegsallianz

Deutschland rühmt sich mit "einer restriktiven und verantwortungsvollen Rüstungsexportpolitik" und gehört zu den größten humanitären Helfern im Jemen. Gleichzeitig war Saudi-Arabien zweitbester Rüstungskunde, das die katastrophale Lage erst entstehen ließ.
Berlins zwiespältiger Einsatz im Jemen: Millionen für humanitäre Hilfe, aber Waffen an KriegsallianzQuelle: Reuters © Khaled Abdullah / Reuters

Die grausame Tötung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hat nun dazu geführt, dass die Bundesregierung alle Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien komplett stoppt. Wie es am Montag aus dem Wirtschaftsministerium hieß, werden auch keine Waffen oder andere Rüstungsgüter mehr nach Riad ausgeliefert, deren Export bereits genehmigt wurde. Wie lange der nun verhängte Export-Stopp gelten wird, ist unklar. In den letzten Jahren hatte Berlin Rüstungsausfuhren in Milliardenhöhe nach Saudi-Arabien gebilligt. Riads Beteiligung an dem verheerenden Krieg im Jemen war dabei kein Hindernis.

Stattdessen stellte die Bundesregierung hunderte Millionen für die humanitäre Hilfe für den Jemen bereit. Seit Beginn des Jahres 2017 waren es 265 Millionen Euro, womit Deutschland einer der größten direkten Geber humanitärer Hilfe ist.

Das ergab die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Parlamentarischen Geschäftsführers der Fraktion Die Linke im Bundestag, Jan Korte. Dieser wollte jedoch auch wissen, ob Berlin eine besondere Verantwortung dafür erkenne, die Hungersnot zu beenden, die auch durch deutsche Waffenexporte in Milliardenhöhe entstanden sei.

Hinsichtlich der Waffenexporte antwortete Staatssekretär Andreas Michaelis, dass Deutschland eine "restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik" betreibe. Zum Beleg nennt er das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Außenwirtschaftsgesetz sowie die Außenwirtschaftsverordnung und weitere Grundsätze.

Trotz all dieser wohlklingenden Gesetze und Vorgaben hat Deutschland laut Korte allein im Jahr 2017 Waffenexporte im Wert von mehr als 1,3 Milliarden Euro an die Kriegsallianz im Jemen-Krieg genehmigt.

Hinsichtlich der Exportpolitik und der von der Bundesregierung genannten "Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland" verweist der Politiker auf die Lage der Menschen in Saudi-Arabien:

Wie die Bundesregierung Menschenrechte bei Rüstungsdeals 'hervorhebt', erkennt man an der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien, wo Haft ohne Anklage, Auspeitschen, das Amputieren von Körperteilen oder öffentliche Hinrichtungen zum staatlichen Repertoire gehören und in den letzten zehn Jahren kein Hinderungsgrund für Waffenlieferungen von über 3,3 Milliarden waren.

Bewilligung von Rüstungsgütern trotz neuen Koalitionsvertrags 

Trotz der Beteiligung Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg hat die neue Bundesregierung seit ihrer Vereidigung im März Rüstungsexporte für 254 Millionen Euro an das Königreich genehmigt. Dies hatte zu Kritik von verschiedenen Seiten geführt, auch aus der SPD, da diese im Koalitionsvertrag mit der Union einen Exportstopp für alle Länder durchgesetzt hat, die "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligt sind.

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Regierungssprecher Steffen Seibert sagte dazu:

Der Koalitionsvertrag hat weiterhin Bestand.

Was das genau bedeutet und welche Länder aus ihrer Sicht "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligt sind, wollte die Regierung aber weiterhin nicht sagen. 

Dabei hat die Bundesregierung Waffenexporte an insgesamt drei arabische Länder genehmigt, die am Jemen-Krieg beteiligt sind, neben Saudi-Arabien auch Jordanien, das 385 tragbare Panzerabwehrwaffen erhielt und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), an die 48 Gefechtsköpfe sowie 91 Zielsuchköpfe für Flugabwehrsysteme auf Kriegsschiffen geliefert werden dürfen.

Nach eigenen Aussagen auf einer Bundespressekonferenz setzt sich die Bundesregierung gemeinsam "mit den britischen und US-amerikanischen Verbündeten" für Frieden im Jemen ein. Bis zur vergangenen Woche und dem durch den mittlerweile kaum noch zu verschleiernden, grausamen Mord am saudischen Journalisten Khashoggi entstandenen Druck hatten ebendiese Verbündeten jedoch nicht die geringsten ethischen Vorbehalte, die tödlichen Luftangriffe der von Saudi-Arabien geführten Koalition, bei denen laufend jemenitische Zivilisten ums Leben kommen, durch die Luftbetankung überhaupt erst zu ermöglichen.

Die USA wickelten etwa 80 Prozent der für die Kriegsalllianz unentbehrlichen Luftbetankung ab. Künftig wollen die US-amerikanischen Verbündeten Deutschlands "legitime jemenitische Streitkräfte" aufbauen, "um das jemenitische Volk zu verteidigen, die Grenzen des Landes zu sichern". Da sich die Politik der USA in der Region eindeutig gegen den Iran richtet, ist jedoch fraglich, wie sehr mit dieser Politik Frieden statt Geostrategie verfolgt wird.

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